Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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das we­sent­lichs­te Glücks-Ele­ment der Mu­sik für je­den ist, der nicht rein als Ar­tist sich an die­ser Kunst zu freu­en ver­mag.

      Als Freun­de der Mu­sik. – Zu­letzt sind und blei­ben wir der Mu­sik gut, wie wir dem Mond­licht gut blei­ben. Bei­de wol­len ja nicht die Son­ne ver­drän­gen, – sie wol­len nur, so gut sie es kön­nen, un­se­re Näch­te er­hel­len. Aber nicht wahr? scher­zen und la­chen dür­fen wir trotz­dem über sie? Ein we­nig we­nigs­tens? Und von Zeit zu Zeit! Über den Mann im Mon­de! Über das Weib in der Mu­sik!

      Die Kunst in der Zeit der Ar­beit. – Wir ha­ben das Ge­wis­sen ei­nes ar­beit­sa­men Zeit­al­ters: dies er­laubt uns nicht, die bes­ten Stun­den und Vor­mit­tage der Kunst zu ge­ben, und wenn die­se Kunst sel­ber die größ­te und wür­digs­te wäre. Sie gilt uns als Sa­che der Muße, der Er­ho­lung: wir wei­hen ihr die Res­te un­se­rer Zeit, un­se­rer Kräf­te. – Dies ist die all­ge­meins­te Tat­sa­che, durch wel­che die Stel­lung der Kunst zum Le­ben ver­än­dert ist: sie hat, wenn sie ihre großen Zeit- und Kraft-An­sprü­che an die Kunst-Empfan­gen­den macht, das Ge­wis­sen der Ar­beit­sa­men und Tüch­ti­gen ge­gen sich, sie ist auf die Ge­wis­sen­lo­sen und Läs­si­gen an­ge­wie­sen, wel­che aber, ih­rer Na­tur nach, ge­ra­de der großen Kunst nicht zu­ge­tan sind und ihre An­sprü­che als An­ma­ßun­gen emp­fin­den. Es dürf­te des­halb mit ihr zu Ende sein, weil ihr die Luft und der freie Atem fehlt: oder – die große Kunst ver­sucht, in ei­ner Art Ver­grö­be­rung und Ver­klei­dung, in je­ner an­de­ren Luft hei­misch zu wer­den (min­des­tens es in ihr aus­zu­hal­ten), die ei­gent­lich nur für die klei­ne Kunst, für die Kunst der Er­ho­lung, der er­götz­li­chen Zer­streu­ung das na­tür­li­che Ele­ment ist. Dies ge­schieht jetzt al­ler­wärts; auch die Künst­ler der großen Kunst ver­spre­chen Er­ho­lung und Zer­streu­ung, auch sie wen­den sich an den Er­mü­de­ten, auch sie bit­ten ihn um die Abend­stun­den sei­nes Ar­beits­ta­ges, – ganz wie die un­ter­hal­ten­den Künst­ler, wel­che zu­frie­den sind, ge­gen den schwe­ren Ernst der Stir­nen, das Ver­sun­ke­ne der Au­gen einen Sieg er­run­gen zu ha­ben. Wel­ches ist nun der Kunst­griff ih­rer grö­ße­ren Ge­nos­sen? Die­se ha­ben in ih­ren Büch­sen die ge­walt­sams­ten Er­re­gungs­mit­tel, bei de­nen selbst der Halb­to­te noch zu­sam­men­schre­cken muß; sie ha­ben Be­täu­bun­gen, Berau­schun­gen, Er­schüt­te­run­gen, Trä­nen­krämp­fe: mit die­sen über­wäl­ti­gen sie den Er­mü­de­ten und brin­gen ihn in eine über­näch­ti­ge Über­le­ben­dig­keit, in ein Au­ßer-sich-sein des Ent­zückens und des Schre­ckens. Dürf­te man, we­gen der Ge­fähr­lich­keit ih­rer Mit­tel, der großen Kunst, wie sie jetzt, als Oper, Tra­gö­die und Mu­sik, lebt, – dürf­te man ihr als ei­ner arg­lis­ti­gen Sün­de­rin zür­nen? Ge­wiß nicht, sie leb­te ja sel­ber hun­dert­mal lie­ber in dem rei­nen Ele­ment der mor­gend­li­chen Stil­le und wen­de­te sich an die er­war­ten­den, un­ver­brauch­ten, kraft­ge­füll­ten Mor­gen-See­len der Zuschau­er und Zu­hö­rer. Dan­ken wir ihr, daß sie es vor­zieht, so zu le­ben, als da­von­zu­flie­hen: aber ge­ste­hen wir uns auch ein, daß für ein Zeit­al­ter, wel­ches ein­mal wie­der freie, vol­le Fest- und Freu­den­ta­ge in das Le­ben ein­führt, un­se­re große Kunst un­brauch­bar sein wird.

      Die An­ge­stell­ten der Wis­sen­schaft und die an­de­ren. – Die ei­gent­lich tüch­ti­gen und er­folg­rei­chen Ge­lehr­ten könn­te man ins­ge­samt als "An­ge­stell­te" be­zeich­nen. Wenn, in jun­gen Jah­ren, ihr Scharf­sinn hin­rei­chend ge­übt, ihr Ge­dächt­nis ge­füllt ist, wenn Hand und Auge Si­cher­heit ge­won­nen ha­ben, so wer­den sie von ei­nem äl­te­ren Ge­lehr­ten auf eine Stel­le der Wis­sen­schaft an­ge­wie­sen, wo ihre Ei­gen­schaf­ten Nut­zen brin­gen kön­nen: spä­ter­hin, nach­dem sie sel­ber den Blick für die lücken­haf­ten und schad­haf­ten Stel­len ih­rer Wis­sen­schaft er­langt ha­ben, stel­len sie sich von sel­ber dort­hin, wo sie not tun. Die­se Na­tu­ren al­le­samt sind um der Wis­sen­schaft wil­len da: aber es gibt selt­ne­re, sel­ten ge­lin­gen­de und völ­lig aus­rei­fen­de Na­tu­ren, "um de­rent­wil­len die Wis­sen­schaft da ist" – we­nigs­tens scheint es ih­nen sel­ber so –: oft un­an­ge­neh­me, oft ein­ge­bil­de­te, oft quer­köp­fi­ge, fast im­mer aber bis zu ei­nem Gra­de zau­ber­haf­te Men­schen. Sie sind nicht An­ge­stell­te und auch nicht An­stel­ler, sie be­die­nen sich des­sen, was von je­nen er­ar­bei­tet und si­cher­ge­stellt wor­den ist, in ei­ner ge­wis­sen fürs­ten­haf­ten Ge­las­sen­heit und mit ge­rin­gem und sel­te­nem Lobe: gleich­sam als ob jene ei­ner nied­ri­ge­ren Gat­tung von We­sen an­ge­hör­ten. Und doch ha­ben sie eben nur die glei­chen Ei­gen­schaf­ten, wo­durch die­se an­de­ren sich aus­zeich­nen, und die­se mit­un­ter so­gar un­ge­nü­gen­der ent­wi­ckelt: oben­drein ist ih­nen eine Be­schränkt­heit ei­gen­tüm­lich, die je­nen fehlt, um de­rent­we­gen es un­mög­lich ist, sie an einen Pos­ten zu stel­len und in ih­nen nütz­li­che Werk­zeu­ge zu se­hen, – sie kön­nen nur in ih­rer ei­ge­nen Luft, auf ei­ge­nem Bo­den le­ben. Die­se Be­schränkt­heit gibt ih­nen ein, was al­les von ei­ner Wis­sen­schaft "zu ih­nen ge­hö­re", das heißt, was sie in ihre Luft und Woh­nung heim­tra­gen kön­nen; sie wäh­nen im­mer ihr zer­streu­tes "Ei­gen­tum" zu sam­meln. Ver­hin­dert man sie, an ih­rem ei­ge­nen Nes­te zu bau­en, so ge­hen sie wie ob­dach­lo­se Vö­gel zu­grun­de; Un­frei­heit ist für sie Schwind­sucht. Pfle­gen sie ein­zel­ne Ge­gen­den der Wis­sen­schaft in der Art je­ner an­de­ren, so sind es doch im­mer nur sol­che, wo ge­ra­de die ih­nen nö­ti­gen Früch­te und Sa­men ge­dei­hen; was geht es sie an, ob die Wis­sen­schaft, im gan­zen ge­se­hen, un­an­ge­bau­te oder schlecht ge­pfleg­te Ge­gen­den hat? Es fehlt ih­nen jede un­per­sön­li­che Teil­nah­me an ei­nem Pro­blem der Er­kennt­nis; wie sie sel­ber durch und durch Per­son sind, so wach­sen auch alle ihre Ein­sich­ten und Kennt­nis­se wie­der zu ei­ner Per­son zu­sam­men, zu ei­nem le­ben­di­gen Viel­fa­chen, des­sen ein­zel­ne Tei­le von­ein­an­der ab­hän­gen, in­ein­an­der grei­fen, ge­mein­sam er­nährt wer­den, das als Gan­zes eine eig­ne Luft und einen eig­nen Ge­ruch hat. – Sol­che Na­tu­ren brin­gen, mit die­sen ih­ren per­so­nen­haf­ten Er­kennt­nis-Ge­bil­den, jene Täu­schung her­vor, daß eine Wis­sen­schaft (oder gar die gan­ze Phi­lo­so­phie) fer­tig sei und am Zie­le ste­he; das Le­ben in ih­rem Ge­bil­de übt die­sen Zau­ber aus: als wel­cher zu­zei­ten sehr ver­häng­nis­voll für die Wis­sen­schaft und ir­re­füh­rend für jene vor­hin be­schrie­be­nen, ei­gent­lich tüch­ti­gen Ar­bei­ter des Geis­tes ge­we­sen ist, zu an­dern Zei­ten wie­der­um, als die Dür­re und die Er­mat­tung herrsch­ten, wie ein Lab­sal und gleich dem An­hau­che ei­ner küh­len, er­quick­li­chen Rast­stät­te ge­wirkt hat. – Ge­wöhn­lich nennt man sol­che Men­schen Phi­lo­so­phen.

      A­ner­ken­nung des Tal­ents. – Als ich durch das Dorf S. ging, fing ein Kna­be aus Lei­bes­kräf­ten an, mit der Peit­sche zu knal­len, – er hat­te es schon weit in die­ser Kunst ge­bracht und wuß­te es. Ich warf ihm einen Blick der Aner­ken­nung zu, – im Grun­de tat mir’s bit­ter wehe. – So ma­chen wir es bei der Aner­ken­nung vie­ler Ta­len­te. Wir tun ih­nen wohl, wenn sie uns wehe tun.

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