Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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– son­dern ich schrie, wie noch Nie­mand ge­schri­en hat:

      »Ach dass sein Bö­ses­tes so gar klein ist! Ach dass sein Bes­tes so gar klein ist!«

      Der gros­se Über­druss am Men­schen – der würg­te mich und war mir in den Sch­lund ge­kro­chen: und was der Wahr­sa­ger wahr­sag­te: »Al­les ist gleich, es lohnt sich Nichts, Wis­sen würgt.«

      Eine lan­ge Däm­me­rung hin­k­te vor mir her, eine to­des­mü­de, to­destrun­ke­ne Trau­rig­keit, wel­che mit gäh­nen­dem Mun­de re­de­te.

      »Ewig kehrt er wie­der, der Mensch, dess du müde bist, der klei­ne Mensch« – so gähn­te mei­ne Trau­rig­keit und schlepp­te den Fuss und konn­te nicht ein­schla­fen.

      Zur Höh­le wan­del­te sich mir die Men­schen-Erde, ihre Brust sank hin­ein, al­les Le­ben­di­ge ward mir Men­schen-Mo­der und Kno­chen und mor­sche Ver­gan­gen­heit.

      Mein Seuf­zen sass auf al­len Men­schen-Grä­bern und konn­te nicht mehr auf­stehn; mein Seuf­zen und Fra­gen unk­te und würg­te und nag­te und klag­te bei Tag und Nacht:

      – »ach, der Mensch kehrt ewig wie­der! Der klei­ne Mensch kehrt ewig wie­der!« –

      Nackt hat­te ich einst Bei­de ge­sehn, den gröss­ten Men­schen und den kleins­ten Men­schen: all­zu­ähn­lich ein­an­der, – all­zu­mensch­lich auch den Gröss­ten noch!

      All­zu­klein der Gröss­te! – Das war mein Über­druss am Men­schen! Und ewi­ge Wie­der­kunft auch des Kleins­ten! – Das war mein Über­druss an al­lem Da­sein!

      Ach, Ekel! Ekel! Ekel! – – Also sprach Za­ra­thustra und seufz­te und schau­der­te; denn er er­in­ner­te sich sei­ner Krank­heit. Da lies­sen ihn aber sei­ne Thie­re nicht wei­ter re­den.

      »Sprich nicht wei­ter, du Ge­ne­sen­der! – so ant­wor­te­ten ihm sei­ne Thie­re, son­dern geh hin­aus, wo die Welt auf dich war­tet gleich ei­nem Gar­ten.

      Geh hin­aus zu den Ro­sen und Bie­nen und Tau­ben­schwär­men! Son­der­lich aber zu den Sin­ge-Vö­geln: dass du ih­nen das Sin­gen ablernst!

      Sin­gen näm­lich ist für Ge­ne­sen­de; der Ge­sun­de mag re­den. Und wenn auch der Ge­sun­de Lie­der will, will er and­re Lie­der doch als der Ge­ne­sen­de.«

      – »Oh ihr Schalks-Nar­ren und Drehor­geln, so schweigt doch! – ant­wor­te­te Za­ra­thustra und lä­chel­te über sei­ne Thie­re. Wie gut ihr wisst, wel­chen Trost ich mir sel­ber in sie­ben Ta­gen er­fand!

      Dass ich wie­der sin­gen müs­se, – den Trost er­fand ich mir und die­se Ge­ne­sung: wollt ihr auch dar­aus gleich wie­der ein Lei­er-Lied ma­chen?«

      – »Sprich nicht wei­ter, ant­wor­te­ten ihm aber­mals sei­ne Thie­re; lie­ber noch, du Ge­ne­sen­der, ma­che dir erst eine Lei­er zu­recht, eine neue Lei­er!

      Denn sie­he doch, oh Za­ra­thustra! Zu dei­nen neu­en Lie­dern be­darf es neu­er Lei­ern.

      Sin­ge und brau­se über, oh Za­ra­thustra, hei­le mit neu­en Lie­dern dei­ne See­le: dass du dein gros­ses Schick­sal tra­gest, das noch kei­nes Men­schen Schick­sal war!

      Denn dei­ne Thie­re wis­sen es wohl, oh Za­ra­thustra, wer du bist und wer­den musst: sie­he, du bist der Leh­rer der ewi­gen Wie­der­kunft –, das ist nun dein Schick­sal!

      Dass du als der Ers­te die­se Leh­re leh­ren musst, – wie soll­te diess gros­se Schick­sal nicht auch dei­ne gröss­te Ge­fahr und Krank­heit sein!

      Sie­he, wir wis­sen, was du lehrst: dass alle Din­ge ewig wie­der­keh­ren und wir sel­ber mit, und dass wir schon ewi­ge Male da­ge­we­sen sind, und alle Din­ge mit uns.

      Du lehrst, dass es ein gros­ses Jahr des Wer­dens giebt, ein Un­ge­heu­er von gros­sem Jah­re: das muss sich, ei­ner Sand­uhr gleich, im­mer wie­der von Neu­em um­drehn, da­mit es von Neu­em ab­lau­fe und aus­lau­fe: –

      – so dass alle die­se Jah­re sich sel­ber gleich sind, im Gröss­ten und auch im Kleins­ten, – so dass wir sel­ber in je­dem gros­sen Jah­re uns sel­ber gleich sind, im Gröss­ten und auch im Kleins­ten.

      Und wenn du jetzt ster­ben woll­test, oh Za­ra­thustra: sie­he, wir wis­sen auch, wie du da zu dir spre­chen wür­dest: – aber dei­ne Thie­re bit­ten dich, dass du noch nicht ster­best!

      Du wür­dest spre­chen und ohne Zit­tern, viel­mehr auf­ath­mend vor Se­lig­keit: denn eine gros­se Schwe­re und Schwü­le wäre von dir ge­nom­men, du Ge­dul­digs­ter! –

      »Nun st­er­be und schwin­de ich, wür­dest du spre­chen, und im Nu bin ich ein Nichts. Die See­len sind so sterb­lich wie die Lei­ber.

      Aber der Kno­ten von Ur­sa­chen kehrt wie­der, in den ich ver­schlun­gen bin, – der wird mich wie­der schaf­fen! Ich sel­ber ge­hö­re zu den Ur­sa­chen der ewi­gen Wie­der­kunft.

      Ich kom­me wie­der, mit die­ser Son­ne, mit die­ser Erde, mit die­sem Ad­ler, mit die­ser Schlan­ge – nicht zu ei­nem neu­en Le­ben oder bes­se­ren Le­ben oder ähn­li­chen Le­ben:

      – ich kom­me ewig wie­der zu die­sem glei­chen und sel­bi­gen Le­ben, im Gröss­ten und auch im Kleins­ten, dass ich wie­der al­ler Din­ge ewi­ge Wie­der­kunft leh­re, –

      – dass ich wie­der das Wort spre­che vom gros­sen Er­den- und Men­schen-Mit­ta­ge, dass -ich wie­der den Men­schen den Über­menschen kün­de.

      Ich sprach mein Wort, ich zer­bre­che an mei­nem Wort: so will es mein ewi­ges Loos –, als Ver­kün­di­ger gehe ich zu Grun­de!

      Die Stun­de kam nun, dass der Un­ter­ge­hen­de sich sel­ber seg­net. Also- en­det Za­ra­thustra’s Un­ter­gang.« – –

      Als die Thie­re die­se Wor­te ge­spro­chen hat­ten, schwie­gen sie und war­te­ten, dass Za­ra­thustra Et­was zu ih­nen sa­gen wer­de: aber Za­ra­thustra hör­te nicht, dass sie schwie­gen. Viel­mehr lag er still, mit ge­schlos­se­nen Au­gen, ei­nem Schla­fen­den ähn­lich, ob er schon nicht schlief: denn er un­ter­re­de­te sich eben mit sei­ner See­le. Die Schlan­ge aber und der Ad­ler, als sie ihn sol­cher­maas­sen schweig­sam fan­den, ehr­ten die gros­se Stil­le um ihn und mach­ten sich be­hut­sam da­von.

      Von der grossen Sehnsucht

      Oh mei­ne See­le, ich lehr­te dich »Heu­te« sa­gen wie »Einst« und »Ehe­mals« und über al­les Hier und Da und Dort dei­nen Rei­gen hin­weg tan­zen.

      Oh mei­ne See­le, ich er­lös­te dich von al­len Win­keln, ich kehr­te Staub, Spin­nen und Zwie­licht von dir ab.

      Oh mei­ne See­le, ich wusch die klei­ne Scham und die Win­kel-Tu­gend von dir ab und über­re­de­te dich, nackt vor den Au­gen der Son­ne zu stehn.

      Mit dem Stur­me, wel­cher »Geist« heisst, blies ich über dei­ne wo­gen­de See; alle Wol­ken blies ich da­von, ich er­würg­te selbst die Wür­ge­rin, die »Sün­de« heisst.

      Oh mei­ne See­le, ich gab dir das Recht, Nein zu sa­gen wie der Sturm und Ja zu sa­gen wie off­ner Him­mel Ja sagt: still wie Licht stehst du und gehst du nun durch ver­nei­nen­de Stür­me.

      Oh mei­ne See­le, ich gab dir die Frei­heit zu­rück über Er­schaff­nes und Uner­schaff­nes: und wer kennt, wie du sie kennst, die Wol­lust des Zu­künf­ti­gen?


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