Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding

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Die wichtigsten Werke von Oskar Meding - Oskar  Meding


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Versuche, die ich mache, um diesen Mann einzuschüchtern, schlagen fehl, alle Wege, um zu einer Verständigung mit ihm zu kommen, führen zu keinem Ziel, er läßt sich weder aufhalten, noch ablenken, er verlangt absolute Freiheit, die Konstituierung Deutschlands in seinem Sinne zu vollenden, und doch kann ich das nicht Zulassen, wenn ich nicht die Wurzeln meiner Dynastie zerschneiden will, denn Frankreich verlangt von dem napoleonischen Kaisertum die erste Stellung in Europa, und es hat ein Recht dazu,« sagte er, stolz den Kopf erhebend. – »Aber wie? – Wie diese Frage anfassen? Diese luxemburgische Sache war ein Fehler, ich darf sie nicht auf das Äußerste treiben, allein diesen gewaltigen Kampf aufnehmen? – Ja, wenn ich mein Oheim wäre, wenn ich selbst mit dem Degen dieses fatalistisch mich umspinnende Netz zerschneiden könnte! – Und dann,« fuhr er fort, seine Zigarette anzündend und wieder im Zimmer auf und nieder gehend, »ich will nicht mit Preußen kämpfen, ich will mich lieber mit dieser Macht alliieren, ich will den ersten und ursprünglichen Gedanken des großen Kaisers aufnehmen und ausführen, der heute um so mehr richtig ist, als diese Macht vom Strahl des Glückes beleuchtet ist, und das Glück ist ein sonderbarer Faktor in diesem geheimnisvollen Leben,« fügte er sinnend hinzu, »in der Politik wie im Spiel muß man nie gegen das Glück ankämpfen, man muß mit ihm gehen, auch wenn man seine Laune nicht versteht.«

      Er schwieg längere Zeit, in tiefes Nachsinnen verloren.

      Dann erheiterten sich seine Züge ein wenig.

      »Ich muß das Spiel anders mischen,« sagte er, »ich muß mich rüsten für einen möglichen Kampf mit diesem Preußen, durch eine Koalition starker Allianzen, aber ich will mir,« fügte er lächelnd hinzu, »die Hand freihalten, um im letzten Moment, wenn ich die Chancen des Erfolges auf meine Seite gebracht habe, noch einmal die Verständigung, das heißt die gemeinsame Herrschaft in Europa anzubieten. – Es wird ein langer, mühsamer Weg sein, den ich gehen muß, aber sicherer als das Würfelspiel des unvorbereiteten Krieges, zu dem man mich drängen möchte, und der Besuch aller dieser Souveräne, welche die Ausstellung Hieher führen wird,« sagte er mit zufriedenem Lächeln, »wird mir dies Spiel erleichtern.«

      Der diensttuende Kammerdiener trat ein und meldete:

      »Der Herr Graf Walewski.«

      Der Kaiser winkte lebhaft mit der Hand.

      Der Graf Colonna Walewski trat in das Kabinett des Kaisers.

      Die edlen Züge seines Gesichts erinnerten in ihrem Schnitt leicht an Napoleon I., nur waren sie weicher und sanfter, der sinnige, zuweilen träumend und schwärmerisch schimmernde Blick seines großen Auges hatte nichts von dem flammenden Feuer, das aus dem Blick des großen Imperators strahlte, auch der sanft lächelnde Mund zeigte nicht jenen Ausdruck trotziger Energie, den man um die Lippen der Porträts des ersten Kaisers zucken sieht, – seine hohe und elegante, obgleich etwas volle Gestalt drückte in allen Bewegungen Anmut und vornehme Würde aus.

      Der Graf näherte sich ehrfurchtsvoll dem Kaiser.

      »Eure Majestät haben befohlen,« sagte er, sich tief verneigend.

      »Sie lassen sich nicht sehen, mein lieber Vetter,« sagte Napoleon, ihm herzlich die Hand drückend, »darum muß ich Sie bitten, zu mir zu kommen, ich muß Ihnen noch besonders und persönlich ausdrücken, wie tief es mich schmerzt, daß Sie darauf beharrt haben, Ihre Demission als Präsident des Senats zu nehmen –«

      »Sire,« sagte der Graf, »Eure Majestät kennen meine Anschauungen über parlamentarisches Leben, das ich in unserer Zeit für die festeste und sicherste Grundlage der Monarchien halte, ich finde die Ansichten nicht vereinbar mit der Art und Weise, wie Ihre Regierung die parlamentarische Bewegung leitet, ich habe mich also zurückziehen müssen, da ich dem Dienste Eurer Majestät wohl meine Kräfte, meine Arbeit, mein Leben, wenn es sein muß, zu opfern bereit bin, aber nicht meine Überzeugung.«

      »Ich erkenne darin von neuem Ihren edlen und großen Sinn,« sagte der Kaiser, den entschleierten Blick hell und warm auf das schöne Antlitz des Grafen richtend, »und ich bin um so stolzer auf einen Freund, der so denkt und fühlt. On ne peut s'appuyer que sur ce qui résiste,« fügte er freundlich lächelnd hinzu.

      Graf Walewski verneigte sich. »Das können Eure Majestät mit aller Sicherheit,« sagte er. »Sie sind der Richter, Sire, über die Art und Weise, Frankreich zu regieren, und kann ich auf dem Platz, auf welchen Sie mich gestellt hatten, Ihnen nicht mit Überzeugung, also mit Erfolg, dienen, so bleibt doch meine Hingebung an Ihre Dynastie und an Frankreich dieselbe, ich habe nur zu bedauern, daß ich sie nicht in Taten beweisen kann.«

      »Und doch hatte ich gehofft,« sagte Napoleon, indem er sich niederließ und den Grafen einlud, sich neben ihn zu setzen, »daß Sie mir einen großen Dienst nicht abschlagen würden, um den ich Sie bitten wollte.«

      Der Graf sah den Kaiser erstaunt und fragend an.

      »Ich will Sie nicht zu einer Tätigkeit im Innern überreden,« fuhr der Kaiser lächelnd fort, »vielleicht wird eine Zeit kommen, in der wir uns auch in dieser Richtung besser verstehen werden als jetzt, aber in der auswärtigen Politik hoffe ich auf Ihre Unterstützung.«

      »Ich erwarte Eurer Majestät Befehle,« sagte Graf Walewski mit einer leichten Zurückhaltung in der Stimme.

      Napoleon lehnte sich ein wenig nach der Seite des Grafen hin und sprach, indem er die Spitze seines Schnurrbarts leicht durch die Finger gleiten ließ, mit ein wenig gedämpfter Stimme:

      »Es muß etwas ernstes geschehen dieser preußischen Gefahr gegenüber, welche immer drohender in Deutschland heranwächst.«

      Graf Walewski blickte erstaunt auf.

      »Eure Majestät wollen den Krieg, um Luxemburg zu erobern?« fragte er in einem Tone, der bewies, daß er wenig mit einem solchen Entschluß des Kaisers einverstanden sein würde.

      Der Kaiser lächelte.

      »Nein, mein Vetter,« sagte er, »die Partie steht nicht günstig genug und der Preis ist den Einsatz nicht wert, – bei dieser Luxemburger Sache handelt es sich für mich nur noch um einen geordneten und würdigen Rückzug von einem Wege, der vielleicht niemals hätte betreten werden sollen.«

      »Ich muß gestehen, Sire,« sagte der Graf, »daß ich für diese ganze Angelegenheit niemals ein rechtes Verständnis gehabt habe. Dieser deutschen Frage gegenüber, wie sie sich nun einmal gestaltet hat, ist nach meiner Ansicht nur zweierlei möglich: vollständige Passivität oder eine groß angelegte Aktion.«

      »Um unter der verhüllenden Maske der Passivität die umfassendste Aktion vorzubereiten, bedarf ich Ihres Beistandes, mein Vetter,« sagte der Kaiser.

      Graf Walewski richtete sein großes Auge erwartungsvoll auf das Gesicht Napoleons, welcher den Blick senkte, wie um seine Gedanken zu sammeln und den rechten Ausdruck für dieselben zu suchen.

      »Hören Sie mich an,« sagte er dann, »ich bin gesonnen, dieser in gefährlichem Wachstum drohenden preußischen Macht gegenüber das gewaltige Mittel anzuwenden, welches des großen Kaisers Macht erdrückte: die Koalition.«

      »Aber wie?« fragte der Graf.

      »Die Mächte, welche diese große Aufgabe zu erfüllen berufen scheinen,« fuhr der Kaiser langsam und eindringlich sprechend fort, »sind Frankreich, Österreich und Italien –«

      »Italien!« rief der Graf erstaunt, »glauben Eure Majestät –«

      »Italien ist absolut notwendig in diesem Bunde,« sagte der Kaiser, »ein feindliches, mit Preußen verbündetes Italien würde unsere Aktion lähmen, diejenige Österreichs unmöglich machen. – Italien kann – vielleicht – wenig nützen, aber es kann unendlich viel schaden, und eine ernste und aktive Allianz mit Österreich ist unmöglich, wenn ein feindliches oder zweifelhaftes Italien zwischen uns liegt.«

      »Das ist unleugbar,« sagte der Graf, »aber wie glauben Eure Majestät, daß es möglich sein sollte, Österreich und Italien einander zu nähern, auf welcher Grundlage?«

      »Die Sache ist nicht so schwer, wie sie scheinen möchte,«


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