Die wichtigsten Werke von Oskar Meding. Oskar Meding

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Die wichtigsten Werke von Oskar Meding - Oskar  Meding


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bitterem Tone, »an einer neuen Erniedrigung Frankreichs.«

      Der Herzog hörte aufmerksam zu.

      »Rouher und Lavalette?« fragte er, »hat denn Herr Rouher wieder so großen Einfluß, man hörte eine Zeitlang, daß sein Stern im Sinken sei?«

      »Er steht höher am Himmel als je,« rief Herr Escudier, »denn,« fuhr er leiser, den Kopf ein wenig zum Herzog hinüberneigend, fort, »die Kaiserin unterstützt ihn mit allen Kräften.«

      »Die Kaiserin?« rief der Herzog erstaunt, »Ihre Majestät arbeitet für den Frieden?«

      »Mit aller Macht,« sagte Herr Escudier, »niemand weiß sich das zu erklären, Ihre Majestät hat plötzlich einen so großen Abscheu vor dem Schall der Kanonen, eine solche Furcht vor vergossenem Blut –«

      »Ah!« machte der Herzog und senkte nachdenkend den Kopf.

      »Das bouleversiert alle Welt,« sagte Herr Escudier eifrig, »Herr von Laguerronière ist in großer Verlegenheit, es ist eine bedenkliche Sache, die Wege Ihrer Majestät der Kaiserin zu durchkreuzen, wir alle hier, die wir auf eine männliche und mutige Wiedererhebung Frankreichs hoffen und für dieselbe arbeiten, sind vollständig décontenanciert, und wir erwarten,« fügte er sich verneigend hinzu, »kräftigen Beistand von Ihnen, Herr Herzog, und von Österreich.«

      »Österreich?« sagte der Herzog langsam und achselzuckend.

      »Ich habe in meinen Korrespondenzen,« sagte Herr Escudier schnell – »Sie wissen, Herr Herzog, daß ich regelmäßige Korrespondenzen dorthin sende –«

      Der Herzog nickte leicht mit dem Kopf.

      »Ich habe in diesen Korrespondenzen,« fuhr Herr Escudier fort, »auf das lebhafteste die Notwendigkeit betont, schnell und ohne Zögern jede Gelegenheit zu ergreifen, um das unvollendete Weil des vorigen Jahres zu zertrümmern, bevor die Konstituierung Deutschlands unter Preußens Militärherrschaft sich vollzieht und konsolidiert, denn ist dies einmal geschehen, so wird Österreich für immer und ewig aus Deutschland ausgeschlossen sein.«

      »Wird diese Konstituierung aber verhindert, wenn man jetzt eine Kompensation fordert und vielleicht erzwingt?« sagte der Herzog halb für sich.

      »Ist nur einmal der Krieg ausgebrochen,« rief Herr Escudier, »ist einmal diese preußische Macht gebrochen, dann wird es sich nicht mehr um Konpensationen handeln, es kommt nur darauf an, den ersten Schritt zu tun, um aus der Lethargie herauszukommen, in welche wir seit dem vorigen Jahre versunken sind, seit Drouyn de Lhuys nicht mehr Minister ist.«

      »Ist Herr Drouyn de Lhuys in Paris?« fragte der Herzog, »ich will ihn besuchen, wie steht er mit dem Kaiser?«

      »Äußerlich sehr gut,« sagte Herr Escudier, »der Kaiser überhäuft ihn mit Aufmerksamkeiten, und Herr Drouyn de Lhuys ist zu sehr Patriot und vornehmer Herr, um den Unzufriedenen zu spielen, allein im Innern ist er sehr böse – und sieht sehr schwarz.«

      »Er steht also mit dem gegenwärtigen Ministerium auf gutem Fuß?« fragte der Herzog.

      »Vollkommen,« erwiderte Herr Escudier, »die einzige kleine Malice, die er sich erlaubt hat, ist, daß er seinen Empfang in seinem Hotel der Rue de François I. am gleichen Tage mit dem auswärtigen Minister halt –«

      »Und?« fragte der Herzog lächelnd.

      »Und,« sagte Herr Escudier, »alle Welt ist bei Drouyn de Lhuys, selbst die Beamten des auswärtigen Ministeriums, und die Salons am Kai d'Orsay bleiben leer.«

      Der Herzog lachte.

      »Das ist ja eine eigentümliche Situation,« sagte er. – »Sie glauben also, daß der Kaiser im Innern für den Krieg ist und mit dem Gedanken des Herrn Drouyn de Lhuys übereinstimmt?«

      »Ich bin überzeugt,« sagte Herr Escudier, »daß der Kaiser den Krieg will, er hat vielleicht irgendein Hindernis gefunden, man sprach viel von den Mängeln der Armeeorganisation, und daß er die Idee hat, im Moment der Aktion, die er vorbereitet, Herrn Drouyn de Lhuys wieder zur Leitung der Geschäfte zu berufen, aber Seine Majestät täuscht sich darin, denn Drouyn de Lhuys, der im vorigen Jahre um jeden Preis den Krieg machen wollte, will ihn jetzt nicht mehr, er sagt, der rechte Moment ist versäumt – und unwiederbringlich, Sie wissen, Herr Herzog, er ist etwas eigensinnig, ich glaube nicht, daß er jemals sich dazu verstehen wird, eine Aktion zu leiten.«

      »Das alles ist mir sehr interessant Zu hören, mein lieber Herr Escudier,« sagte der Herzog aufstehend, »Sie wissen, man verliert ein wenig den Faden der Situation, wenn man lange im Auslande gelebt hat. Ich hoffe Sie noch öfter zu sehen, machen Sie mein Kompliment an Herrn von Laguerronière, ich werde ihn sehen, wie ich hoffe.«

      Und mit artiger Verbeugung entließ er Herrn Escudier, ihn einige Schritte bis zum Ausgang des Zimmers begleitend.

      »Die Situation ist kompliziert,« sagte der Herzog, nachdenklich vor sich hinblickend, »die Kaiserin, der Kaiser, Moustier, der offizielle Minister mit der reservation mentale Drouyn de Lhuys, das alles erfordert große Vorsicht. – Nun,« sagte er lächelnd und einige Schritte durch das Zimmer gehend, »ich komme vielleicht gerade recht, um jedem gefällig zu sein und die verwickelten Fäden in einer allseitig befriedigenden Weise zu lösen.«

      Ein Geräusch wurde auf dem Vorflur hörbar. Rasch öffnete sich die Tür, und an dem meldenden Kammerdiener vorbei trat eine Dame von ungefähr achtundzwanzig Jahren in den Salon.

      Diese Dame trug einen kleinen, mit Pelz verbrämten Hut mit kurzem Federstutz auf den reichen Flechten ihres ebenholzschwarzen Haares, das scharfgeschnittene Gesicht von frischen und lebhaften Farben mit den roten, etwas starken Lippen würde Intelligenz, Feuer und Leben ausgedrückt haben, auch wenn in demselben nicht so wunderbar eigentümliche Augen geleuchtet hätten, Augen, welche schwer zum zweiten Male in ähnlicher Farbe und ähnlichem Schnitte zu finden sein möchten. Die Pupille dieser merkwürdig großen, von scharfgezeichneten dunklen Brauen überwölbten Augen war vom tiefsten Schwarz, dabei aber leuchtend und schimmernd wie schwarze Edelsteine, das Weiße glänzte in bläulich angehauchtem Perlmutterschimmer und war von einer Klarheit und Reinheit ohnegleichen, diese Augen aber, welche man auf einem Bilde für eine Erfindung des Malers gehalten hätte, blickten nicht sinnend und schmachtend, sie funkelten und blitzten von Geist, Leben und Willenskraft, voll Feuer und flimmernder Bewegung.

      Diese Dame, welche, in einen eleganten, mit Pelz und Schnüren besetzten Mantel gehüllt, in den Salon des Herzogs trat, war Madame Marie Alexandre Dumas, die Tochter des berühmten Romanciers, welche nach einer kurzen, unglücklichen Ehe mit einem Spanier den Namen ihres Vaters wieder angenommen hatte und bei ihm lebte, mit aufopfernder Sorgfalt sein Alter pflegend und seine genialen ökonomischen Unordnungen mit unermüdlichem Eifer wieder in das Geleise häuslichen Komforts und ruhiger, eleganter Behaglichkeit zurückführend.

      »Guten Tag, mein teurer Herzog,« rief sie lebhaft mit wohlklingender, metallischer Stimme, »ich höre, daß Sie angekommen sind, und eile, Sie zu begrüßen – als guter Kamerad, Sie wissen, ich bin ein Mann für meine Freunde, ich beanspruche nicht jene lächerlichen, faden Redensarten, die man den Frauen machen zu müssen glaubt, also ohne Umschweife und Redensarten – seien Sie herzlich willkommen in Paris, unter Ihren Freunden!«

      Und sie ergriff die Hand des Herzogs und schüttelte sie mit ungezwungener Herzlichkeit.

      Der Herzog führte sie mit anmutiger Artigkeit zu einem Kanapee mit vergoldeter Lehne und sagte lächelnd: »Ich würde glücklich sein, wenn alle meine Freunde hier mir ein ebenso freundliches Andenken bewahren und mich ebenso herzlich begrüßen, wie geht es Ihrem Vater? – ich werde ihn besuchen, sobald ich frei bin.«

      »Mein armer Vater wird älter und älter,« sagte Marie Dumas seufzend, indem sich ihr reines, glänzendes Auge mit leichter Wolle trübte, »nicht sein Herz und sein Kopf, die bleiben immer jung, aber er geht selten aus und seine Kräfte vermindern sich, es ist für mich eine schöne Pflicht, den Abend dieses glänzenden und reichen Lebens so friedlich und freundlich als möglich zu gestalten.«

      »Es ist traurig,« sagte der Herzog, »daß die Unsterblichkeit


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