Im Thale des Todes. Karl May

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Im Thale des Todes - Karl May


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      »Master Leflor, habt Ihr Sennor Roulin bereits einmal gesehen?« fragte Walker.

      »Niemals.«

      »So werdet Ihr Euch wundern. Paßt auf!«

      Nach wenigen Augenblicken trat Roulin und Bill herein. Es geschah, wie Walker gesagt hatte. Leflor sprang entsetzt von seinem Stuhle auf, streckte die Hände abwehrend aus und rief:

      »Herrgott! Stehen die Todten auf? Arthur Wilkins, Du bist es, Du!«

      »Habe nicht die Ehre!« lächelte Roulin, indem er sich ironisch verbeugte.

      »Nicht? Du mußt mich doch noch kennen!«

      »Habe den Sennor noch nie gekannt.«

      »Wäre das möglich?«

      »Gewiß!«

      »Dann giebt es hier eine Aehnlichkeit, welche ganz beispielslos dasteht!«

      »Diese Aehnlichkeit,« lachte Walker, »hat Euch so sehr billig zu Wilkinsfield geholfen.«

      »Wieso?«

      »Davon später. Jetzt zu Herrn Roulin.«

      Seine Miene veränderte sich. Sie wurde finster, zürnend. Seine Stimme klang hart wie die Stimme eines Vorgesetzten, welcher einem Untergebenen die Thür zeigt:

      »Sagt mir doch einmal, Sennor Roulin, was Ihr für Dummheiten macht! Ich höre, daß – – –«

      »Dummheiten?« fiel Roulin ihm ein. »Welche?«

      »Ich höre, daß Ihr nach dem Silbersee gegangen seid?«

      »Ja. Ist das ein Fehler?«

      »Ganz gewiß.«

      »Ihr habt denselben Fehler begangen, da Ihr den rothen Burkers mit seinen Leuten hinaufgeschickt habt. Wir sind also quitt, und Ihr habt mir wohl nichts vorzuwerfen.«

      »Ihr gingt hinauf einer Dummheit wegen.«

      »Welche Dummheit meint Ihr?«

      »Ein Mädchen abzuschlachten.«

      »Dummheit ist es, das zu glauben. Ich wollte sie nur einschüchtern, um sie mir gefügig zu machen. Dummheit aber war es, die Schätze stehlen zu wollen. Ihr seht, wir sind wenigstens quitt.«

      »Euer Unternehmen mißlang!«

      »Das Eurige auch. Wir sind abermals quitt, und ich kann nicht ersehen, aus welcher Ursache Ihr mir Vorwürfe machen wollt.«

      »Ich glaube, Ihr wollt mich schulmeistern!«

      »Fällt mir nicht ein. Von uns Beiden hat keiner das Recht, den Andern zu hofmeistern.«

      »Meint Ihr? Da irrt Ihr Euch. Ich bin es, dem Ihr Alles zu danken habt.«

      »Ganz richtig! Und Ihr habt hingegen Alles mir zu verdanken. Wir sind quitt. Wir haben uns Dienste geleistet. Aber mir scheint, Ihr seid bei schlechter Laune. Da werde ich gehen. Ich bin nicht gewohnt und habe auch heut nicht die Absicht, mich so von oben herab behandeln zu lassen. Adieu, Sennores!«

      Er spielte seine Rolle sehr gut, so gut, daß Walker sich gezwungen sah, nachzugeben und einzulenken. Er ergriff ihn beim Arme und sagte:

      »Unsinn! Fortlaufen! Das fehlte noch! Es stürmt jetzt Alles auf mich ein, so daß es kein Wunder ist, wenn ich einmal die gute Laune verliere. Setzt Euch, und laßt mit Euch reden!«

      »Na, meinetwegen. Darf man denn auch reden?«

      »Warum nicht?«

      »Ich meine, ob alle Anwesenden von unserer Angelegenheit hören dürfen?«

      »Alle,« antwortete Walker, warf aber einen bedeutungsvollen Blick auf Bill, den früheren Derwisch. Er wollte diesen nicht dadurch beleidigen, daß er sagte, Bill dürfe es nicht hören.

      Roulin verstand den Wink und meinte:

      »So werde ich Euch zunächst bitten, einige Wachen zu Pferde gegen Prescott zu senden, um uns schleunigst Nachricht zu geben, wenn unsere Feinde kommen.«

      »Kommen sie bereits heut?«

      »Sam der Dicke kam nur zwei Minuten später als ich zu Sennorita Emeria, und ich täusche mich nicht, wenn ich annehme, daß er nicht lange auf die Andern gewartet hat.«

      »Sapperment! Da können sie ja an jedem Augenblicke hier sein!«

      »Natürlich!«

      »Bill Newton, wie ists? Wollt Ihr diese Wache mit thun? Ihr und Alfonzo?«

      »Ja, Sennor.«

      Er stand auf und ging. Nur wenige Augenblicke später sah man die beiden Genannten davonreiten.

      »Er ist fort,« meinte Walker, »folglich können wir nun über Alles sprechen. Sennorita Miranda ist meine Vertraute. Sie darf Alles hören. Also, Sennor Roulin, zuerst Eure Flucht und Verfolgung und sodann die Wilkinsfield'sche Angelegenheit, bitte!«

      »Nun, die Sache ist folgende: Ich lernte eine junge Dame kennen, eine wirkliche Schönheit. Sie betrug sich im höchsten Grade kopfscheu gegen mich. Ich gab mir die größte Mühe, ihr irgend einen Beweis von Zuneigung zu entlocken, doch vergebens.«

      »Sie hatte ihr junges Herz wohl bereits an einen Andern verschenkt?« lachte Donna Miranda.

      »O nein. Sie gestand mir, daß sie bisher nur ihre Eltern geliebt habe, mir aber trotzdem nicht das kleinste Plätzchen in dem Herzen, welches Ihr da erwähnt habt, einräumen könne. Ich gestehe aufrichtig, daß ich ernstlich vergafft war. Ich beschloß, Alles anzuwenden, sie zu der Meinigen zu machen. Half Liebe nichts, so wollte ich Strenge anwenden. Die Maricopa's hatten einen Zug nach dem Silbersee beschlossen. Ich machte diesen Zug mit und nahm auch Magda mit, indem ich ihr eröffnete, daß sie auf dem Grabe eines Häuptlings geopfert werden solle. Ich erwartete, daß die Furcht sie gefügig machen werde.«

      »Wer ist denn eigentlich diese interessante Dame?«

      »Sie heißt Magda. Mehr darf ich nicht sagen.«

      Er erzählte nun von dem Zuge hinauf in die Berge und von dem Mißlingen seiner Absicht. Er hatte Magda nichts zu Leide thun wollen, wie er behauptete. Man hatte sie nach der Insel geschafft und an den Pfahl gebunden, einestheils um sie gegen ihn gefügiger zu machen und anderntheils aus Rücksicht auf sie von der Besatzung des Missionshauses günstige Bedingung zu erlangen, und wie sie auf der Insel auf eine geradezu unbegreifliche Weise verschwunden waren.

      »Verdammt!« rief Roulin. »An dem Allen ist dieser sogenannte Fürst der Bleichgesichter schuld. Was hat sich dieser Kerl in die Angelegenheiten Anderer zu mischen?«

      »Mit ebenso wenig Recht, wie Ihr und wir dieses thun,« lachte Walker.

      »Uebrigens hätte ich an Eurer Stelle den Silbersee nicht so schnell verlassen.«

      »Oho! Ich merkte, wie es stand. Die Maricopa's machten mit den Apachen gemeinsame Sache. Es stand mit Gewißheit zu erwarten, daß man über mein Fell herfallen werde. Wenn Fuchs und Wolf Freundschaft schließen, so ist das Schaf stets übel daran.«

      »Wart in diesem Falle etwa Ihr das Schaf?« fragte Donna Miranda.

      »So ziemlich. Darum machte ich mich von dannen. Ich glaubte freilich nicht, daß man so schnell und auch so hitzig hinter mir her sein werde. Ich merkte bereits am folgenden Morgen, daß ich verfolgt wurde und habe mein Pferd fast todt geritten, um in Distanz zu bleiben. Noch vor der Stadt Prescott habe ich eine Finte geritten, um die Kerls von der Spur abzubringen. Sie haben sich aber, wie es scheint, nicht irre machen lassen.«

      »So albern sind die Männer, die Euch verfolgten, freilich nicht. Ihr reitet vom Silbersee in schnurgerader Richtung auf Prescott zu. Das ist genug für sie. Ihr könnt zehn Bogen oder Kreise oder Umwege reiten, sie wissen doch, welches Euer Ziel ist. Ihr habt Euch in dieser Angelegenheit nicht sehr


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