Im Thale des Todes. Karl May

Читать онлайн книгу.

Im Thale des Todes - Karl May


Скачать книгу
nahe daran, mein altes Herz überrumpeln zu lassen. Du hast allerdings nichts geahnt, obgleich Du dabei warst.«

      »Wann?«

      »Kannst Du Dich noch jenes Malers Normann erinnern?«

      »Sehr gut.«

      »Du stelltest ihn mir vor. Ich besuchte ihn.«

      »Ich war mit Dir.«

      »Der Kerl war prächtig, aber er hatte einen Fehler, den ich ihm nicht verzeihen konnte.«

      »Da bin ich neugierig.«

      »Er hatte eine Verlobte. Das war sein Fehler.«

      »Ah!«

      »Ja. Sie hieß eigentlich wohl anders, aber er nannte sie mit dem türkischen Namen Tschita. Ich will sie nicht beschreiben. Du kennst sie ja. Mir schien es sogar, als hättest Du bei diesen Beiden ein Wenig Vorsehung gespielt; wenigstens brachten sie Dir eine sehr auffällige Zuneigung entgegen. Ich war Feuer und Flamme für diese wunderbare Tschita, durfte es mir aber nicht merken lassen, sie hatte ja einen Verlobten, und – was für mich noch weit schlimmer war – sie liebte ihn.«

      »Und sogar von ganzem Herzen.«

      »Das sah ich. Ich fühlte mich elend, so elend wie eine ganze Welt voll Katzenjammer. Es gefiel mir nichts mehr; es schmeckte mir nichts mehr, und es ging mir nichts mehr. Das mußte anders werden; ich wäre sonst zu Grunde gegangen. Ich ließ mir Urlaub geben und ging auf Reisen. Wohin, das war gleich. Zunächst aber dampfte ich nach Amerika.«

      Steinbach schüttelte sehr ernst den Kopf und meinte:

      »Also deshalb die damalige Störung Deines sonst so heiteren, selbstbewußten Wesens. Hm!«

      »Ja, der von den Frauen umsonst umworbene Rittmeister Günther von Langendorff war verliebt, war liebeskrank! Lächerlich, brutal lächerlich! Na, ich glaubte, die Reise solle mich zerstreuen, hatte mich aber bedeutend geirrt. Die Liebe ist ein ganz eigenartiges Ding und nebenbei die dümmste Seelenerregung, die es nur geben kann. So hinkte und jammerte und klagte ich weiter und weiter, bis ich nach San Franzisko kam. Ich ließ mich nach dem Unionhotel fahren. Als ich die Treppe hinabstieg, kam Eine die Treppe herab – Tschita.«

      »Unmöglich!«

      »Das sage ich mir jetzt auch. Damals aber hielt ich sie für Tschita. Eine größere und wunderbarere Aehnlichkeit habe ich noch nie gesehen. Du kannst Dir denken, was passirte. ›Diese und keine Andere!‹ So heißts in Romanen und auf der Bühne und so hieß es auch bei mir. Lache mich aus!«

      »Fällt mir nicht ein!«

      »Schön, so lache mich nicht aus, sondern weine um mich!«

      »Auch das thue ich nicht.«

      »So laß Beides bleiben und thue ganz nach Deinem Wohlgefallen.«

      »Wie wurde es weiter?«

      »Triste und immer trister. Ich begegnete ihr am Abende im Treppenzuge. Es war mir, als ob ihr Auge auf mir ruhe. Ich redete sie an. Sie erröthete, antwortete aber nicht. Am nächsten Morgen war sie weg.«

      »Fatal!«

      »Ich fand ihre Spur und reiste ihr bis Sakramento nach. Dort sah ich sie. Alle Teufel! Am nächsten Tage war sie abermals fort!«

      »Hm!«

      »Ja, hm! Ich machte nicht blos hm! sondern ich fluchte ganz gehörig. Aber die Liebe ist beinahe allwissend. Ich kam noch einmal auf ihre Fährte und traf sie dann in Carson City. Da haben wir neben einander im Hotel gespeist. Ein Kerl saß bei ihr, der sie bewachte, wie der Teufel die Seele. Am Allerliebsten hätte ich ihn ausgehauen, aber nicht in Marmor, sondern mit der Reitpeitsche. Es gelang mir nur, heimlich um ihren Namen zu bitten.«

      »Erfuhrst Du ihn?«

      »Ja. Sie flüsterte ihn mir zu, erröthend, so lieblich, so unschuldig verlegen! Aber was half es! Am andern Morgen war sie abermals fort.«

      »Das ist Pech!«

      »Dieser verdammte Kerl hat Lunte gerochen!«

      »Möglich. Hast doch den Namen gemerkt?«

      »Besser wie meinen eigenen! Es war nur ein einfacher, bürgerlicher Name, aber er wird mir in die Ohren klingen, so lange ich lebe: Magda Hauser.«

      Steinbach machte eine schnelle Bewegung.

      »Was hast Du?« fragte Günther.

      »Nichts weiter. Ich wundere mich nur, daß es ein deutscher Name ist.«

      »Das gab und giebt auch mir zu denken. Jene Tschita war auch eine Deutsche. Ich habe mich gefragt, ob es Schwestern sind. Doch das nützt ja nichts. Sie ist fort, verschwunden.«

      »Hast Du keine Spur gefunden?«

      »Zwei für eine. Beide führten nach Süden. Da ich mich aber nicht theilen konnte, so engagirte ich einen Zweiten. Ich hatte einen jungen Deutschen kennen gelernt, der längere Zeit hier im Lande gelebt hat und dasselbe genau kennt, einen guten, braven Jungen, aber arm. Ihn schickte ich auf die eine Spur und ich selbst nahm die andere. Wir machten aus, uns nach Prescott Nachricht zu geben.«

      Steinbach lächelte seit einiger Zeit vergnügt vor sich hin. Günther bemerkte dies gar nicht, sondern fuhr in mißmuthigem Tone fort:

      »Ich bin der Fährte wie ein Hund gefolgt, bis hinab nach Yuma. Da hörte sie auf.«

      »Ohne Alles?«

      »Nein, sondern mit Brillantfeuerwerk und Tableau. Sie endete nämlich im Hause eines alten Spaniers, der sich eine junge Erzieherin für seine holden Rangen geholt hatte. Diesen Beiden war ich nachgelaufen. Hole sie der Teufel für jetzt und in alle Ewigkeit. Amen!«

      »Und Dein Compagnon?«

      »Der steckt irgendwo und läßt nichts von sich hören.«

      »Vielleicht war seine Fährte auch eine falsche.«

      »Möglich. Das kann mich aber nicht abhalten, weiter zu suchen. Ich höre nicht eher auf, als bis ich sie finde. Ich steige hinunter in den Krater des Vesuves und hinauf auf die Spitzen des Hymalaja. Ich renne nach Spitzbergen und laufe Schlittschuhe bis nach der Sahara. Ich schlage die ganze Menschheit todt, bis endlich mir Einer Auskunft gibt, wo ich sie finde.«

      »War sie denn wirklich so schön?«

      »Pah! Was nützen Worte? Ein Jeder hält eben die Seinige für die Schönste und Herrlichste.«

      »Aber bürgerlich!«

      »Ich heirathe sie und wenn sie im Bezirksarmenhause geboren wäre.«

      »Ich kenne Dich nicht mehr.«

      »Ich mich auch selbst nicht. Von Yuma bin ich mit der Diligence bis hierher. Ich dachte, den Kameraden zu treffen, und habe seit gestern nach ihm gesucht, aber vergebens. Er ist noch nicht hier.«

      »So willst Du ihn also hier erwarten?«

      »Natürlich.«

      »Und quartierst Dich außerhalb der Stadt ein!«

      »In der Stadt selbst würde er mich freilich leichter finden, wenn er kommt; aber die Venta dieser verrückten Emeria ist die anständigste. Hier trifft man das abenteuernde, spitzbübische Gesindel nicht, welchem man in den andern Häusern begegnet. Die Wirthin wurde mir von einem Bekannten empfohlen, einem Sennor Robin hier in der Nähe.«

      »Was? Robin heißt er?«

      »Ja. Welch ein Gesicht machst Du?«

      »Er wohnt draußen in den Bergen?«

      »Ja. Kennst Du ihn?«

      »Ein Wenig. Wie ist er denn eigentlich Dein Bekannter geworden?«

      »Durch seine Wirthschafterin.«

      »Etwa


Скачать книгу