Tom Sawyers Abenteuer und Streiche, Tom Sawyer als Detektiv & Huckleberry Finns Fahrten (Illustrierte Ausgabe). Марк Твен

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Tom Sawyers Abenteuer und Streiche, Tom Sawyer als Detektiv & Huckleberry Finns Fahrten (Illustrierte Ausgabe) - Марк Твен


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sitzt,“ brummte Joe und begann die Leiche zu berauben, worauf er das verräterische Messer in Potters offene Hand steckte und sich auf den geöffneten Sarg setzte. Drei — vier — fünf Minuten verflossen, und dann begann Potter sich zu bewegen und zu stöhnen. Seine Hand schloß sich um das Messer, er hob es auf, blickte darauf und ließ es schaudernd fallen. Dann richtete er sich auf, schob die Leiche von sich und starrte verwirrt um sich. Joe anzusehen, vermied er.

      „Herr Gott, Joe, wie war das?“ sagte er mit zitternder Stimme.

      „‘s ist ‘ne faule Geschichte,“ entgegnete Joe grob. „Wozu tatst du‘s?“

      „Ich! Ich hab‘s nicht getan!“

      „Sieh mal! Na — mit solchem Geschwätz kommst du nicht los!“

      Potter zitterte und wurde aschfahl.

      „Ich hatte mir doch vorgenommen, nüchtern zu bleiben! Warum mußte ich auch nachts trinken. — Hab‘s ja noch im Kopf — mehr, als wie wir kamen. — Immer betrunken — völlig — auf gar nichts kann ich mich besinnen! Sag, Joe, ehrlich, alter Bursche — hab ich‘s getan?! Ich wollt‘s nicht tun — auf Ehr und Seligkeit, Joe, ich wollt‘s nicht tun! O, ‘s ist schrecklich — und er war so jung und hoffnungsvoll —“

      „Na, ihr habt halt gerauft, und er gab dir eins rüber mit dem Sargdeckel, und du fielst hin. — Und dann kamst du wieder auf, wanktest und konntest dich kaum auf den Füßen halten, hobst das Messer auf — na, und stießest es ihm in den Leib, grad, wie er dir noch ‘nen tüchtigen Schlag geben wollte, und dann hast du hier wie ‘n toter Klotz gelegen bis jetzt.“

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      „O — ich wußte ja nicht mehr, was ich tat. ‘s kam wohl alles vom Branntwein und von der Wut — schätz‘ ich. Ich hab‘ nie vorher in meinem Leben so was getan, Joe! ‘s können‘s mir alle bezeugen. Geprügelt — ja, aber gestochen niemals, Joe. Joe, sag‘s niemand! Sag mir, Joe, daß du‘s niemand sagen willst! Sei ‘n guter Bursche! Joe! Ich hab‘ dich immer gern gehabt, Joe, und hab‘ deine Partei genommen. Weißt du nicht, Joe? Joe, du sagst es nicht, Joe, nicht?!“ Und der arme Kerl fiel auf die Knie vor den kaltherzigen Mörder und hob beschwörend die Hände.

      „Na, du bist immer treu und brav zu mir gewesen, Muff Potter, und ich werd‘ dich nicht verraten. — Das ist doch wie ‘n Kerl gesprochen, he?“

      „O, Joe, ja, du bist ein Engel, Joe. Ich will dich segnen, so lang ich leb‘!“ Und Potter begann zu weinen.

      „Na, komm, ‘s ist jetzt genug davon. ‘s ist ‘ne verdammt schlechte Zeit zum Heulen. Mach, daß du in der Richtung fortkommst, und ich will hierhin gehen. Vorwärts, mach fort — und laß nichts liegen, zum Teufel!“

      Potter setzte sich in Trab, woraus bald regelrechter Galopp wurde. Joe schaute ihm nach, brummend: „Wenn er so betäubt von dem Prügeln und voll von Schnaps ist, wie er aussieht, so wird er an das Messer erst denken, wenn er so weit fort ist, daß er‘s nicht wagt, an so ‘nen Ort zurückzukommen — Hasenfuß!“

      Zwei oder drei Minuten später sah nur noch der Mond den Ermordeten, den eingebundenen Körper des Toten, den aufgebrochenen Sarg und das leere Grab. Tiefe Stille herrschte wieder wie vorher.

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      Zehntes Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Die beiden Burschen liefen dem Dorfe zu, sprachlos vor Schreck. Von Zeit zu Zeit blickten sie ängstlich über die Schulter zurück, als fürchteten sie sich vor Verfolgern. Jeder Baumstumpf, der an ihrem Wege aus der Dunkelheit auftauchte, schien ihnen ein Mann und ein Feind, und ließ sie bis ins Mark erzittern. Und als sie bei einigen außerhalb des Dorfes gelegenen Niederlassungen vorbeikamen, schien ihnen das Bellen der erwachten Hunde Flügel zu verleihen.

      „Wenn wir — nur bis zu der alten Gerberei — kommen — bevor wir — zusammenbrechen —“ stieß Tom abgerissen zwischen mühsamem Atemholen hervor.

      „Ich — ich kann — nicht mehr — länger!“

      Huckleberrys pochendes Herz war seine ganze Antwort; beide hefteten ihre Augen fest auf das Ziel ihrer Hoffnung und machten die äußersten Anstrengungen, es zu erreichen. Sie kamen ihm immer näher, und schließlich Brust an Brust, fielen sie förmlich durch die offene Tür — dankbar und atemlos, in den schützenden Schatten. Allmählich beruhigten sich ihre Pulse, und Tom flüsterte:

      „Du, Huckleberry, was meinst du, wird von all dem kommen?“

      „Na, ich denke, wenn Dr. Robinson stirbt, wird Gehenktwerden davon kommen.“

      „Meinst du?“

      „Nicht meine, ich weiß, Tom!“

      Tom dachte ‘ne Weile nach, dann sagte er: „Wer wird‘s denn verraten? Wir?“

      „Was fällt dir ein? Angenommen, ‘s käm‘ was dazwischen und Indianer-Joe müßt nicht hängen, wird er uns früher oder später so gewiß töten, daß wir grad so gut schon jetzt hier liegen könnten!“

      „Huck, das hab‘ ich mir auch gedacht.“

      „Wenn‘s jemand sagen soll, mag‘s doch Muff Potter tun, wenn er dumm genug ist. Der ist ohnehin immer betrunken genug!“

      Tom sagte nichts — er brütete über etwas. Plötzlich wisperte er: „Huck, Muff Potter weiß es nicht. Wie kann er‘s sagen?“

      „Warum sollt er‘s nicht wissen?“

      „Weil er grad den ekligen Klaps bekommen hatte, als es Joe tat. Meinst du, da hätt‘ er‘s sehen können? Meinst du wirklich, er könnt‘s wissen?“

      „Beim Henker, ‘s ist so, Tom!“

      „Und dann — weißt du — sollt‘ ihm nicht der Hieb den Rest gegeben haben?“

      „Kaum glaublich, Tom! Er hatte Schnaps in sich. Ich konnt‘s sehen; übrigens hat er das immer. Wenn mein Alter voll ist, kannst du ihn nehmen und ihn mit ‘nem Kirchturm überhauen — er spürt‘s nicht. Er sagt‘s auch selbst. Grad so ist‘s heut mit Muff Potter. Aber wenn einer klar im Kopf ist, schätz‘ ich, daß so ‘n Klaps genug für ihn sein möchte.“

      Nach abermaligem nachdenklichem Schweigen fuhr Tom abermals fort:

      „Huck, bist du sicher, daß du den Mund halten kannst?“

      „Tom, wir müssen den Mund halten! Du weißt doch! Dieser Indianer-Teufel würde nicht mehr Umstände machen, uns abzuschneiden, wie mit ‘nen paar Katzen, wenn wir so dumm wären, zu plappern, und sie henkten ihn nicht. Nun, Tom, komm mal her, laß uns einander schwören — das müssen wir, Tom! — schwören, den Mund zu halten!“

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      „Mir recht, Huck. ‘s wird wohl das beste sein. Wollen wir also die Hand hochhalten und schwören, daß wir —“

      „Halt mal, so geht‘s nicht! Das ist gut genug für kleine, alltägliche Dinge, zum Beispiel bei Mädchen, wenn die einem überall nachlaufen, und wenn sie — hm — wenn man sich verrannt hat, mein‘ ich — aber so was geht bei so ‘ner häßlichen Geschichte nicht — da muß was Schriftliches sein — und Blut!“

      Tom stimmte von ganzem Herzen zu. Die Idee war tief — und dunkel — und schrecklich; die Stunde, die Umstände, die Umgebung — alles wirkte zusammen. Er nahm eine glänzend geschliffene Schindel auf, die im Mondlicht lag, zog ein Stückchen Rotstift aus der Tasche, ließ das Mondlicht sein Werk bescheinen, und kritzelte mühsam,


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