G.F. Barner Staffel 2 – Western. G.F. Waco
Читать онлайн книгу.er hört die Kugel dicht neben sich in den Sand fahren. Sand kommt in einer Fontäne hoch, aber er dringt nicht in seine Augen ein. Angus hat die Lider rechtzeitig geschlossen.
Nun erreicht er sein Gewehr, kommt blitzschnell hoch und wirft sich dann mit einem Satz hinter die Cholla.
Fauchend jagt die vierte Kugel in den Stamm. Kakteenfleisch fliegt klatschend weg, und Angus huscht weiter. Dort stehen die Orgelpfeifen, ein ganzer Busch, eine ganze Sammlung. Er kommt hinter sie und weiß, daß der Mann nachgeladen haben muß. Hastig reißt er seinen Hut herab, stülpt ihn auf das Gewehr und hält ihn linker Hand an der äußersten Orgelpfeife hoch.
Jetzt faucht der fünfte Schuß los. Sein Hut bekommt einen Schlag, aber in den Schlag hinein läßt Angus den Hut los und ist schon links.
Es geht blitzschnell und kommt innerhalb von einer Sekunde. Ist er gerade noch rechts gewesen, jetzt taucht er links der Orgelpfeifen auf, reißt das Gewehr hoch und sieht einen Mann oben, ein undeutlicher Fleck hinter den Chollas, der den Lauf seines Gewehres beim Repetieren etwas angehoben hat.
Da – da ist noch ein Gewehrlauf, der herumzucken will.
In dieses Zucken hinein feuert Angus Haley seinen ersten Schuß ab.
Er wirft sich sofort zur Seite, hört den Knall und den Klatscher, mit dem die Kugel in die Orgelpfeifen eindringt. Dann aber kommt der Schrei von der Höhe der Muldenkante zu ihm herab.
Jetzt springt Angus auf, er rennt los, er läuft wie ein Hase und weiß, daß er die Orgelpfeifen als Deckung hinter sich hat. Vor ihm ist der Hang, dort stehen die Kakteen in ganzen Gruppen.
Zwanzig Schritt, dreißig. Er rennt, Steine kollern, als er am Hang ist, die Kakteen kommen. Sie können ihn noch nicht sehen. Sie werden ihn erst entdecken, wenn er über den Blickwinkel hinauskommt, der ihn bis zur Mitte des Hanges durch die Orgelpfeifen schützt.
Dann ist es soweit. Er hört jemanden schreien und den Schuß dröhnen. Die Kugel liegt zu weit links. Er rennt, er läuft schneller und weiß, daß er immer nur für eine oder zwei Sekunden zwischen den Kakteen sichtbar sein wird.
Eine Kugel prallt hinter ihm gegen die Steine.
Doch er hört auch das Gebrüll hinter sich. Jetzt werden sie nervös, er ahnt es. Denn gleich ist er über den Hang und braucht nur am Rand der Mulde, in der Deckung der Kakteen, von denen hier genug wachsen, um die Mulde zu kommen. Er wird sie dann von der Seite packen können, und das erkennt selbst ein Narr.
Noch eine Kugel, diesmal vor ihm. Der Bursche, der dort schießt, er kann sich nicht auf diese wechselnden Abstände zwischen den Kakteenstauden einstellen, und schießt vorbei. Er sieht Angus entweder zu früh oder zu spät.
Pedro aber, dessen Schnauzbart zuckt und der die Hand auf seine Schulter preßt, sieht Angus genauso laufen und brüllt heiser:
»Schieß doch, du mußt treffen, er kommt von der Seite, er schneidet uns den Weg zu den Pferden, er… Schieß!«
»Ja – ja!«
Er schießt wirklich und wieder vorbei.
Im nächsten Augenblick packt Pedro die wilde Angst.
»Er kommt«, sagt er schrill und angstvoll. »Du triffst ihn ja nicht, du triffst nicht, du Narr, du kannst ja nicht schießen! Der ist zu schnell, der holt uns – er holt uns, Madre – Madre, er holt uns!«
Er beginnt zu kriechen, er kriecht nach hinten, richtet sich auf und taumelt, die Hand an der Schulter, los. Hinter ihm kracht es noch einmal. Dann dreht sich Jose um und sieht seinen Partner weglaufen.
»Pedro, warte, warte!«
Die Pferde, sie müssen zu den Pferden. Der Gringo da schleicht sich durch die Kakteen heran. Er wird kommen und sie holen, er wird schießen und wieder treffen.
Jose stolpert, fällt hin und schreit gellend:
»Nimm mich mit, nimm mich mit!«
Aber Pedro rennt, Jose jedoch liegt am Boden, versucht aufzustehen und schwankt, um wieder hinzufallen.
»Pedro – Pedro, du Schurke, warte, nimm mich mit, du Schurke, du Feigling, du…«
Und dann kommen seine Flüche. Er kriecht unter die Cholla und sieht Pedro laufen.
»Mein Gewehr«, sagt er schrill vor Furcht. »Du Schuft läßt mich im Stich. Mein Gewehr, ich würde dir… Da, da, er ist schon an den Pferden, er – er nimmt ja meines mit, er nimmt mein Pferd, der Halunke!«
Pedro nimmt das Pferd, sitzt auf und jagt an. Er hört den Krach hinter sich und das scharfe Fauchen der Kugel, die knapp an ihm vorbeizischt. Vor Angst wirft er sich flach auf den Hals des Pferdes. Er denkt nicht mehr an Jose, er denkt nur an seine Sicherheit.
Was geht ihn Jose an, was denn schon? Er wird diesem Gringo noch einmal auflauern, er wird ihn von hinten vielleicht erwischen.
Jose ist verloren, sein Partner rast davon und hat sein Pferd auch noch mitgenommen.
Jose liegt still unter der Cholla und sieht sich um. Links Kakteen, rechts Kakteen. Dort oben ist sein Gewehr, er hat nur noch den Revolver und nimmt ihn in die linke Hand. Die Furcht ist da, denn er sieht den Gringo nun nicht mehr. Alles um ihn ist still, Pedro ist fort, Pedro, der Schurke, der ihn bestohlen hat. Die Geier sollen Pedro holen.
Da links, was ist das? Am Hang? Ja, natürlich, der Gringo wird über den Hang klettern und von oben kommen, so ist es leichter für ihn, ganz leicht.
Jose kriecht ganz unter die Cholla, krümmt sich zusammen und hält den Revolver in der schweißnassen Hand. Er wartet, er lauscht und plötzlich klickt es oben am Hang leise.
Jose hält den Revolver fest und hat den Hammer gespannt. Dieser Gringo, soll er kommen, er wird schießen, der Gringo wird nie wieder zur anderen Seite des Rio Grandes kommen.
Klick – klick!
Jetzt muß er gleich auftauchen, da oben wird er kommen. Der Revolver Joses zeigt hin.
Dann brüllt es hinter ihm donnernd auf. Die Kugel schlägt direkt neben der Hand, die den Revolver hält, in den Sand ein.
Jose schreit. Er schreit laut und schrill.
»Nicht schießen, nicht schießen, Señor! Ich will das Geld nicht haben, ich will es nicht, ich schwöre, ich will gar nichts haben. Du kannst es mitnehmen, ich schenke dir alles, ich schenke es dir! Nicht schießen!«
»Wirf den Revolver fort, Bursche!«
Jose schleudert die Waffe fort und denkt an sein Messer.
»Umdrehen, hinsetzen!«
Jose dreht sich um und zittert vor Furcht.
Er sieht mitten in den Gewehrlauf und in die scharfen, kühlen Augen von Angus Haley.
»Nicht schießen, Señor Haley!«
Er weint fast. Der Schmerz macht alles noch schlimmer. Natürlich wird er schießen, sie schießen ja auch, so ist es hier in Mexiko mit den Fremden, die ihnen Kalifornien und Texas gestohlen haben, diese Gringos. Einfach erschießen muß man die Landdiebe aus dem Norden, diese Yankees!
»Señor, ich will die Kiste nicht, ich schwöre, ich will sie nicht haben, obwohl mir ein Sechstel des Geldes gehört. Ich verzichte, Señor, ich verzichte.«
»So«, sagt Angus langsam und sieht den Schmerz im Gesicht des Mexikaners nur zu deutlich. »Du verzichtest also, sieh mal einer an. Das ist aber großzügig von dir, Bursche. Du verzichtest auf etwas, was du gar nicht hast. Wenn du schon Bescheid weißt, wieviel ist denn in der Kiste? Mal sehen, ob du nicht gelogen hast. Wieviel ist drin?«
»Es – es müssen – über dreißigtausend Dollar sein, Señor Haley. Ich lüge nicht, ich lüge nicht. Ich habe sie doch selbst eingepackt. Rual hat dir gesagt, wo du sie findest, aber sie gehört ihm nicht allein. Nur darum hat er die anderen beiden Männer umgebracht.«
»So«, sagt Angus und versteht nichts mehr, gar nichts mehr. »Darum,