Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.silbernen Spange hochgesteckt. Lange silberne Ohrringe baumelten an ihren Ohrläppchen. Sie hatte schwarze Augen.
Wer war sie?
Was hatte sie hier auf dem Hof zu tun?
»Grüß Gott! Wenn Sie hier ein Zimmer haben wollen, dann haben S’ Pech. Is’ alles belegt. Nix mehr frei! Hätten sich halt anmelden müssen.«
Dann zeigte sie auf Petras Schuhe voller Schlamm.
»Passen S’ auf, daß da kein Dreck abfällt.«
»Guten Tag!« grüßte Petra. »Kann ich bitte die Eigentümer sprechen – oder sind Sie das?«
»Wenn S’ was wollen, dann müssen Sie es schon mir sagen. Mein Name ist Thea Hoegger und ich habe hier die Schlüsselgewalt.«
Aus dem Profil der Wanderschuhe fiel ein Erdbrocken auf den Boden.
»So eine Sauerei!« schimpfte die Frau im Seidendirndl.
Thea Hoegger nahm Petra die Schuhe einfach aus der Hand. Sie trug sie mit gestrecktem Arm weit von sich haltend durch den Hausflur und ließ sie da draußen auf den Hof fallen.
Petra blieb vor dem Empfangstisch stehen.
»Was wollen Sie noch? Ich sagte Ihnen doch, daß keine Zimmer mehr frei sind.«
»Für mich war immer ein Zimmer frei, Frau Thea Hoegger.« Petras Stimme klang sehr scharf. »Ich verfügte nämlich über allerbeste Beziehungen zum Eigentümer.«
»Das mag ja so gewesen sein. Doch jetzt ist das anders. Die Eigentumsverhältnisse sind noch ungeklärt.«
»Soso! Ungeklärt! Das wird ja immer schöner. Wer hat sie denn angestellt?«
»Ich denke nicht, daß Sie das etwas angeht, junge Frau.«
»So, meinen Sie? Da sind sie gründlich im Irrtum!« giftete Petra zurück. Wut stieg in ihr auf.
»Der Notar hat einen Interimsmanager eingesetzt, bis die Verhältnisse mit den Erben geklärt sind.«
»Interessant! Lassen Sie mich raten! Der Interimsmanager ist Herr Christoph Unterlercher, stimmt es?«
Ihr Gegenüber bekam große Augen.
»Sie scheinen ja bestens informiert zu sein. Dabei sind Sie nicht von hier!«
»Sie unterliegen schon wieder einem Irrtum!«
Petra holte tief Luft und bemühte sich um eine ruhige Stimme:
»Frau Hoegger! Ich habe noch einige Sachen hier untergestellt. Sie haben doch sicherlich den Schlüsselbund.«
Instinktiv griff Thea Hoegger in ihre Schürzentasche und nahm den Schlüsselbund heraus. Blitzschnell griff Petra danach und riß ihr ihn aus der Hand.
»Was soll das? Sind Sie verrückt geworden?« schrie Thea.
Petra beachtete sie nicht. Sie ging hinaus auf den Hof und griff sich die Wanderschuhe, die dort auf dem Boden lagen.
Petra grinste Thea Hoegger an, die ihr gefolgt war. Sie hob die Schuhe auf und marschierte wieder hinein.
Thea überholte sie und stellte sich ihr in den Weg.
»Ach, gestatten Sie, daß ich mich vorstelle. Mein Name ist Petra Pfleider, ich bin die Tochter und Erbin des Zacharias Vogelmeier und ich kann hier tun und lassen, was ich will.«
Während Thea Petra ungläubig anstarrte, ließ diese ihre schlammigen Schuhe wieder fallen, daß der Dreck nur so spritzte.
»Sie sind entlassen! Fristlos gekündigt! Wegen Beleidigung der Gäste.«
»Meine Sachen sind noch oben in dem Zimmer, gleich neben der Treppe«, kreischte Thea, die sofort bemerkt hatte, daß sie sich selbst alles verdorben hatte. Nach einem Blick in Petras Gesicht, setzte sich Thea eiligst in Bewegung.
»Ich gebe Ihnen eine Minute!« brüllte Petra hinterher.
Während Thea mit hochrotem Kopf ihre Sachen einsammelte, zählte Petra laut die Sekunden.
Die Tasche unter dem Arm eilte Thea davon.
»Puh!« stöhnte Petra.
Sie löste das Gummiband ihres Pferdeschwanzes. Ihr braunes Haar fiel weich über ihre Schultern und den Rücken hinab.
Dann setzte sie sich an den Empfangstisch. Sie studierte das Gästebuch.
»Aha! Onkel Ludwig scheint noch nicht abgereist zu sein.«
Petra suchte die Visitenkarte und rief ihn über Handy an.
»Leuthold!«
»Ich bin’s, Onkel Ludwig! Tut mir leid, daß du auf mich warten mußtest. Jetzt bin ich aber auf dem Vogelmeier Hof. Hast du die Erbschaftspapiere vorbereitet?«
»Ja, die sind fertig.«
»Wo bist du, Onkel Ludwig?«
Noch während Petra sprach, wurde die Tür zum Aufenthaltsraum aufgemacht, die vorher nur angelehnt war. Da stand Onkel Ludwig.
»Nun, mein Mädchen! Da hast du dir gleich Respekt verschafft. Ich habe alles mitgehört.«
Er breitete die Arme aus. Petra ließ sich seine väterliche Begrüßung gern gefallen.
»Ach, Onkel Ludwig. Das ist alles so kompliziert!«
»Es wird alles werden!«
Sie gingen hinüber in das Wohnzimmer, zu dem die Gäste keinen Zutritt hatten.
»Also, ich habe mir das alles überlegt. Ich will versuchen, den Hof zu erhalten. Als ich dich angerufen hatte, da war es noch nicht so ganz hundertprozentig. Doch jetzt ist es mein fester Wille. Kannst du mir helfen, mit der Bank zu verhandeln? Ich will die monatlichen Raten verringern. Außerdem mußte das mit der Erbschaftssteuer geregelt werden. Wird das viel sein? Kannst du mir vielleicht ein Darlehen geben? Du bekommst es bestimmt zurück.«
Doktor Ludwig Leuthold schmunzelte.
»Willst du jetzt Bäuerin werden?«
»Wie heißt das so schön? Nebenerwerbslandwirtin!«
»Wie kommst du denn darauf?«
Petra wurde tief rot.
»Es war nicht meine Idee. Christoph Unterlercher hat mir das vorgeschlagen. Ich nehme an, du kennst ihn inzwischen?«
»Ja, ich kenne Christoph gut. Er ist ja ein berühmter Künstler. Ich war schon auf Ausstellungen von ihm. Daß ich ihn allerdings hier auf dem Hof treffe, das war dann doch eine Überraschung. Wie denkst du über ihn?«
»Davon wollen wir jetzt nicht sprechen. Wir wollten über Geld reden.«
Doktor Ludwig Leutholf zündete sich eine Zigarre an.
»Gut, reden wir übers Geld.«
Er stand auf.
»Ziehe dir ein paar Schuhe an, Petra. Dann machen wir eine Stallbesichtigung.«
Auf dem Weg zum Stall legte Onkel Ludwig den Arm um Petras Schultern.
»So, liebe Petra! Jetzt wirst du mir mal schön zuhören. Du hattest mir am Telefon gesagt, daß du den Hof gern übernehmen würdest. Du sagtest, daß du sehr glücklich wärst und du gern dein Leben hier verbringen würdest. Ich sollte kommen. Nun leider – oder vielleicht auch Gott sei Dank – kam dieses Unwetter dazwischen. Jedenfalls habe ich schon mit der Bank gesprochen.«
»Was haben sie gesagt?«
»Du sollst mich doch nicht unterbrechen! Die waren wenig entgegenkommend. Was die bei der Bank denken, das kann sogar ich manchmal nicht nachvollziehen. Aber ich habe sie ausgetrickst. Ich habe jemanden gefunden, der dir das Geld geben will, als Darlehen oder sogar als Geschenk.«
»Das kann doch nur…«
»Petra! Erst zuhören, dann