Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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klangen bald zwei Gläser aneinander. Barbara nippte vorsichtig. Danach setzte sie einige Male für eine Frage an, brach aber immer wieder ab.

      »Nun rede schon, Madl! Was willst wissen?«

      »Wo ist mein Schreibtisch? Ich denke doch, daß ich viel bei Ihnen hier oben bin, oder? Ich müßte dann doch meine persönlichen Sachen von unten raufholen.«

      »Das werden wir alles regeln. Hauptsächlich wirst du Außentermine für mich wahrnehmen. Du wirst in deiner Eigenschaft als junge und hübsche Frau Dinge für mich ankurbeln und bearbeiten, die ich nicht machen kann. Dazu wirst du auch ein bißchen Theater spielen müssen. Aber das werde ich ja auch honorieren. Das steht alles im Vertrag.«

      Dann weihte Ruppert Schwarzer Barbara in seine Pläne ein. Er stellte sie vor die Karte von Waldkogel und zeigte ihr, wie er sich alles vorstellte.

      »Du wirst mir dort den Ball zuspielen. Hier ist eine Akte, da steht alles drin, was ich über jeden in Waldkogel weiß. Außerdem wohnt Franz Huber dort. Von dem wirst du dich aber fernhalten – damit man keinen Zusammenhang vermutet. Die Waldkogeler sind nicht dumm! Franz ist etwas einfältig. Kennst du ihn näher, als Mitarbeiter unseres Hauses, meine ich?«

      »Nein! Ich bin ja erst zwei Monate hier, da kann ich noch nicht alle kennen.«

      »Das ist gut so!«

      Ganz oben auf der Akte waren die Faxe abgeheftet. Barbara schaute sich die Texte genau an.

      »Ich verstehe! Das ist ein wunderbarer Ansatz, Herr Schwarzer!«

      Dieser klatschte vor Begeisterung in die Hände.

      »Wunderbar, wie schnell du begreifen tust, Madl. Schau, jetzt kann ich es sagen. Ich bin sicher, daß du eine steile Karriere machen wirst.«

      Eine ganze Stunde lang besprachen sie Einzelheiten. Barbara war von ihrer Aufgabe begeistert. Sie war davon überzeugt, daß sie für ihren Chef die Angelegenheit zum Erfolg führen würde.

      »Kannst dir Zeit lassen, Barbara! Es kommt nicht auf ein paar Wochen oder Monate an. Ich weiß, daß das alles nicht so schnell gehen kann, wenn es Bestand haben soll. Kommst alle paar Wochen vorbei und berichtest mir.«

      Dann gab Ruppert Schwarzer Barbara einen dicken Scheck, einen nicht unerheblichen Vorschuß auf ihr nächstes Gehalt. Außerdem konnte sie Spesen machen. Das betonte Schwarzer noch einmal ausdrücklich. Er wollte dieses Mal Erfolg haben, koste es, was es wolle.

      Als die junge Frau sein Büro verlassen hatte, zündete sich Ruppert Schwarzer eine dicke Zigarre an und trank einen Whisky. Er war überzeugt, das Richtige getan zu haben. Barbara erfüllte alle Voraussetzungen, die für die Aufgabe notwendig waren. Sie war ehrgeizig, raffiniert und verfügte über die notwendige Kaltblütigkeit. Sie war geldgierig, genau wie er. Das sehr gute Gehalt und die versprochene Erfolgsprovision, sowie das hohe Spesenkonto waren Argumente, die sicherlich in erster Linie dazu beigetragen hatten, daß Barbara so schnell eingestiegen war.

      *

      Es war Samstagnachmittag. Hildelore rief über den Hof, daß das Mittagessen fertig sei. Ihre Geschwister strömten herbei.

      »Schau, meine Hände sind ganz sauber, Hildi!«

      »Das hast schön gemacht, Gundi! Bist ein braves Mädchen.«

      Hildelore strich ihrer kleinen dreijährigen Schwester die blonden Locken aus der Stirn.

      »Setz dich hin, Gundi!« Dann wandte sie sich an die Buben. »Eure Hände will ich auch sehen.«

      Sie mußten wieder vom Tisch aufstehen und sich die Hände in der Küche waschen. Dabei tuschelten sie.

      »Ich hör euch! Andi, mußt den Waldi net immer so verleiten. Bist doch der ältere Bruder und mußt Vorbild sein.«

      Diesen Satz kannte Leander nur zu gut. Dabei war er erst neun Jahre alt. Sein jüngerer Bruder Oswald, Waldi genannt, war sechs Jahre.

      »Die Mutter war net so streng wie du. Bei der mußten wir die Händ net so oft waschen«, maulte Leander.

      »Seid ihr fertig? Dann setzt euch! Der Vater wird heut net zum Mittag kommen. Wir essen allein. Wer is heut dran mit dem Tischgebet?«

      Oswald hob den Finger. Die Kinder falteten die Hände auf der Tischkante und senkten die Köpfe. Der Bub sprach das Gebet, dann schlugen alle das Kreuzzeichen.

      Hildelore verteilte den Eintopf in die Teller. Sie aßen.

      Nach dem Essen legte Hildelore die kleine Gundula ins Bett für einen Mittagsschlaf. Die Buben schickte sie in den Garten. Sie mußten Obst pflücken. Eine Nachbarin hatte versprochen, zu kommen und das Obst zusammen mit Hildelore einzumachen.

      Das junge ernste Mädchen, selbst erst zwölf Jahre alt, räumte den Tisch ab. Nur den unbenutzten Teller für ihren Vater ließ sie stehen. Dann kümmerte sie sich um die Vorbereitungen für das Einmachen des Obstes. Bald kamen die Brüder mit vollen Körben aus dem Garten. Hildi wäre froh gewesen, wenn Andi ihr beim Waschen und Aussortieren des Obstes geholfen hätte, aber er war ein Bub und außerdem noch ungeschickt. So vergingen weitere zwei Stunden.

      Endlich kam Kilian Dössegger von den Wiesen heim. Er hatte Heu gemacht.

      »Grüß Gott, Vater! Setz dich! I mach dir die dicke Suppe gleich warm.«

      »Wo sind die Kinder?«

      »Die Gundi schläft. Die hat heute nacht wieder schlecht geschlafen und viel geweint. Jetzt schläft sie fest. I hab’ grad nach ihr geschaut. Die Buben hab’ i zum Spielen geschickt. Die waren mir nur im Weg. I denk, die sind unten am Bach.«

      Hildi füllte den Teller ihres Vaters und legte ihm zwei dicke Scheiben Brot dazu.

      Sie wartete, bis dieser fertig mit dem Essen war, dann sagte sie:

      »Es ist ein Brief gekommen. Der Briefträger hat gesagt, daß des was Amtliches wär. Du bist net dagewesen, da hab’ ich unterschreiben müssen. Ich hab’ des Schreiben in die Stube gelegt. I dacht, es wär net gut, wenn die Kinder des mitkriegen.«

      Bei diesen Worten schaute Hildelore ihren Vater nicht an. Wieder einmal wurde diesem bewußt, daß seine älteste Tochter, obwohl sie erst zwölf Jahre alt war, reifer war als alle anderen Mädchen im Dorf. Sie war neun gewesen, als seine Frau bei einem Autounfall tödlich verunglückte. Binnen weniger Wochen war Hildelore erwachsen geworden. Sie hatte in der Entwicklung wohl einige Jahre ausgelassen. Aus dem damals fröhlichen Mädchen war jetzt eine stille junge Erwachsene geworden, die sich in ihr Schicksal ergab. Er hatte Mitleid mit ihr und versuchte, die Belastung für seine Älteste so gering wie möglich zu halten. Das war nicht einfach. Doch es war auf dem Land schon immer so gewesen, daß beim frühen Tod der Mutter die älteste Tochter die Mutterrolle für die Geschwister übernahm.

      Kilian Dössegger zündete sich eine Pfeife an und ging in die Stube. Er schloß die Tür hinter sich.

      Als er eine Weile später herauskam, warf ihm seine Tochter einen prüfenden Blick zu. Sie war erschrocken, als sie sah, wie blaß ihr Vater war. So wagte sie nicht, nach dem Inhalt des Schreibens zu fragen.

      »I geh mal zum Pfarrer, Hildi! Kümmerst dich um die Kinder!«

      »Ja, Vater!« sagte Hildelore leise und schnitt weiter das Obst in kleine Stücke.

      Pfarrer Zandler saß im Garten hinter dem Pfarrhaus und las die Zeitung, wie er das immer am Samstagnachmittag machte.

      »Grüß Gott, Dössegger!«

      »Grüß Gott, Hochwürden!«

      Ein Blick des Pfarrers genügte, um zu erkennen, daß etwas Ungewöhnliches vorgefallen sein mußte. Er forderte den Dösseggerbauern auf, sich zu setzen. Wortlos zog dieser das Schreiben aus seinem Wams und hielt es dem Zandler entgegen.

      Ein Blick auf den Absender, und der Pfarrer ahnte nichts Gutes. Er las das mehrseitige amtliche Schreiben und legte es dann auf den Tisch.

      »Hochwürden, warum läßt der Herrgott des zu? Is es denn net


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