Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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      Pfarrer Zandler sah sich die Anzeige an.

      »Ein Versuch ist es allemal wert«, sagte er.

      Es wunderte ihn nur, daß die Anzeige so groß war. Die war teuer, dachte er. Er sagte aber nichts. Kilian holte Papier und einen Bleistift. Sie besprachen den Text. Mit ungeübter Schrift schrieb Kilian Wort für Wort auf das Papier. Dabei zitterte seine Hand leicht. Das Ganze hatte ihn sehr mitgenommen.

      Es war schon Mitternacht, als Kilian den Pfarrer verabschiedete.

      Am nächsten Tag wunderten sich die Waldkogler, daß die Haushälterin des Pfarrers nicht in der Messe war.

      »Die kümmert sich in meinem Namen um einige unschuldige Schäfchen, die der böse Wolf bedroht«, antwortete der Pfarrer auf Nachfragen.

      *

      Auf die Chiffreanzeige waren viele Briefe eingegangen. Praktikantinnen kosteten nicht viel und waren selten. Wer wollte schon auf einem Hof oder einer Alm arbeiten? Es amüsierte Barbara Glarner, die vielen Briefe zu lesen. Endlich, in der vierten Sendung, war auch der Brief von Kilian Dössegger dabei.

      »Na endlich! Es hat also geklappt! Der Fisch hängt an der Angel«, sagte sie laut und freute sich.

      Sie unterrichtete sofort Ruppert Schwarzer davon.

      »Dann kann es ja losgehen! Wann wirst du hinfahren, Barbara?«

      »Ich habe schon kurz mit Herrn Dössegger telefoniert. Zuerst war wohl eines der Kinder am Telefon. Dann sprach ich mit ihm. Ich will heute noch hinfahren.«

      »Fein! Dann kann ich nur Erfolg wünschen!«

      Ruppert Schwarzer sah sich schon am Ziel seiner Wünsche.

      *

      Barbara Glarner hatte sich auf ihre Aufgabe gut vorbereitet. Sie war eine moderne junge Frau, die elegante und auffällige Kleidung liebte und sich auch immer auffallend, aber gekonnt schminkte. Für ihr Vorhaben hatte sie sich in einem Laden für gebrauchte Kleidung versorgt. Die Hosen, Blusen, Röcke, Jacken und Schuhe sahen alle nicht mehr so neu aus und entsprachen auch nicht der allerneuesten Mode. Einen alten Koffer hatte sie auch erstanden. Sie kam sich ohne Schminke im Gesicht und ohne lackierte Fingernägel fremd vor, wenn sie in den Spiegel schaute. Ihr langes hellblondes Haar trug sie nicht mehr offen, sondern steckte es am Hinterkopf auf. Sie legte auch allen Schmuck ab.

      »Dann wünsche ich dir viel Erfolg«, sagte Barbara zu ihrem Spiegelbild, bevor sie ihre Wohnung in der Dunkelheit verließ.

      Sie fuhr nicht mit ihrem Auto. Sie hatte eine Freundin gebeten, sie nach Waldkogel zu fahren. Dieser Freundin konnte sie vertrauen, so dachte Barbara wenigstens. Sie sagte, sie habe dort in Waldkogel eine Nachforschung zu machen, deshalb sei sie so ausstaffiert. Die Freundin grinste nur, stellte aber keine weiteren Fragen.

      Am Stammtisch im Gastraum der kleinen Pension und Wirtshauses ›Beim Baumberger‹ saßen nur noch zwei Gäste. Es war schon spät, und Xaver Baumberger ging seiner allabendlichen Beschäftigung nach, den Tresen auf Hochglanz zu polieren. Seine Frau Meta hantierte in der Küche.

      »Grüß Gott«, sagte Barbara

      und ließ ihren schweren Koffer fallen.

      »Gibt es bei Ihnen noch ein Zimmer? Ich brauche nur ein Zimmer für eine Nacht.«

      Meta war aus der Küche gekommen und musterte gemeinsam mit ihrem Ehemann Xaver die junge Frau.

      »Des tut mir aber leid. Bei uns ist alles voll. Is halt Hochsaison.«

      »Schade! Im ›Ochsen‹ ist auch alles belegt. War doch keine so gute Idee, heute abend schon nach Waldkogel zu kommen«, sagte Barbara leise und schlug ihren Blick nieder.

      »Ich habe den Termin morgen früh.«

      »Mei, wo hast du denn einen Termin?«

      Geschickt gespielt, zog Barbara den Brief aus ihrer braunen Umhängetasche und zeigte auf den Absender.

      »Mei, du willst zum Kilian! Am Ende bist du des Madl, des er haben will für seine vier Kinder.«

      »Ja, er hat mir geschrieben. Ich will mich jetzt morgen bei ihm vorstellen.«

      Meta Baumberger schaute auf die Uhr.

      »Der Dösseggerbauer is bestimmt noch net im Bett. Nimm den Traktor, Xaver, und fahr des Madl über die Wiesen rüber. Dann bist gleich da. I ruf derzeit da mal an und sag, daß ihr noch kommt.«

      Xaver Baumberger nahm den schweren Koffer und ging hinaus. Barbara konnte nichts anderes tun, als ihm zu folgen.

      Kilian Dössegger und die Haushälterin des Pfarrers standen schon in der Tür, als Xaver Baumberger vorfuhr.

      »Da ist des junge Frauenzimmer, Kilian!«

      »Danke, Xaver, daß du sie gebracht hast. I komm dann mal rüber zu dir die Tage und wir reden. Grüß mir die Meta schön!«

      Durch die große offene Haustür fiel das Licht auf den Hof. Barbara blickte in der Dunkelheit des Mondlichtes kurz um sich. Die bäuerlichen Gebäude waren schon beeindruckend. Wie würden sie erst im Tageslicht aussehen? Barbara verstand, warum Ruppert Schwarzer solch großes Interesse an dem Grundbesitz hatte.

      Sie traten ein. Kilian trug den

      Koffer der jungen Frau. Er stellte

      das Gepäckstück im Treppenhaus

      ab.

      Dann gingen sie in die große Wohnküche. Barbara verschlug es fast die Sprache. Sie stand wie steif mitten in dem großen Raum und schaute sich um.

      »Dir gefällt’s hier, des sieht man auf Anhieb!« bemerkte der Bauer. »Gell, so was hast noch net gesehen, wie?«

      Barbara ließ ihren Blick über die Wände und die Decke gleiten. Alles war mit Holz vertäfelt, das im Laufe der Jahrhunderte dunkel, ja, fast schwarz geworden war, aber glänzte. Die Malereien darauf leuchteten aber, als wären sie frisch gemalt. Alles war bemalt, auch die verschnörkelten Schränke und Truhen, die Stühle und die Wandborde, auf denen Teller standen. An den kleinen Fenstern hingen handgeklöppelte Spitzengardinen. Das Muster wiederholte sich in den kleinen Deckchen, die strahlendweiß und frisch überall lagen. Es standen Blumensträuße aus frischen Gartenblumen auf dem Tisch und in den breiten Fensternischen.

      »Das ist wunderbar! So etwas habe ich noch nie gesehen. Wie alt ist das alles?«

      Kilian Dössegger strahlte vor Besitzerstolz.

      »Die Anfänge des Hofes gehen viele hundert Jahre zurück. Die Dösseggers waren wahrscheinlich die ersten Siedler hier im Tal. So wie der Hof jetzt aussah, des hab’ i meinem Urgroßvater zu verdanken. Der war auch Holzbildhauer und Lüftelmaler. Mein Vater hat auch gemalt, aber nur in seiner Freizeit. Der Hof steht unter Denkmalschutz, innen und außen. Da is es schwer, Neuerungen einbauen zu lassen. Aber darauf können wir auch gut verzichten. Der moderne Kram überlebt sich schnell. Nur die Tradition ist beständig. Jetzt setz dich her, Madl! Morgen is noch genug Zeit, daß du dir alles anschauen kannst.«

      Noch immer stumm vor Staunen ließ sich Barbara auf der Eckbank nieder. Die Polsterung bestand aus dicken Kissen aus weißem Leinen mit Kreuzstickerei.

      Die Haushälterin des Pfarrers brühte einen Kräutertee auf und goß dem Bauern, Barbara und sich selbst eine Tasse ein.

      »So, du willst also aufs Land?« fragte sie und musterte die junge Frau.

      Barbara war jetzt doch aufgeregt. Sie holte aus ihrer Handtasche einige Briefbogen hervor und reichte sie Kilian Dössegger.

      »Da sind meine Zeugnisse und mein Lebenslauf!«

      Er las und gab sie an die Haushälterin weiter.

      »So, du bist also Verkäuferin. Dann hast du in einem Büro gearbeitet.«

      »Ja. Aber mit dem ganzen Computerzeug, das hat mir nicht gefallen. Ich liebe die Natur und fühlte mich im Büro immer so eingesperrt.


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