Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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natürlich«, antwortete Ilona Gruber. »Ich mag sie doch sehr.«

      Wie mein eigenes Kind – hätte sie beinahe gesagt, doch dieser Satz schien ihr unpassend. Zumindest jetzt noch.

      *

      Conny Beerlach stand ungeduldig in der Einfahrt zum Reiterhof und wartete auf Rob. In ihrer Hosentasche steckte das Kettchen mit der Widmung. Das Madel war sich unschlüssig, ob es die Sprache darauf bringen sollte und – ob sie wirklich mit dem Freund Schluß machen würde.

      Sie hatte ihn nicht nur gerne, nein, sie liebte ihn wirklich, und immer, wenn sie nicht zusammensein konnten, träumte sie von einer gemeinsamen Zukunft. Wenn sie ihre Ausbildung zur Pferdewirtin abgeschlossen hatte, standen ihr viele Möglichkeiten offen. Rob, der in St. Johann als Automechaniker arbeitete, würde

      überall eine Arbeitsstelle finden.

      Doch die Frage einer gemeinsamen Zukunft stellte sich, im Moment zumindest, nicht.

      Endlich kam er. Conny hörte schon von weitem sein Motorrad. Wenig später fuhr er die Straße zum Reiterhof hinauf.

      »Hallo, mein Schatz«, sagte er und wollte ihr einen Kuß geben, nachdem er seine Maschine abgestellt und aufgebockt hatte.

      Das Madel zog seinen Kopf zur Seite, so daß Robs Mund nur die Wange streifte.

      »Was ist los?« fragte er ahnungslos.

      Conny nahm den zweiten Helm, der hinten auf dem Motorrad geklemmt war und setzte ihn auf.

      »Laß uns irgendwohin fahren, wo wir ungestört sind«, sagte sie. »Ich muß mit dir reden.«

      »Dein Wunsch ist mir Befehl«, antwortete er.

      Es sollte heiter klingen, doch irgendwie gelang es ihm nicht so recht. Was mag sie nur haben, dachte er, als er die Maschine wieder anwarf. War etwas mit Fender?

      Sie fuhren bis unterhalb des Höllenbruchs. Von dort aus ging es nur noch zu Fuß weiter.

      »Laß uns bis zur Hütte gehen«, schlug Robert Wilke vor. »Unterwegs können wir über alles reden.«

      Sie hatten sich seit dem gestrigen Abend noch nicht gesehen, und Rob hatte sich darauf gefreut, Conny zu treffen. Doch ihr sonderbares Verhalten trübte diese Freude.

      Das Madel nickte und hakte sich bei ihm ein. Dann wanderten sie den Weg entlang.

      Es war früher Nachmittag, und es war kaum etwas los. Die Urlaubssaison neigte sich ihrem Ende entgegen, und die meisten Touristen waren wohl schon wieder zu Hause. Nur ab und an begegneten ihnen ein paar Wanderer, als sie den schmalen Pfad zur Hohen Riest hinaufstiegen.

      Nach einer Stunde hatten sie es geschafft. Unter ihnen reichte der Blick vom Zwillingsgipfel auf der anderen Seite bis hinüber zum Ainringer Forst. Rob setzte sich auf einen kleinen Felsbrocken und schaute Conny neugierig

      an.

      »Also, was ist los?« fragte er.

      Das Madel zog wortlos das Kettchen aus der Hosentasche und ließ es vor seinem Gesicht baumeln. Rob sah zuerst das Schmuckstück verständnislos an, dann, als er es erkannte, rötete sich sein Gesicht.

      »Wo… woher hast du das?« fragte er mit belegter Stimme, die deutlich machte, wie unangenehm es war, mit dem Kettchen konfrontiert zu werden.

      Conny erzählte es ihn. Auch, daß es der zweite Überfall war, und von dem Anschlag auf Fender.

      Robert Wilke war bestürzt.

      »Dieses Biest«, zischte er.

      »Wer ist sie?« wollte Conny Beerlach wissen.

      Rob zog hörbar die Luft durch die Nase ein, bevor er antwortete.

      »Marlis Angerer.«

      Rob legte seine Hände auf ihre Schulter und sah sie eindringlich an.

      »Bitte, Conny, du mußt mir glauben, es ist schon lang’ vorbei«, sagte er beschwörend. »Mein Gott, warum hast’ net gleich was gesagt, als das erste Mal was passiert ist?«

      »Das ist doch jetzt auch egal«, antwortete sie. »Und ich will dir auch gern glauben, daß es vorbei ist. Für dich. Für diese Marlis scheint’s noch lang’ net vorbei zu sein.«

      *

      Rob nahm sie in die Arme.

      »Bitte, du mußt mir glauben, da ist nix mehr zwischen ihr und mir«, beteuerte er. »Ich hab’ die Marlis schon seit Wochen net mehr gesehen. Weißt’, anfangs hab’ ich geglaubt, sie wäre die ideale Frau für mich. Wir hatten wirklich eine schöne Zeit. Aber dann kam ich dahinter, wie berechnend und oberflächlich sie ist. Dieses Armband hab’ ich ihr zu ihrem neunzehnten Geburtstag geschenkt. Damals, da war noch alles in Ordnung zwischen ihr und mir. Ich hab’ dann für ein paar Wochen zu einem Lehrgang fahren müssen. Als ich zurückkam, erfuhr ich, daß sie sich über meine Abwesenheit hinweggetröstet hatte. Mit Tobias Terzing, dem Sohn vom Bäckermeister.

      Ich hab’ Marlis zur Rede gestellt, und sie hat alles abgestritten. Als ich ihr dann aber die Namen sagte von den Leuten, die sie und Tobias gesehen hatten, mußte sie es doch zugeben. Naja, sie beschwor mich unter Tränen, bei ihr zu bleiben, das mit dem anderen sei nichts Ernstes gewesen. Doch ich wußte, was ich vielleicht schon immer geahnt hatte, aber nie wahrhaben wollt’. Mit ihr wär’ ich nie und nimmer glücklich geworden.« Er schaute sie bittend an. »Glaubst du mir?«

      Conny spürte, wie ihr eine Zentnerlast vom Herzen fiel. Sie nickte glücklich und ließ es geschehen, daß Rob sie noch enger an sich zog und leidenschaftlich küßte.

      »Sie scheint dich aber immer noch zu lieben«, sagte sie. »Wie sonst ist ihr Handeln zu erklären?«

      »Wahrscheinlich hast du recht. Wenn ich mich noch an die Szene an jenem Abend erinnere, an dem ich mit ihr Schluß gemacht habe – eigentlich war es nur noch quälend und peinlich. Für mich genauso wie für sie. Ich hatte gehofft, sie würd’ sich damit abgefunden haben. Leider scheint es net so zu sein. Was wollen wir jetzt machen? Willst’ sie zur Rede stellen? Sie darf ja net ungeschoren davonkommen.«

      Conny Beerlach stand auf.

      »Komm, laß uns nach Engelsbach rüberfahren«, schlug sie vor. »Ich hätt’ Lust auf ein Eis bei Gino.«

      Damit meinte sie den Italiener, der in Engelsbach eine Eisdiele betrieb. Seine original italienischen Spezialitäten waren weit über das Dorf hinaus bekannt, und sein Lokal zum beliebten Treffpunkt junger Leute geworden.

      »Da könnten wir aber auch auf Marlis treffen«, gab Rob Wilke zu bedenken.

      »Eben d’rum«, antwortete das Madel und zog ihn zu sich heran.

      Unterwegs erzählte sie ihm, was sie sich ausgedacht hatte.

      *

      In dem parkähnlichen Garten der Villa hatte Nikki in der hintersten Ecke ein Versteck, in das sie sich immer dann zurückzog, wenn etwas ihr kleines Herz bedrückte. Hubert Karber, Ernas Mann und Gärtner, hatte ihr aus Brettern eine Hütte gebaut, sehr klein, daß gerade mal Platz war für das Madel und ein paar Spielsachen.

      Nikki hatte sich dort hineingeflüchtet, nachdem ihr der Papa beim Frühstück gestanden

      hatte, daß aus dem gemeinsamen Ausflug nichts werden würde. Mit Tränen in den Augen hatte sie sich hingesetzt und geschmollt.

      Immer dasselbe, hatte sie dabei gedacht, da freut man sich auf etwas, und dann kommt wieder was dazwischen.

      Neben der Kleinen stand ein kleines Zigarrenkistchen, in dem Nikki ihre ganz besonderen Schätze aufbewahrte: eine große, bunte Murmel, einen kleinen silbernen Elefanten, den der Papi ihr aus Indien mitgebracht hatte, und als Allerwertvollstes: eine Fotografie ihrer Mama.

      Es war schon ein paar Jahre her, daß Oliver Behringer seiner Tochter erzählt hatte, daß die Mutter bei Nikkis Geburt gestorben war. Die Bilder waren die einzige Erinnerung. Nikki nahm das Foto, welches der


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