Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Nikki leise.

      Sie wußte, daß die Mama im Himmel sie sah und auf sie aufpaßte, auch wenn Nikki sie nicht sehen konnte. Ihr Vater hatte es ja gesagt.

      »Ich weiß ja, daß der Papi so schrecklich viel arbeiten muß, aber trotzdem ist es schad’. Ach, ich wünsch’ mir so sehr eine neue Mutti, die immer für mich da ist.«

      Sie gab der Fotografie einen Kuß.

      »Natürlich würd’ ich dich dann auch noch liebhaben, wenn der Papi eine neue Frau heiratet«, beteuerte sie. »Aber bloß net die Ilona. Weißt du, Mami, so eine wie die Sandra – du weißt schon, bei der ich den Kirschkuchen stibitzt hab’, also, die tät mir schon gefallen. Aber der Papi kennt sie ja net, und wie soll er sie auch kennenlernen, wenn er immer unterwegs ist?«

      Sorgfältig legte sie das Foto in die Zigarrenkiste zurück und versteckte sie unter allerlei Krimskrams. Sie hoffte, daß der Sonntag bald vorüber war. In der Woche war sie in der Schule, und nachmittags stromerte sie umher. Aber am Sonntag war’s nur langweilig – besonders wenn sie den Tag mit Ilona verbringen mußte.

      Zum Mittagessen gab es Rindsrouladen mit Bohnen. Eigentlich mochte Nikki Rouladen sehr gern, aber heut’ wollten sie ihr gar nicht schmecken. Den Vorschlag der Kinderfrau, ein wenig zu spielen oder mit dem Auto hinauszufahren, lehnte Nikki rundweg ab. Weder mit Kuchen noch mit Eis war sie zu locken.

      »Ja, was willst du denn?« fragte Ilona Gruber, sichtlich verärgert. »Man kann dir aber auch gar nichts recht machen.«

      »Ich will nur mei’ Ruh’«, antwortete das Kind und verkroch sich in sein Zimmer.

      Kopfschüttelnd nahm Ilona im Wohnzimmer Platz. Diese verzogene Göre kostete sie noch den letzten Nerv. Kein Wunder, daß sie sich so aufführte, ließ ihr Vater ihr doch alles durchgehen. Aber das würde sich schon noch ändern!

      *

      »Na, das schaut doch prächtig aus.«

      Dr. Hardlinger nickte zufrieden und strich dem Hengst über den Hals.

      »Die Magenverstimmung hat er überstanden, und die Entzündung ist deutlich zurückgegangen«, sagte er. »Das hat er dir zu verdanken, Conny. Du hast ihn wirklich sehr gut gepflegt.«

      Das Madel lächelte stolz.

      »Die unbekannte Attentäterin hat sich aber net wieder sehen lassen?« erkundigte der Tierarzt sich.

      »Nein«, entgegnete Conny. »Wir halten aber trotzdem weiter jede Nacht Wache. Der Herr Trenker hat die Schachtel untersuchen lassen, aber die Täterin hat wohl Handschuhe getragen.«

      »Ich weiß net, auf was für Ideen die Leut’ manchmal kommen«, schüttelte der Arzt den Kopf. »Wer mag wohl dahinterstecken?«

      Conny Beerlach wußte es inzwischen, aber sie schwieg. Seit sie mit Rob darüber gesprochen hatte, fieberte sie dem Moment entgegen, in dem Marlis Angerer ihr gegenüberstand – nachts allein im Stall und vermummt…

      Der Tierarzt verabschiedete sich, und das Madel führte den Hengst hinaus auf die Koppel. Dort durfte er für ein Weilchen herumlaufen, und vielleicht würde sie später noch ausreiten.

      Das Madel erinnerte sich noch gut, wie sie und Rob auf Marlis getroffen waren. In der Eisdiele hatte wie immer Hochbetrieb geherrscht. Marlis Angerer saß zusammen mit anderen Freunden an einem der Tische. Der Blick, mit dem sie Conny bedachte, sprach Bände. Die angehende Pferdewirtin tat, als bemerke sie ihn überhaupt nicht, aber sie war erschrocken über den Haß, der in diesem Blick lag. Am liebsten wäre sie sofort hinübergegangen und hätte Marlis zur Rede gestellt. Doch sie riß sich zusammen. Eine Anschuldigung in dem Lokal hätte wahrscheinlich nichts gebracht, und für das zerrissene Kettchen hätte Marlis Angerer bestimmt eine Ausrede gefunden.

      Nein, das mußte anders angefangen werden. Conny hatte sich einen Plan zurechtgelegt, und dazu gehörte, daß Marlis sie und Rob recht oft zusammen sah. Sie sollte ruhig wissen, daß Conny sich durch die beiden Überfälle und den heimtückischen Anschlag auf Fender nicht einschüchtern ließ. Und sie sollte dazu verleitet werden, erneut heimlich auf den Reiterhof zu kommen.

      Conny würde bereit sein. Sie hoffte, daß Marlis nicht zu lange warten würde, um ihre Drohung wahrzumachen. Denn dann würde sie Conny kennenlernen.

      *

      Das sonntägliche Mittagessen stand im Pfarrhaus auf dem Tisch. Dort wurde immer etwas später gegessen, weil Sophie Tappert natürlich erst die Messe besuchte. Zwar hatte sie schon am Morgen alles soweit vorbereitet, trotzdem war es meistens schon nach ein Uhr, wenn Sebastian und sein Bruder sich zu Tisch setzten.

      Pfarrer Trenker hatte ein untrügliches Gespür dafür, wenn den Max etwas beschäftigte. Meistens rückte der Gendarm von selber mit der Sprache heraus, doch manchmal mußte man ihm jedes einzelne Wort förmlich abringen. So auch heute. Maximilian Trenker saß nachdenklich am Tisch und spielte dabei mit dem Suppenlöffel. Sophie hatte als Vorsuppe eine herrliche Hühnerbouillion gekocht, in der neben Eierstich und kleinen Geflügelklößchen auch Spargelspitzen und frisch ausgepahlte Erbsen schwammen. Die Suppe stand in einer weißen Porzellanterrine auf dem Tisch, und jeder nahm sich davon, soviel er wollte.

      »Nun, Max, was ist los? Dich beschäftigt doch irgendwas«, stellte der Geistliche fest.

      Der Polizeibeamte nickte.

      »Ich hab’ gerade darüber nachgedacht, was ich dir neulich erzählt hab’, daß die Kriminalitätsrate rückläufig ist«, antwortete er. »Ich war ziemlich stolz darauf, und nun so etwas!«

      »Du meinst den geheimnisvollen Anschlag auf das Pferd vom Vilsharder?«

      »Ja. Wer tut nur so etwas? Ich mein’, ein Tier kann doch nix dafür, wenn es Streit zwischen den Menschen gibt. Warum muß es denn darunter leiden?«

      »Eine gute Frage. Hat denn die Untersuchung der Pralinenschachtel etwas ergeben?«

      »Leider net. Die unbekannte Frau – wir gehen davon aus, daß es sich um eine Frau handelt – wird wohl Handschuh’ getragen haben.«

      »Bitt’schön, nehmen S’ doch von der Suppe«, warf die Haushälterin ein. »Sie wird ja ganz kalt.«

      Sebastian füllte den Teller seines Bruders und bediente sich dann selbst.

      »Und die Conny hat keine Vermutung, um wen es sich bei der Frau handeln könnte?« fragte er Max.

      Der schüttelte den Kopf.

      »Jedenfalls behauptet sie,

      weder die Stimme erkannt zu haben noch einen Grund zu wissen, warum man sie überfallen hat.«

      »Ja, aber irgend etwas muß sie doch erzählt haben«, wandte Pfarrer Trenker ein. »Nur, daß sie überfallen wurde von einer Person, die der Stimme nach eine Frau sein muß – also, ich find’ das ein bissel dürftig.«

      »Und genau das ist mein Problem, über das ich nachdenke, seit ich von der Geschichte weiß. Sie muß mehr wissen.«

      »Na, da haben wir beide ja ein Problem«, gab Sebastian zu. »Du das mit der unbekannten Attentäterin, und mir geht das Kind net aus dem Sinn.«

      Die Haushälterin hatte inzwischen die Suppenteller und Terrine abgeräumt. Als Hauptgang gab es eine gefüllte Kalbsbrust mit Gemüse und einer samtigen Rahmsauce. Max’ trübe Gedanken wurden für eine Weile verscheucht, als er die appetitlich angerichtete Fleischplatte sah.

      »Ja, die kleine Nikki – ich muß auch immerzu an sie denken«, sagte Sophie Tappert.

      Dieser Satz zeigte, wieviel ihr das Madel bedeutete. Von Natur aus war die Haushälterin eher schweigsam, doch wenn sie einmal etwas sagte, dann steckte auch etwas dahinter. So wie jetzt die Sympathie für das Kind.

      »Der Fall ist genauso merkwürdig und geheimnisvoll«, bemerkte der Polizeibeamte. »Ich hab’ noch einmal bei den Kollegen nachgefragt. Eine solche Vermißtenanzeige ist auch heut’ net bei ihnen eingegangen.«

      »Es ist wirklich


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