Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Читать онлайн книгу.

Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
hatte, das dann so plötzlich wieder verschwunden war. Schon bei der Beschreibung des Kindes wurde Pfarrer Trenker hellhörig. Als er schließlich den Namen hörte, mußte er laut lachen. Sandra sah ihn verständnislos an.

      »Entschuldigen S’, Frau Hofmayr, das Lachen galt natürlich net Ihnen«, erklärte Sebastian. »Es ist nur so, daß ich eine ganz ähnliche Geschichte erlebt hab’.«

      »Was? Wie meinen Sie das, Hochwürden, eine ähnliche Geschichte?«

      »Liebe Frau Hofmayr, Sie werden’s net glauben, aber ich kenn’ die Nikki wirklich.«

      Jetzt war Sebastian an der Reihe zu erzählen. Sandra sah ihn sprachlos an und schüttelte immer wieder den Kopf.

      »Was soll man denn davon halten?« fragte sie schließlich.

      Pfarrer Trenker hob die Arme.

      »Bitte fragen S’ mich net. Ich weiß wirklich net, was dahintersteckt. Jedenfalls hat mein Bruder zweimal bei den Kollegen nachgefragt. Ein Kind, das Nikki heißt und auf das die Beschreibung paßt, wird jedenfalls nirgendwo vermißt.«

      »Schade«, sagte Sandra. »Wirklich schade.«

      Der Geistliche sah den traurigen Zug in ihrem Gesicht.

      »Sie haben die Kleine wohl liebgewonnen, net wahr?«

      »Sehr«, nickte die Frau. »Ich hatte sogar schon mit dem Gedanken gespielt, sie zu mir zu nehmen, weil ich ja zunächst geglaubt habe, daß sie in einem Waisenhaus lebt.«

      Sie erhob sich und reichte dem Pfarrer die Hand.

      »Aber da kann man wohl nichts machen. Vielen Dank, Hochwürden, daß Sie sich die Zeit genommen habe.«

      »Aber ich bitt’ Sie, Frau Hofmayr, dazu bin ich doch da. Ich hätt’ Ihnen wirklich gern weitergeholfen. Meiner Haushälterin und mir ist das Schicksal der Kleinen auch nahegegangen, und bei Ihnen wär’ sie bestimmt in guten Händen gewesen.«

      Sebastian begleitete die Frau vor die Tür.

      »Aber wer weiß«, meinte er zum Abschied, »vielleicht begegnet Nikki Behringer uns noch einmal und es klärt sich alles auf.«

      *

      Es war fürchterlich heiß im Stall und es roch unangenehm. Marlis schwitzte, und ständig surrten Fliegen um sie herum. Trotzdem schwang sie tapfer die Forke, warf das alte Stroh auf eine Karre, die sie nach draußen fuhr und auf dem Mistberg entlud. Anschließend brachte sie frisches Stroh in den Stall und verteilte es in den Boxen.

      »Ich beeil’ mich ja«, murmelte sie und warf einen scheuen Blick auf Conny.

      Die angehende Pferdewirtin wandte sich um und verließ den Stall. Marlis Angerer setzte die Forke ab und stützte sich darauf. Sie schluchzte und konnte nicht verhindern, daß dicke Tränen über ihr Gesicht huschten. Erst als sie ein Geräusch hinter sich hörte, riß sie sich zusammen und arbeitete weiter.

      Florian Vilsharder kam aus der hinteren Kammer. Er nickte Marlis zu.

      »Na, geht’s voran?« fragte er.

      Das Madel nickte tapfer.

      »Das hast schon ganz toll gemacht«, zeigte er anerkennend auf ihre Arbeit. »Aber zwischendurch mußt’ auch mal a’ Pause machen.«

      Pause? Marlis wußte nicht, wann sie zuletzt eine gemacht hatte.

      »Das geht net. Ich muß ja noch die Pferde striegeln«, sagte sie.

      »Schon, aber das hat doch noch Zeit. Wenn du hier fertig bist,

      gehst ins Angestelltenhaus rüber und ruhst dich ein bissel aus.«

      Er sah das Madel fragend an, als er das ratlose Gesicht bemerkte, das Marlis zeigte.

      »Ist was?«

      Sie druckste herum.

      »Nun komm, Marlis, heraus mit der Sprache«, forderte Florian sie auf.

      »Es… es ist so – die Conny hat gesagt, ich müsse mich beeilen. Aber wenn ich jetzt Pause mach’…«

      »Du meinst, Conny hätt’ was dagegen?«

      Florian Vilsharder schüttelte den Kopf.

      »Also, zunächst einmal, die Pause hab’ ich angeordnet, und zum zweiten werd’ ich wohl mal mit der Conny reden müssen. Ich hab’ schon lang’ gemerkt, daß sie dich hier herumkommandiert, und ein bissel kann ich’s ja auch verstehen. Aber was immer das gewesen ist, es berechtigt sie noch lange net, dich wie eine Sklavin zu behandeln. Also tu, was ich dir gesagt hab’.«

      Marlis nickte dankbar und verteilte das letzte Stroh in der Box.

      Florian hatte den Stall verlassen und ging hinüber zu der Koppel, in der Conny Beerlach mit Fender arbeitete. Er beobachtete sie eine ganze Weile, und was er sah, begeisterte ihn. Das Madel hatte ein natürliches Geschick im Umgang mit Pferden und es machte Freude, dabei zuzusehen. Aber Florian wußte auch, daß er ein ernsthaftes Wort mit Conny reden mußte. So, wie sie Marlis behandelte, ging es wirklich nicht. Er konnte seinen Lehrling verstehen. Was Marlis sich geleistet hatte, grenzte an den Rand eines Verbrechens, aber sie hatte ihr Handeln bitter bereut und sich bereit gezeigt, dafür zu büßen. Das mußte ihr zugute gehalten werden.

      In der Nacht, als Florian und Conny sie im Stall gestellt hatten, erfuhren Michael Vilsharder und sein Sohn die ganze Wahrheit. Sie wußten, daß Rob der Grund für Marlis’ Anschläge war. Sie hatte Conny eine ganze Weile beobachtet und an dem liebevollen Umgang, den das Madel dem Hengst gegenüber zeigte, gemerkt, wieviel das Tier Conny bedeutete. Marlis hatte sich überlegt, die Rivalin am meisten einschüchtern zu können, wenn sie dafür sorgte, daß es Fender schlecht ging.

      »Ich war ja so dumm«, sagte sie unter Tränen. »Und es tut mir unendlich leid, daß ich dem armen Tier die Pralinen gegeben hab’. Wenn ich’s nur wieder gutmachen könnt’.«

      »Das kannst du«, hatte Michael Vilsharder geantwortet.

      Sie hatten sich in der Sattelkammer versammelt und führten ein langes Gespräch. Der Schaden, den Marlis angerichtet hatte, war relativ gering, dennoch sollte sie ihn ersetzen. Das Madel machte eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin in der Kreisstadt. Marlis erklärte sich bereit, ihren Urlaub sofort zu nehmen und unentgeltlich, nur gegen Kost und Logis, auf dem Reiterhof zu arbeiten. Immerhin waren es drei Wochen, in denen eine zusätzliche Hilfskraft vorhanden war.

      Im Gegenzug versprach der Besitzer des Reiterhofes, daß außer ihm, seinem Sohn und Conny Beerlach kein Mensch etwas von dem erfahren würde, was vorgefallen war. Für alle anderen, die auf dem Hof wohnten und arbeiteten, war Marlis Angerer ein junges Madel, das seinen Urlaub damit verbrachte, sich ein wenig Geld zu verdienen.

      *

      Nach einer knappen Woche hatte sich das Verhältnis zwischen Conny und Marlis nicht wesentlich gebessert. Wann immer es möglich war, versuchten sie sich aus dem Weg zu gehen. Leider war das nicht immer möglich. Conny suchte gewiß nicht den direkten Kontakt, aber sie mußte die Anweisungen, die sie von Florian bekam, weitergeben. Ansonsten behandelte sie Marlis wie Luft.

      Das Madel hatte gerade die Futtertröge gereinigt, als Conny in den Pferdestall kam. Marlis faßte sich ein Herz.

      »Kann ich dich mal sprechen?« fragte sie.

      Conny sah sie finster an.

      »Was gibt’s?« fragte sie kurz angebunden.

      »Conny… ich, also… ich wollt’ dir sagen, daß es mir leid tut, was ich getan hab’. Ich wollt’ mich dafür bei dir persönlich entschuldigen.«

      »Und du glaubst, damit wär’ die Sach’ erledigt?« brauste Conny auf. »Nein, so einfach geht’s net. Du hast dich net nur an mir rächen wollen, du hast dich an Fender vergriffen. Wenn’s nach mir gegangen wär’, dann hätt’ man dich vor Gericht gestellt. Und jetzt laß mir mei’ Ruh’. Ich hab’ Besseres zu tun, als meine Zeit mit dir zu vertrödeln.«

      Sie


Скачать книгу