Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Читать онлайн книгу.

Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
sich eine ganze Anzahl anderer Leute in das Café, das zu einem Bäckergeschäft gehörte.

      »Oje«, sagte Nikkis Vater, der seine Tochter an der Hand hielt, damit sie im Gewühl nicht verloren ging. »Wenn wir Pech haben, gibt’s für uns keinen Platz mehr.«

      Die Menschen drängten und schoben sich. Tische und Stühle wurden gerückt und Plätze freigemacht oder getauscht.

      »Da hinten in der Ecke.«

      Oliver deutete auf einen Tisch, an dem zwei ältere Damen saßen. Dort waren noch zwei Stühle unbesetzt. Er ging auf den Tisch zu, gefolgt von Nikki.

      »Sind die Plätze noch frei?« fragte er.

      Die beiden Damen nickten.

      »Aber ja«, sagte eine von ihnen. »Setzen Sie sich ruhig.«

      Oliver Behringer deutete eine Verbeugung an.

      »Vielen Dank. Komm, Nikki!«

      Sophie Tappert horchte auf. Nikki? Sie hatte das Kind nicht sehen können, weil es hinter dem Mann stand, jetzt weiteten sich ihre Augen, als sie die Kleine erkannte. Das Madel war auf einen der Stühle geklettert. Es hatte noch gar nicht bemerkt, wer da noch am Tisch saß. Erst als Sophie sie ansprach, riß sie die Augen auf.

      »Grüß Gott, Nikki. Schön, daß ich dich endlich einmal wiedersehe.«

      Oliver hatte sich ebenfalls gesetzt. Er sah die unbekannte Frau befremdet an.

      »Sie kennen meine Tochter?«

      Jetzt war es Sebastians Haushälterin, die staunte.

      »Nikki ist Ihre Tochter?«

      Der Ton in der Stimme der Frau ließ ihn aufhorchen.

      »Ja. Was erstaunt Sie so daran?«

      »Entschuldigen S’, aber ich dachte… Sie wären tot…«

      Oliver Behringer sah von der Frau zu seiner Tochter und wieder zurück.

      »Nun, wie Sie sehen, bin ich höchst lebendig. Wollen S’ mir net sagen, was es zu bedeuten hat, daß Sie vermuten, ich sei tot?«

      Sophie Tapperts Gesicht hatte sich leicht gerötet. Hertha Breitlanger schaute verständnislos, und Nikki war auf ihrem Stuhl immer weiter nach unten gerutscht. Die Haushälterin erzählte, wie sie Nikki kennengelernt hatte. Oliver glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Er schaute seine Tochter an und schüttelte den Kopf.

      »Also, an der Geschichte stimmt nur, daß sie wirklich Behringer mit Nachnamen heißt«, sagte er schließlich. »Ich bin Oliver Behringer.«

      Er winkte nach der Kellnerin und bestellte einen Enzian.

      »Eigentlich hättest du kein Eis mehr verdient«, wandte er sich an seine Tochter. »Aber nun such’ dir schnell einen Becher aus.«

      Der Kaufmann konnte immer noch nicht glauben, was er da gehört hatte.

      »Was hast du dir nur dabei gedacht?« fragte er, nachdem die Bestellung aufgenommen war.

      Nikki machte ein betretenes Gesicht.

      »Wenn ich doch immer so allein war«, beschwerte sie sich.

      Oliver ahnte es. Er wußte ja von den Schwierigkeiten, die das Madel mit Ilona Gruber hatte.

      »Sie müssen das verstehen«, sagte er zu Sophie. »Meine Frau starb bei Nikkis Geburt. Da ich beruflich sehr eingespannt bin, war ich immer gezwungen, meine Tochter von Kinderfrauen betreuen zu lassen. Natürlich konnten sie eine Mutter nie ersetzen. Nikki muß sich wirklich sehr einsam fühlen. Ich kann mir die Sache nur so erklären, daß sie in ihrer Einsamkeit die Nähe von Menschen suchte, die ihr etwas Geborgenheit geben konnten. Etwas Glück, das sie sich borgte. Ich mache mir Vorwürfe, daß ich es selber nicht bemerkt habe.«

      Sie sprachen eine ganze Weile darüber, aber eine wirkliche Lösung wollte ihnen nicht einfallen. Vielleicht wäre es ganz gut, einmal mit dem Pfarrer zu reden, meinte dessen Haushälterin.

      »Ich würde mich über ein Gespräch sehr freuen«, sagte Oliver zum Abschied. »Richten Sie Pfarrer Trenker doch bitte Grüße aus.«

      Sophie versprach es und strich Nikki über den Kopf. Die Kleine hatte die ganze Zeit stumm auf ihrem Platz gesessen und den Erwachsenen gelauscht. Nun, beim Abschied, bedeutete sie der Haushälterin, sich zu ihr hinabzubeugen. Sie legte ihre Ärmchen um Sophies Hals.

      »Die Ilona mag ich net«, flüsterte sie ihr ins Ohr. »Aber die Sandra, die tät mir schon gefallen.«

      *

      »Die Sandra also«, sinnierte Sebastian Trenker, nachdem Sophie Tappert ihm die Geschichte beim Abendessen erzählte. »Und die Frau ist in die Kleine ganz vernarrt…«

      Er sah Max und Sophie schmunzelnd an.

      »Da ist man doch geradezu gezwungen, dem Schicksal ein bissel auf die Sprünge zu helfen«, meinte er.

      Die beiden schauten ihn verständnislos an.

      »Ich denk’, ich werd’ gleich morgen nach Waldeck fahren und Herrn Behringer und Tochter einen Besuch abstatten.«

      Gleich am nächsten Morgen rief er Oliver Behringer in dessen Firma an und verabredete einen Termin für den Nachmittag. Einem anderen wäre es schwergefallen, so etwas innerhalb weniger Stunden zu erreichen, doch da es um seine Tochter ging, verlegte der Kaufmann eine bereits geplante Verabredung mit einem Kunden auf einen anderen Tag. Er empfing den Geistlichen in der Villa. Ilona Gruber schaute neugierig, als sie Oliver mit dem Priester alleine ließ. Nikkis Vater hatte darum gebeten, nicht gestört zu werden.

      Beinahe zwei Stunden saßen die beiden Männer zusammen und erörterten das Problem.

      »Ich hab’ eingesehen, daß es so net weitergehen kann«, erklärte Oliver. »Die Begegnung mit Ihrer Haushälterin hat mir die Augen geöffnet. Ich muß und werde mir einfach mehr Zeit für Nikki nehmen. Aus diesem Grund hab’ ich beschlossen, einem meiner Mitarbeiter, er ist ein tüchtiger Mann, Prokura zu übertragen. Dann hab’ ich ein bissel mehr Luft.«

      Pfarrer Trenker freute sich, das zu hören.

      »Schön, Herr Behringer, daß Sie sich so schnell dazu entschließen konnten.«

      Der Mann lächelte.

      »Es ist ja für meine Tochter«, sagte er mit Stolz in der Stimme. »Mag sie auch noch soviel dummes Zeug angestellt haben, ich kann ihr einfach net bös’ sein, dazu lieb’ ich sie viel zu sehr.«

      »Wissen S’ was, Herr Behringer«, sagte Sebastian im Aufstehen, »machen S’ sich und der Nikki eine Freude und kommen S’ am Sonntag zur Kirchweih nach Sankt Johann. Meine Frau Tappert würd’ sich ebenso darüber freuen wie ich.«

      »Das will ich gerne tun«, nickte Oliver. »Aber der Nikki werd’ ich noch nix verraten. Das soll eine Überraschung für sie sein.«

      *

      Ilona Gruber wußte nicht, was sie mit der neuen Situation anfangen sollte. Seit dem merkwürdigen Besuch des Geistlichen am letzten Montag war Nikkis Vater nicht mehr wiederzuerkennen. Beinahe jeden Tag kam er früher aus der Firma zurück, und Termine, von denen Ilona wußte, wie wichtig sie waren, weil ihr Chef zuvor noch mit ihr darüber gesprochen hatte, nahm jetzt offenbar jemand anderer wahr.

      Überhaupt hatte sie den Eindruck, daß Oliver sich auch ihr gegenüber distanzierter benahm, und dieser Eindruck täuschte nicht. Nikki hatte ihrem Vater gestanden, immer wieder die Nachmittage woanders, aber nie hier im Haus verbracht zu haben. Oliver war sehr ärgerlich gewesen, als er dies hörte. Weniger über seine Tochter als über Ilona Gruber, weil er feststellen mußte, wie sehr sie ihre Pflichten vernachlässigte. Für ihn stand fest, daß er sich früher oder später nach einer anderen Betreuung für Nikki umsehen mußte.

      Doch heute war kein Platz für solche Gedanken, heute war Kirchweih und Nikki freute sich narrisch, seitdem ihr Papi am Morgen von der Überraschung erzählt hatte.

      Zusammen


Скачать книгу