Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Festzelt, in dem der Bieranstich erfolgen sollte. Dies war wie in jedem Jahr die Aufgabe des Bürgermeisters von St. Johann, Markus Bruckner. Gleich neben der Tanzfläche hatte die Musi’ ihren Platz. Zahlreiche Leute drängten sich bereits in dem Zelt, aber in der vorderen Reihe waren Plätze für den Geistlichen und seine Gäste. Allerdings saß auch dort schon jemand auf der Bank.

      Sandra Hofmayr schaute ungläubig auf das Kind, als Nikki so unerwartet vor ihr stand.

      »Nikki, wo kommst du denn her?« rief sie.

      Sie sah den fremden Mann, der das Madel an der Hand hielt, dann Pfarrer Trenker, und eine leise Ahnung stieg in ihr auf, warum Hochwürden so darauf gedrängt hatte, daß sie heute herkommen müsse.

      »Es schaut so aus, als seien Sie auch von meiner Tochter hinters Licht geführt worden«, sagte Oliver Behringer, nachdem der Pfarrer ihn mit der Frau bekannt gemacht hatte. »Ich bitte Sie natürlich dafür um Entschuldigung.«

      »Aber das müssen S’ net«, antwortete Sandra lächelnd. »Die Nikki ist so ein lieber Fratz, der kann man gar net bös’ sein.«

      »Net wahr?« strahlte Oliver.

      Die Frau, die so lieb von seiner Tochter sprach, war ihm sofort sympathisch. Natürlich hatte er nichts dagegen, als Sandra Nikki zum Karussellfahren einlud. Die beiden blieben eine ganze Stunde verschwunden, und als sie wieder im Festzelt erschienen, waren sie außer Atem und freudig erregt. Oliver bot Sandra von seiner Maß an, und die junge Frau fand nichts dabei.

      »Ah, das tut gut«, sagte sie und wischte sich den Schaum von den Lippen.

      Oliver, der das sah, spürte auf einmal ein wehes Gefühl in seiner Brust. Nie wieder hatte er eine andere Frau so angesehen wie Nikkis Mutter. Nach all den Jahren liebte er sie immer noch. Doch Sandra Hofmayr schien

      sein Herz im Sturm zu erobern, und hatte er sich anfangs auch

      dagegen gewehrt, so bröckelte diese Abwehr unter Sandras strahlendem Lächeln zusammen wie eine Mauer unter stetigem Beschuß. Und Nikkis Herz hatte diese Frau ja schon längst erobert.

      »Ihr müßt mal tanzen«, forderte die Kleine.

      Sandra und Oliver sahen sich schmunzelnd an und sprangen auf. Sebastian, der die Szene beobachtet hatte, zwinkerte Nikki verschwörerisch zu, und als ob das Madel wüßte, worum es ging, zwinkerte es zurück.

      Beschwingt glitten sie über den Tanzboden, jeder Schritt saß perfekt, als hätten sie jahrelange Übung, dabei kannten sie sich doch erst ein paar Stunden. Dem ersten Tanz folgte ein zweiter und ein dritter. Dabei vergaßen sie sogar die Zeit.

      »Himmel, ist es schon spät geworden«, sagte Oliver. »Wir müssen ja längst nach Hause.«

      »Och, schade. Ich möcht’ noch bleiben«, erwiderte Nikki und sah ihren Vater bittend an.

      Der schüttelte energisch den Kopf.

      »Dann möcht’ ich aber noch die Sandra nach Hause bringen«, schlug sie vor.

      »Du weißt ja net, ob sie überhaupt schon nach Hause will.«

      Die junge Frau nahm das Madel in den Arm.

      »Doch, ich will und ich würd’ mich sehr darüber freuen, wenn du mich bis zum Haus bringst.«

      Wie eine kleine Familie gingen sie vom Festplatz fort. Sebastian, der sie einen Moment beobachtete, schickte einen stummen, dankbaren Blick zum Himmel.

      *

      »Und wann kommst du uns besuchen?« wollte Nikki wissen, als sie sich vor dem Haus verabschiedeten, das der Antiquitätenhändlerin gehörte. »Morgen?«

      Sandra schüttelte bedauernd den Kopf.

      »Das wird net gehen«, antwortete sie. »Ich arbeite die ganze Woch’ über in der Stadt und bin nur am Samstag und am Sonntag hier.«

      Nikki schaute ihren Vater an.

      »Kann sie dann net am Samstag kommen?«

      Oliver Behringer sah in Sandras Augen.

      »Wir würden uns sehr freuen«, sagte er.

      Die junge Frau spürte ihr Herz bei diesen Worten schneller pochen. Genauso war es gewesen, als sie in seinen Armen über die Tanzfläche schwebte. Sie reichte ihm die Hand.

      »Dann komm’ ich sehr gern.«

      Nikki sprang in ihre Arme und drückte sich fest an. Sandra hätte sie am liebsten gar nicht mehr losgelassen.

      »Du bist aber die ganze Woche über brav und erzählst keine Geschichten mehr, die net stimmen«, ermahnte sie die Kleine.

      »Bestimmt net«, versprach Nikki. »Jetzt kann ich mich doch die ganze Woche auf dich freuen.«

      Diese Worte hallten noch nach, als Sandra längst schlafen gegangen war. Allerdings erfolglos. Das unerwartete Wiedersehen mit dem Kind, die Bekanntschaft mit dem Vater – Sandra konnte einfach keinen Schlaf finden, und immer wieder sah sie in der Dunkelheit Oliver Behringers Gesicht. Er war ihr sofort sympathisch gewesen, und der liebevolle Umgang, den er mit seiner Tochter pflegte, hatte ihr Herz sofort für ihn eingenommen. Sie war voller Erwartung auf das Wiedersehen am nächsten Wochenende.

      *

      Ilona Gruber ahnte instinktiv, daß etwas vorging, von dem sie ausgeschlossen war. Nicht nur, daß Oliver ihr merklich kühler begegnete, auch Nikki hatte sich verändert. Allein die Tatsache, daß die Kleine brav jeden Nachmittag zu Hause verbrachte und ihre anderen Eskapaden unterließ, versetzte die Kinderfrau in Erstaunen. Aber so sehr sie auch versuchte, Nikki auszufragen, die Mühe war umsonst. Ihr gegenüber gab sie sich schweigsam wie sonst auch.

      Ilonas Erstaunen wuchs sich aus, als Oliver ihr am Freitag abend mitteilte, daß sie bereits am nächsten Tag freinehmen könne. Es war gerade so, als wolle er sie aus dem Haus haben. Mit dem untrüglichen Instinkt einer Frau, deren Liebe nicht erwidert wird, argwöhnte Ilona, daß nur eine andere Frau dahinterstecken könne.

      Zwar tat sie am Samstag morgen, als wäre alles so wie immer, aber nach dem Frühstück ging sie auf ihr Zimmer und ließ sich nicht mehr sehen. Vater und Tochter vergaßen ganz, daß sie überhaupt noch im Haus war, als Sandra Hofmayr zu Besuch kam. Auf ihrer Suche nach immer neuen Schätzen hatte die Antiquitätenhändlerin schon viele Villen gesehen, doch im Hause der Behringers blieb selbst ihr noch der Mund offen stehen. Allerdings blieb ihr nicht viel Zeit zum Staunen, denn Nikki nahm sie sofort in Beschlag.

      »Ich hab’ dir ein Geschenk mitgebracht«, sagte Sandra und reichte der Kleinen ein Päckchen, das mit einer Schleife zusammengebunden war.

      Es war ein wunderhübsches Halstuch mit niedlichen Motiven aus bekannten Märchen darauf. Nikki bedankte sich und band es sogleich um.

      »Komm, ich zeig dir mein Zimmer«, sagte das Madel.

      »Gehen S’ nur«, nickte Oliver, dem man ansah, wie sehr er sich über den Besuch freute. »Ich mach inzwischen Kaffee.«

      Der Tisch war draußen unter den Bäumen gedeckt. Ein leckerer Kirschkuchen stand darauf, den Erna Karber am Morgen auf Nikkis Wunsch hin gebacken hatte. Die Köchin hatte eigentlich einen Apfelkuchen machen wollen, doch das Madel bestand auf einen Kirschkuchen.

      Ihr Zimmer hatte Nikki am Morgen eigenhändig aufgeräumt und präsentierte es voller Stolz. Sandra lobte sie tüchtig.

      »Und das ist meine Mami«, sagte die Kleine und nahm ein gerahmtes Bild in die Hand, das auf dem Nachtkästchen stand.

      Sandra betrachtete es. Andrea Behringer war eine wunderschöne Frau gewesen, die Ähnlichkeit mit ihrer Tochter war unverkennbar.

      »Du bist deiner Mami sehr ähnlich«, sagte sie. »Eines Tages wirst du genauso hübsch aussehen wie sie hier auf dem Foto.«

      »Das meint Papi auch immer«, antwortete Nikki und zog sie mit sich. »Jetzt komm, es gibt Kaffee und eine Überraschung.«

      »Na, da bin ich aber gespannt.«


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