Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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es endlich einmal geschafft, in die Heimat zurückzukehren«, schloß Thomas seinen Bericht.

      Er schaute sie strahlend an.

      »Und gleich bei meinem ersten Ausflug treff’ ich dich.«

      »Ja, es ist schon ein seltsamer Zufall«, antwortete sie mit belegter Stimme.

      Thomas schien dieses leises Vibrieren in ihrem Tonfall aber nicht zu bemerken.

      »Aber, nun erzähl du doch mal, wie es dir in den Jahren ergangen ist«, forderte er sie auf.

      Andrea hob die Schulter und ließ sie wieder fallen. Was sollte sie schon groß erzählen? Daß sie tagaus, tagein ihre Arbeit auf dem elterlichen Hof verrichtete? Daß sie es geschafft hatte, mit der Zeit alle unliebsamen Verehrer zu vergraulen? Bis auf einen natürlich, Franz Hochanger, der sich als hartnäckiger erwies, als sie geglaubt hatte.

      Oder sollte sie ihm gar erzählen, daß sie ihn immer noch liebte, daß sie all die Jahre nur auf ihn gewartet hatte?

      Andrea Hofer war kein kleines Madel mehr, das sich Tagträumen von Märchenprinzen auf weißen Rössern hingab. Im nächsten Sommer würde sie ihren dreißigsten Geburtstag feiern, und wäre Thomas Burger gestern nicht zurückgekommen, dann hätte sie vielleicht sogar Franz’ Werben nachgegeben. Schließlich wurde sie ja nicht jünger!

      Doch von alledem sagte sie nichts.

      »Was soll ich da groß erzählen?« meinte sie, wobei sie sich bemühte, möglichst unbekümmert zu klingen. »Das Leben ist, wie es ist. Ich mach’ meine Arbeit…«

      Thomas schaute sie ungläubig an.

      »Ja aber, Madel, das kann doch net alles sein«, sagte er fassungslos. »Das Leben besteht doch net nur aus Arbeit. Gibt’s denn, außer dem Franz Hochanger, keinen anderen Mann, der sich für dich interessiert? Gut, den Franz willst net, aber ich kann net glauben, daß unter all den Burschen hier, keiner ist, der dir gefällt. Ich hab’ geglaubt, du wärst längst verheiratet.«

      So war es also, dachte sie bitter, er hat geglaubt, daß ich längst verheiratet bin. Tränen stiegen in ihr hoch, und Andrea wollte sie verstohlen abwischen, doch Thomas sah die Handbewegung und verstand, daß er etwas Unüberlegtes gesagt hatte. Er griff nach Andrea und hielt ihre Hand fest.

      »Verzeih’, das war dumm von mir«, bat er. »Willst mir net erzählen…?«

      »Doch, Thomas, das will ich«, sagte sie plötzlich und erschrak dabei über ihre eigenen Worte. »Es gibt keinen anderen Mann für mich, weil ich nur einen einzigen lieben kann. Ich wart’ seit zehn Jahren darauf, daß er zurückkehrt und sein Versprechen einlöst, das er mir damals gab, als er nach München ging, um zu studieren. Ich wart’ darauf, daß er zurückkommt und mir sagt, daß er mich immer noch so liebt, wie ich ihn liebe. Deshalb stürze ich mich in die Arbeit, und deshalb gibt es keinen anderen Mann für mich.«

      Thomas machte ein bestürztes Gesicht.

      »Aber, Andrea, ich hatte ja keine Ahnung, daß du…«

      Er war stehen geblieben und hatte sie zu sich herangezogen. Mit dem Finger wischte er eine Träne aus ihrem Auge, und dann näherten sich seine Lippen langsam ihrem Mund. Andrea zitterte, als sie zum ersten Mal, seit so vielen Jahren, wieder einen Kuß empfing.

      »Wenn ich doch nur geahnt hätt’, was du immer noch für mich empfindest«, sagte er. »Verzeih’ mir, ich bin ein Esel!«

      Andrea legte ihren Finger auf seinen Mund.

      »Da gibt’s nix zu verzeihen«, flüsterte sie. »Die Hauptsach’ ist doch, daß du endlich da bist.«

      Sie küßte ihn, wilder und leidenschaftlicher, als jemals zuvor. Thomas hielt sie eng an sich gepreßt, als wolle er sie nie wieder loslassen. Endlich gab sie ihn frei. Ihre Augen schienen ihn zu durchdringen, als sie ihm die entscheidende Frage stellte.

      »Und du?« wollte sie wissen. »Gibt es eine Frau in deinem Leben? Bist gar verheiratet?«

      Der junge Pianist schüttelte den Kopf.

      »Es gab schon ein paar, die es gern gesehen hätten, die Frau an meiner Seite zu werden«, erklärte er. »Aber – ich hab’ nie so recht gewollt.«

      Andrea schaute ihn erwartungsvoll an. Thomas erwiderte ihren Blick.

      »Ich glaub’, heut’ weiß ich, warum.«

      *

      Als die Glocke von Sankt Johann aus dem Tal heraufklang, schrak Andrea Hofer zusammen. Ein Uhr, zu Hause warteten sie mit dem Mittagessen.

      »Du lieber Himmel, ich muß heim«, sagte sie und löste sich aus Thomas’ Armen.

      »Komm’, ich bring dich.«

      Hand in Hand liefen sie hinunter. Dabei jauchzten und lachten sie wie glückliche Kinder. Und genau so fühlten sie sich auch – zurückversetzt in eine herrliche Zeit. Vor dem Feld, das an den Hof grenzte, verabschiedeten sie sich.

      »Sehen wir uns heut’ abend?« fragte Thomas hoffnungsvoll.

      »Aber natürlich«, antwortete Andrea glücklich. »Wann immer, und so oft du willst.«

      Er schaute ihr hinterher, bis sie über das Feld gegangen und im Hof verschwunden war. Dann machte er sich nachdenklich auf den Heimweg.

      Natürlich hatte er damit gerechnet, irgendwann während seines Aufenthalts in St. Johann, Andrea wiederzusehen. Daß es so schnell dazu kam, war dann doch überraschend gewesen.

      Noch überraschender aber war das Geständnis, das sie ihm gemacht hatte. Nie im Leben würde er geglaubt haben, daß das Madel ihm immer noch die Treue gehalten hätte, und beinahe schämte er sich ein wenig dafür, daß er so lange nichts hatte von sich hören lassen. Es gab schon eine Entschuldigung dafür, immerhin waren diese Jahre entscheidend für sein ganzes weiteres Leben gewesen, dennoch verspürte er ein Schuldgefühl gegenüber Andrea. Damals hatten sie sich ewig Liebe geschworen, und sie hatte diesen Schwur wirklich niemals gebrochen. Er hingegen hatte irgendwann einfach nicht mehr daran gedacht.

      Ebenso war er überrascht, daß seine eigenen Gefühle ihr gegenüber dieselben geblieben waren wie früher. Es war, als hätte er sie die ganze Zeit über tief in sich verborgen getragen. Erst heute, bei diesem Wiedersehen, tauchten sie wieder auf.

      In Gedanken verglich er das Madel mit den anderen Frauen, die sein Leben gekreuzt hatten. Viele waren darunter, bei denen ein Mann schwach werden konnte, doch Thomas war nie dieser Schwäche erlegen, nie hatte er die entscheidende Frage gestellt – ob die Frau bereit gewesen wäre, ihn zu heiraten. Wahrscheinlich hätte keine von ihnen mit nein geantwortet.

      Aber alle diese eleganten und attraktiven Frauen erblaßten vor dem Bild, daß sich ihm vor kurzer Zeit geboten hatte, als Andrea ihm gegenüberstand. Wollte er es in einem Wort zusammenfassen, dann kam ihm wirklich nur schön in den Sinn.

      Sie sah einfach nur schön aus, in dem Sonntagsdirndl, mit ihren offenen Haaren und den leuchtenden Augen.

      Thomas Burger stieß einen lauten Jauchzer aus, der seine ganze Freude und sein Glück zum Ausdruck brachte.

      »Wo bleibst’ denn?« fragte Wenzel, als er endlich in das Wohnzimmer trat.

      Alle anderen saßen um den Tisch in der Eßecke, wo am Sonntag immer gegessen wurde.

      »Entschuldigt, bitte, ich hab’ jemanden getroffen und ganz die Zeit vergessen«, sagte er, während er sich setzte.

      »Net so schlimm«, meinte Sonja mit Blick auf ihren Mann. »Der Wenzel ist auch g’rad erst aus dem Wirtshaus zurück.«

      Thomas’ Bruder duckte sich unter dem Blick aus den funkelnden Augen seiner Frau.

      Die beiden Mägde trugen das Essen auf. Zur Feier des Tages gab es das Leibgericht des Heimgekehrten.

      »Kalbsgulasch mit Semmelknödeln!« rief Thomas begeistert aus. »Und Rotkraut dazu.«

      »Hat die Anni extra für


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