Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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seinem Sessel zurück.

      »Aber, wer weiß, was die Zukunft noch bringt«, sagte er. »Eines Tages könnt’ ich mir schon vorstellen, in Sankt Johann zu leben. Ich hab’ zwar mein Haus, aber bestimmt würd’ sich hier auch was finden.«

      Sonja schaute auf die Uhr und unterdrückte ein Gähnen. Schon nach ein Uhr nachts!

      »Also, ich muß ins Bett«, stellte sie fest. »Dem Wecker ist’s egal, ob Sonntag ist, und den Viechern sowieso. Die wollen pünktlich um fünf ihr Futter haben.«

      Sie wünschte eine gute Nacht und ließ die beiden Brüder im Wohnzimmer sitzen. Der Pianist erkundigte sich, wie es sonst so in all den Jahren auf dem Hof ergangen war. Zwar hatte er ja immer wieder mit seinem Bruder telefoniert, dennoch gab es vielleicht das eine oder andere, das sich am Telefon schlecht bereden ließ.

      Zu seiner Freude hatte Wenzel jedoch keinen Grund zu klagen. Der Hof stand erfreulich gut da, war ein gesundes Unternehmen, das seinen Mann nährte, was ja in der heutigen Zeit net immer leicht war, wo so mancher Landwirtschaftsbetrieb einging. Doch auf dem Burgerhof konnte man zufrieden sein.

      »Es ist net immer leicht, aber man ist sein eigener Herr«, meinte der Bauer schließlich.

      »Das ist die Hauptsache«, sagte sein Bruder. »Daß ihr glücklich seid!«

      »Und wie schaut’s bei dir aus?« wollte Wenzel Burger wissen. »Bist’ noch net auf dem Weg in die Ehe?«

      Thomas schmunzelte. Natürlich hatte es ihm nie an Verehrerinnen gemangelt. Aber seine vielen Verpflichtungen ließen ihm keine Zeit für eine ernsthafte Verbindung.

      Wenzel blätterte in einem der Alben. Immer wieder schüttelte er den Kopf.

      »Wo ist es denn bloß«, murmelte er. »Es muß doch hier sein!«

      »Was suchst’ denn?« fragte Thomas.

      Sein Bruder grinste verschmitzt und zog ein Foto hervor.

      »Das hier«, antwortete er und legte das Bild auf den Tisch. »Erinnerst dich noch?«

      Thomas nahm es hoch und lächelte. Die Aufnahme zeigte ihn und Andrea Hofer. Merkwürdig, seit langer Zeit hatte er heute wieder einmal an sie gedacht, und jetzt wurde er auch noch mit diesem Foto konfrontiert.

      »Aber natürlich erinnere ich mich«, antwortete er. »Andrea war doch meine ganz große Liebe. Was macht sie denn so? Ist sie verheiratet, hat sie vielleicht sogar auch schon Kinder?«

      Wenzel schüttelte den Kopf.

      »Weder noch. Sie lebt immer noch zu Haus’, bei den Eltern.«

      »Was?« entfuhr es Thomas. »Aber sie ist doch nur ein Jahr jünger als ich. Findet sie denn keinen Mann?«

      »Also, Heiratskandidaten hat’s schon gegeben«, erwiderte der ältere der Burgerbrüder. »Aber die Andrea hat nie einen gewollt. Jetzt macht ihr der Franz Hochanger den Hof, heißt es. Aber der bemüht sich auch schon seit Jahr und Tag vergeblich um sie. Dabei könnt’ sie’s wirklich gut haben bei ihm. Die Altbäuerin würd’ sich schon gern’ zur Ruh’ setzen und einer Jüngeren das Zepter überlassen.«

      Er sah seinen Bruder nachdenklich an.

      »Wer weiß«, meinte er. »Vielleicht wartet sie ja immer noch auf dich…«

      »Ach geh’«, wehrte Thomas ab. »Weißt du, wie lang’ das jetzt her ist? Ich hab’ schon mindestens zehn Jahr’ nix mehr von ihr gehört oder gesehen.«

      Er winkte ab und trank den letzten Schluck aus seinem Weinglas. Unsinn, was der Wenzel da sagte, dachte er.

      »So, ich geh’ jetzt auch schlafen«, sagte er und stand auf. »Morgen, nein, heut’ früh’ um fünf, steh’ ich zusammen mit dir im Stall.«

      Wenzel lachte laut auf.

      »Hahaha, das möcht’ ich sehen«, lachte er. »Du weißt ja net einmal mehr, wie man eine Forke hält.«

      »Das werd’ ich dir schon zeigen«, versprach der Jüngere. »So fix wie du, bin ich schon lang’!«

      *

      Wenzel Burger war wirklich sprachlos, als Thomas am frühen Morgen im Stall auftauchte. Arbeitshemd und Hose hatte er sich von Sonja geben lassen, ebenso ein Paar Gummistiefel. Die Sachen waren zwar zu groß, aber die Ärmel und Hosenbeine wurden einfach umgekrempelt. Als Thomas sich dann eine Forke schnappte und loslegte, kannte auch sein Bruder kein Halten mehr.

      »Mal seh’n, wer zuerst fertig ist«, sagte er.

      Einer übernahm die linke Seite, der andere die rechte. Auf beiden Seiten standen jeweils vierzig Milchkühe. Die beiden Brüder schaufelten den Mist heraus, und füllten neues Stroh hinein. Dabei wollte jeder den anderen übertreffen. Als der Bruder nicht hinsah, warf Thomas eine Forke voll Mist auf Wenzels Seite, der rächte sich und packte den Übeltäter. Er war größer und stärker als der Pianist. Ehe Thomas sich versah, hatte Wenzel ihn auf die Karre mit dem Mist gesetzt und war damit auf dem Weg nach draußen. Dabei hatte er ein Tempo drauf, als gelte es einen Rekord zu schlagen. Thomas hielt sich mit beiden Händen fest und schrie aus Leibeskräften, während Sonja auf dem Hof stand und den Kopf schüttelte.

      Mannsbilder wollten das sein? Kindsköpfe waren sie – alle beide!

      Kurz vor dem großen Mistberg stoppte Wenzel und ließ seinen Bruder absteigen. Lachend fielen sie sich in die Arme.

      »Vor dem Frühstück wird aber geduscht!« rief die resolute Bäuerin. »So, wie ihr zwei stinkt, kommt ihr mir net in die Küch’.«

      »Geb’ zu, ich war genauso schnell wie du«, forderte der Jüngere seinen Bruder auf.

      »Respekt«, nickte der Bauer. »Ich hätt’ net gedacht, daß man vom Klavierspielen solche Muskeln bekommt…«

      Thomas schaute ihn nichtverstehend an. Muskeln? Wieso…?

      »… in den Fingern«, vollendete Wenzel lachend und gab Fersengeld, weil sein Bruder mit einem lauten Indianergeheul auf ihn losging.

      Später saßen sie beim Frühstück, friedlich vereint, rund um den Tisch in der Küche. Drei Knechte und zwei Mägde gehörten zum Haushalte auf dem Burgerhof. Anni, die älteste der beiden Frauen, war schon seit einer halben Ewigkeit als Magd angestellt. Seit jeher war sie fürs Buttern und Brotbacken zuständig. Thomas hatte schon gestern beim Abendessen von ihrem Rosinenbrot geschwärmt, das man so nirgendwo bekommen konnte. Natürlich stand es heute früh auf dem Tisch. Dazu ein großes Glas herbsüßes Quittengelee.

      »Gehst nachher mit zum Gottesdienst?« fragte Sonja ihren Schwager.

      Thomas, der zwischen Phillip und Ann-Kathrin saß, nickte.

      »Freilich geh’ ich mit«, antwortete er. »Mal sehen, ob ich noch ein paar von den Leuten wiedererkenn’.«

      *

      Die Kirche war bis auf die letzte Bank besetzt. Pfarrer Trenker schaute zufrieden auf seine Gemeinde. Er entdeckte Thomas Burger in der Reihe, in der die Familie seit Jahren ihre Plätze hatte, ging aber in seiner Predigt mit keiner Silbe darauf ein.

      Es hatte ohnehin viel Aufregung um den jungen Musiker gegeben. Thomas meinte, nie zuvor in seinem Leben so viele Hände geschüttelt zu haben, und er wunderte sich, daß er tatsächlich viele wiedererkannte, mit denen er früher oft zu tun gehabt hatte, seien es Schulkameraden oder Nachbarn gewesen. Sie alle waren ziemlich stolz darauf, daß solch ein berühmter Künstler nicht nur unter ihnen weilte, ganz besonders auch, daß er aus ihrer Mitte stammte.

      Neugierig, was wohl aus Andrea geworden sei, hatte er immer wieder Ausschau nach ihr gehalten. Doch vergeblich, von der einstigen Freundin war nichts zu sehen. Dabei hatte Sonja versichert, daß Andrea Hofer keine Sonntagsmesse versäumte.

      Nach der Kirche folgte der obligatorische Gang ins Wirtshaus. Während Sonja mit den Zwillingen nach Hause fuhr, nahm Wenzel am sonntäglichen Stammtisch teil. Thomas hingegen winkte ab.

      »Sei


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