Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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um andere Dinge kümmern mußte. Es war ja nicht das erste Mal, daß Hochwürden alles stehen und liegen ließ, weil es galt, irgendwo helfend einzuwirken.

      Sebastian fand Wenzel Burger und dessen Angehörige ratlos zu Hause sitzend. Bei ihnen war immer noch Andrea Hofer, die nicht eher nach Hause wollte, als bis Thomas wieder aufgetaucht war. Zusammen mit dem Geistlichen versuchten sie herauszufinden, wo sich der junge Konzertpianist versteckt haben könnte. Jede noch so winzige Möglichkeit wurde in Betracht gezogen. Sebastian versuchte dabei, so behutsam wie möglich, Trost zu spenden. Daß Thomas aus lauter Verzweiflung eine Dummheit beging, würde man vielleicht nicht ausschließen können, doch so recht glauben wollte es niemand.

      »Niemals!« sagte Pfarrer Trenker überzeugt, als dann das Gespräch doch darauf kam. »Thomas ist ein klar denkender junger Mann, der mit beiden Beinen im Leben steht. Er wird niemals eine solch unüberlegte Tat begehen. Er braucht nur etwas Abstand und Ruhe, um über alles nachzudenken. Daß er uns mit seiner überstürzten Flucht ängstigt, hat er gewiß net bedacht.«

      Bis in den späten Abend hinein saßen sie im Wohnzimmer. Doch als sich der Geistliche verabschiedete, waren sie keinen Millimeter vorangekommen. Seit mehr als zehn Stunden war Thomas Burger verschwunden, und niemand wußte, wo er sich aufhielt.

      Sonja machte für Andrea ein Bett fertig, während Wenzel die Familie des Madels unterrichtete, daß Andrea auf dem Burgerhof blieb.

      »Ist der Thomas noch net wieder aufgetaucht?« fragte Walburga Hofer mit echter Anteilnahme.

      »Leider net«, bestätigte der Bauer. »Aber wir warten…«

      *

      Gleich am nächsten Morgen rief Pfarrer Trenker auf dem Burgerhof an und erkundigte sich, ob Thomas schon zurückgekehrt sei. Sonja, die das Gespräch entgegengenommen hatte, weinte am Telefon, als sie mitteilte, daß ihr Schwager immer noch verschwunden war.

      Mir sorgenvollen Gedanken machte sich Sebastian auf zum Festplatz. Er wollte sich erkundigen, wie es dem Schaustellerehepaar Bichler ging. Ferdinand empfing den Geistlichen mit trauriger Miene.

      »Aber wissen S’, Hochwürden, das Geschäft war schon net schlecht«, erklärte er. »Aber der Austauschmotor wird die ganzen Einnahmen wieder verschlingen. Wir sind ja nur froh, daß Ihr Bruder uns erlaubt, noch eine Weile hier zu stehen.«

      »Gibt’s denn keine andere Möglichkeit?« erkundigte sich Pfarrer Trenker. »Muß es denn gleich ein ganz neuer Motor sein?«

      Der Schausteller hob die Schulter.

      »Einer, aus einem alten Traktor ausgebaut, tät’s auch«, meinte er. »Gibt’s denn hier einen Schrottplatz, oder Altautohändler?«

      »Den gibt es«, nickte Sebastian. »Wissen S’ was? Wir fahren eben schnell hin und schauen, ob wir das Passende finden. Bestimmt ist so ein Motor net halb so teuer wie ein neuer.«

      »Wollen S’ das wirklich tun?«

      Ferdinand Bichler konnte es gar nicht fassen. Soviel Hilfsbereitschaft war er einfach nicht gewohnt.

      »Aber ja«, sagte der Pfarrer. »Das ist doch keine große Angelegenheit. Kommen S’, wir nehmen Ihren Wagen, meiner steht bei der Kirche.«

      Helene Bichler kam aus dem Wohnwagen.

      »Grüß’ Gott, Hochwürden«, sagte sie. »Ich hab’ so halb mitbekommen, daß Sie uns schon wieder helfen wollen. Vergelt’s Gott.«

      »Schon gut«, wehrte der Seelsorger ab und erkundigte sich nach den beiden Kindern des Ehepaares.

      Charlotte und Alexandra teilten das Schicksal zig anderer Schaustellerkinder – sie besuchten wieder einmal eine andere Schule. Diesmal die in St. Johann.

      »Wir fahren dann«, sagte Ferdinand zu seiner Frau.

      Pfarrer Trenker erklärte ihm den Weg zum Wachauer-Josef, dem aus Österreich stammenden Schrotthändler.

      »Ich glaub’, ich weiß ungefähr, wo das ist«, meinte Ferdinand. »Auf dem Weg hierher hab’ ich ein Schild an der Straße gesehen.«

      Kurze Zeit später bog der Wagen in den Waldweg ein. Sie hielten vor dem Tor, und der Schausteller drückte auf die Hupe. Von den Hunden war nichts zu sehen, aber einen Moment darauf kam der Schrotthändler herangehumpelt. Er machte ein mürrisches Gesicht, als wollte er die Kundschaft gleich wieder vergraulen. Als er jedoch den Geistlichen erkannte, hellte sich seine Miene wieder auf, und er öffnete das Tor.

      »Grüß’ Gott, Hochwürden«, sagte er, nachdem der Wagen vor der Bretterbude gehalten hatte und die beiden Männer ausgestiegen waren. »Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches. Suchen S’ etwas Bestimmtes?«

      »In der Tat«, nickte Sebastian und schaute sich um. »Wir benötigen einen intakten Motor für einen Traktor. Aber welches Modell und so weiter, kann Ihnen der Mann hier besser erklären.«

      Ferdinand erklärte, worum es sich bei seiner Zugmaschine handelte. Der Wachauer-Josef rieb sich nachdenklich das Kinn.

      »Hm«, meinte er dann. »Ich glaub’, ich hab’ genau das, was Sie suchen. Kommen S’ mal mit.«

      Die beiden Männer verschwanden hinter einem riesigen Berg von Schrott, während der Pfarrer beim Wagen des Schaustellers blieb.

      Der Wachauer-Josef führte Ferdinand Bichler zu einer Reihe alter, größtenteils schon verrotteter Autos und Traktoren. Aus den meisten waren schon diverse Ersatzteile ausgebaut worden. Ferdinands Augen glitten suchend über das Chaos aus alten PKWs, Schrotteilen und Drahtrollen.

      »Der da«, deutete der Alteisenhändler auf einen Traktor in der hintersten Ecke. »Dieselbe Marke, das gleiche Modell.«

      Der Schausteller stieg hoch und besah den Motor. So, wie er da vor ihm lag, schien er in Ordnung zu sein.

      »Was wollen S’ denn dafür haben?« fragte er, wobei er hoffte, daß der Preis seinen eigenen Vorstellungen entsprach.

      Der Österreicher, der einem guten Geschäft nicht abgeneigt war, besaß auch eine gewisse Schläue. Er ahnte, daß der Mann da in einer Notlage war. Warum sonst kam er in Begleitung eines Geistlichen?

      Allerdings war es auch dieser Umstand, der dem Wachauer nicht behagte. Offenbar hatte Hochwürden den Mann unter seine Fittiche genommen. Also mußte er behutsam mit seiner Forderung sein.

      »Ach wissen S’«, sagte er zu dem Schausteller, »ich will kein großes Geschäft dabei machen. Wenn Sie ihn sich selber ausbauen – unter Brüdern – geben S’ mir fünfhundert auf die Hand, und das Geschäft ist geritzt.«

      Ferdinand Bichler, der wieder heruntergestiegen war, glaubte nicht recht zu hören. Das war kein Preis – das war ein Geschenk des Himmels! Er schlug in die dargebotene Hand und besiegelte so den Kauf. In der Hütte zählte er dem Schrotthändler den Betrag in die Hand und erhielt eine Quittung.

      »Es muß ja alles seine Ordnung haben«, meinte der Wachauer.

      »Ich komm’ dann in einer Stunde mit dem Mechaniker zum Ausbauen«, versprach der überglückliche Ferdinand Bichler.

      Jetzt sah die Zukunft wieder ein wenig rosiger aus.

      »Haben S’ vielen Dank«, sagte Sebastian Trenker.

      Er hatte keine Ahnung, was so ein Traktorenmotor kostete, aber er hielt die Forderung des Schrotthändlers für einen Freundschaftspreis.

      »Sie haben einer unglücklichen Familie aus einer Not geholfen.«

      Der Mann wehrte ab. Es berührte ihn peinlich, daß der Geistliche so mit ihm sprach.

      »Ist schon gut«, meinte er und humpelte neben dem Wagen her zum Tor.

      *

      Durch den Höllenbruch gelangte man auf die Hohe Riest, von wo mehrere Wege zu den verschiedenen Bergtouren führten. Von hier aus kam man auch auf die Jenner- und die Korber-Alm. Noch weiter höher standen einsame Hütten, in denen Wanderer und Bergtouristen Unterschlupf finden


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