Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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      Beinahe wütend hatte er es gesagt. Resigniert gab sie ihn frei.

      Kathrin Breithammer preßte die Hände vor den Mund, als Christian das Gewehr von der Schulter nahm, es entsicherte und loslief.

      Tausend Gedanken wirbelten durch ihren Kopf, und am größten war die Angst, dem geliebten Mann könne etwas zustoßen.

      Der junge Förster hastete durch den Wald. Er achtete nicht auf die Äste, die in sein Gesicht peitschten, als er zwischen den Bäumen hindurchlief. Nero war weit vor ihm, blieb nur ab und zu stehen, um die Witterung neu aufzunehmen.

      Christian versuchte sich zu erinnern, was er auf den Karten gesehen, und was Xaver Anreuther ihm gesagt hatte. Diese Richtung, in die er lief, führte hinauf zu dem, Höllenbruch genannten, Bergwald, der an den Ainringer Wald angrenzte.

      Und dort war auch die Kreisstraße, die ein idealer Fluchtweg war. Wenn der Wilderer mit einem Auto hergekommen war, dann hatte er es höchstwahrscheinlich dort irgendwo abgestellt.

      Beinahe wünschte Christian sich, daß der Lump etwas erlegt haben möge, denn dann würde er nur schwerlich vorankommen, mit seiner schweren Beute auf dem Buckel.

      Der junge Förster gönnte sich keine Pause, obwohl die rechte Seite von schmerzhaften Stichen gepeinigt wurde. Von Nero war nichts zu sehen, doch Christian wußte, daß er sich auf seinen Hund verlassen konnte.

      Nach knapp zehn Minuten, die ihm wie Stunden vorkamen, hörte er verstärktes Bellen. Offenbar hatte der Setterrüde etwas gefunden. Er beschleunigte noch einmal sein Tempo und erreichte den Hund nach einigen hundert Metern.

      Nero lief aufgeregt im Kreis und schnüffelte auf dem Waldboden. Christian kam hinzu und sah das Blut. Der Wilddieb hatte also getroffen. Allerdings mußte er es sehr eilig haben. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, das erlegte Tier an Ort und Stelle aufzubrechen.

      Befürchtete er, dabei überrascht zu werden?

      Anders konnte der Förster sich das Verhalten des Verbrechers nicht erklären. Er richtete sich wieder auf. Jetzt galt es, keine Zeit zu verlieren. Der Vorsprung konnte noch nicht all zu groß sein. Wenn seine Vermutung richtig war, dann war der Wilderer auf dem Weg zur Kreisstraße. Vermutlich war dort, auf irgend einem Waldweg, ein Auto geparkt.

      Christian mußte sich sputen. Wenn der Kerl seinen Wagen erreichte, dann war es zu spät. Hier im Wald würde er ihn wohl stellen können, doch im Auto konnte er ihm entkommen.

      »Los«, rief er seinem Hund zu. »Den Kerl packen wir!«

      *

      Martin Ambuscher sah neugierig auf, als er den Wagen erkannte, der auf den Hof der Sägemühle fuhr. Er ging hinüber und begrüßte den Mann, der gerade ausstieg.

      »Grüß’ Gott, Pfarrer Trenker«, rief er durch den Lärm der kreischenden Säge. »Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches?«

      Sebastian reichte ihm die Hand.

      »Pfüat di’, Martin. Hast’ ein paar Minuten Zeit? Ich hätt’ ’was mit dir zu besprechen.«

      »Freilich Hochwürden. Kommen S’, wir geh’n in mein Büro hinauf. Da ist’s ruhiger.«

      Zum Büro, das im ersten Stock eines Anbaues der Mühle lag, führte eine Holztreppe hinauf. Als sie den Vorraum betraten, in dem Martins Frau Astrid saß, die als Sekretärin im Geschäft mitarbeitete, wurde es schlagartig still. Nur wie aus weiter Ferne war das Geräusch der Säge noch zu hören.

      Nachdem der Geistliche Astrid Ambuscher begrüßt hatte, folgte er dem Mühlenbesitzer in dessen eigentliches Büro. Martin bot dem Besucher einen Platz an und holte eine Flasche Obstler aus dem Schrank.

      »Sie trinken doch einen?« fragte er.

      Sebastian hob die Hand.

      »Aber wirklich nur einen. Ich bin mit dem Auto da.«

      »So, dann erzählen Sie mal, was ich für Sie tun kann, Hochwürden«, forderte Martin Ambuscher den Pfarrer auf, nachdem sie ihre Gläser gelehrt hatten.

      »Weniger für mich, Martin, als für einen Mann, der unsere Hilfe braucht«, begann Sebastian den Grund für seinen Besuch zu erklären.

      Der Sägemühlenbesitzer lehnte sich zurück und hörte zu.

      »Ich selber hab’ es net mehr erlebt, weil ich wohl noch zu klein war«, sagte er, »aber ich weiß es vom Vater, daß der alte Breithammer bei uns in der Mühle gearbeitet hat. Ein guter Arbeiter war das, hat der Vater immer wieder gesagt. Zumindest solang’, bis das Unglück mit der Frau passiert ist.«

      »Ja, eine traurige Geschichte«, nickte der Pfarrer. »Und weil der Breithammer schon einmal bei euch gearbeitet hat, hab’ ich gedacht, du würdest ihm eine Chance geben, seine Bewährungsauflagen zu erfüllen. Er braucht eine geregelte Arbeit, sonst muß er ins Gefängnis zurück.«

      Sebastian erzählte von seinem Besuch in der Waldhütte und von seiner Überzeugung, daß der alte Breithammer nun geläutert sei.

      »Der schießt nie wieder auf ein Wildtier«, schloß er.

      Martin Ambuscher hatte sich das alles angehört. Schließlich hob er die Arme und ließ sie wieder fallen.

      »Also, von mir aus kann er gleich morgen anfangen, wenn er will«, meinte er. »Ich werd’ ihm da ganz gewiß net im Weg’ stehen, wenn er auf den Pfad der Tugend zurück möcht’.«

      Sebastian erhob sich und reichte dem Sägemühlenbesitzer die Hand.

      »Ich dank’ dir, Martin«, sagte er. »Du hast gleich zwei Menschen glücklich gemacht. Auch Kathrin wird froh sein, wenn ihr Vater wieder regelmäßig zur Arbeit geht.«

      »Ach ja, Kathrin«, erinnerte der junge Mann sich. »Wir sind zusammen zur Schule gegangen, aber ich glaub’, ich hab’ sie seit jener Zeit net mehr gesehen. Wie geht es ihr?«

      »Gut, denk’ ich«, antwortete der Geistliche. »Obwohl ich mir vorstellen könnt’, daß sie net ganz glücklich ist in der Hütte.«

      »Was? Haust sie etwa immer noch da? Himmel, die muß da raus! Ich hätt’ gedacht, daß sie längst verheiratet ist.«

      »Noch net«, schüttelte Sebastian den Kopf. »Aber das kommt bestimmt irgendwann.«

      Er verabschiedete sich von Martin Ambuscher und stieg in seinen Wagen. Als er auf der Kreisstraße in Richtung St. Johann fuhr, stellte er sich lächelnd vor, welch ein Gesicht Max wohl machen würde, wenn er bei dem Gespräch mit dem Bewährungshelfer gleich einen Arbeitsplatz für Joseph Breithammer präsentieren konnte. Und was der Alte wohl erst sagen würde!

      Die Gedanken des Geistlichen wurden unterbrochen. Rechts von ihm lag die Straße, die zum Ainringer Wald und zum Höllenbruch führte. Mit hoher Geschwindigkeit kam ein Fahrzeug aus dieser Straße geschossen und nahm Sebastian die Vorfahrt. Reaktionsschnell war der Geistliche auf die Bremse gestiegen. Mit einem lauten Quietschen kam sein Wagen zum Stehen. Außer den beiden Autos waren keine mehr auf der Straße, sonst hätte das waghalsige Manöver des fremden Fahrers böse enden können. Sebastian fuhr rechts heran und atmete tief durch. Ein dunkelblauer Kombi war es gewesen, erinnerte er sich nur, alles andere war zu schnell gegangen. Weder das Gesicht des Fahrers war zu erkennen gewesen, noch das Kennzeichen.

      Nach einigen Minuten startete Sebastian wieder und fuhr weiter. Warum nur, fragte er sich, mochte es der andere so eilig gehabt haben, daß er sein Leben und das seiner Mitmenschen so leichtfertig aufs Spiel setzte?

      *

      »Such, Nero, such!« rief Christian Ruland immer wieder.

      Der Rüde lief vor ihm, die Nase am Boden. Über Stock und Stein ging es, einen regelrechten Zickzackkurs, den der Wilddieb gerannt war. Der junge Förster fragte sich, wie groß der Vorsprung des Flüchtenden wohl sein mochte. Sollte er es etwa schaffen zu entkommen?

      Das durfte nicht sein!

      Die Gegend veränderte sich


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