Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
Читать онлайн книгу.seine Frau zu werden. Auch wenn sie sich erst heute kennengelernt haben.
Doch diese Voraussetzungen waren die falschen.
Die Zeit lief ihr davon, und das wollte sie ihm sagen. Denn er hatte ein Recht darauf, alles zu erfahren.
Leise und behutsam sprach sie zu ihm. Richard sah sie erst ungläubig an, dann schlug er seine Hände vor die Augen.
»Und es gibt keine Hoffnung?« fragte er mit tonloser Stimme.
»Ich fürchte nein…«
Jetzt hielt es ihn nicht länger auf seinem Platz. Er sprang auf und zog sie zu sich heran. Ganz dicht waren ihre Gesichter aneinander.
»Maria, ich liebe dich«, sagte er mit rauher Stimme. »Mehr, als je einen Menschen zuvor, und ich lasse net zu, daß du stirbst.«
»Ach, Richard…«
Er verschloß die Lippen mit einem Kuß, und sie ließ es geschehen.
»Wir müssen etwas unternehmen«, sagte er, nachdem er sie wieder freigegeben hatte. »Wir werden die besten Ärzte aufsuchen. Ganz egal, was es kostet!«
Maria Devei schüttelte den Kopf.
»Ach, Richard, meinst du net, daß ich alle Möglichkeiten bedacht habe? Ich war bei dem besten Arzt.«
»Dann muß eben noch einer her!«
Diesmal küßte sie ihn.
»Du bist so lieb«, sagte sie. »Aber es ist sinnlos.«
»Nein, nein, nein«, protestierte er. »Damit gebe ich mich net zufrieden!«
Maria erzählte von Pfarrer Trenkers Besuch, und daß der Geistliche von dem Dorfarzt gesprochen hatte, der ein Schüler Professor Bernhards war.
»Bitte, Maria, nutze diese eine Chance«, flehte Richard Anzinger. »Wenn du net mehr bist… dann, dann ist mein Leben sinnlos!«
Mit tränengefüllten Augen küßten sie sich innigst. Es schien, als gebe dieser Kuß Maria neuen Lebensmut. Sie schaute den Mann an, den sie erst so kurz kannte und dennoch von Herzen liebte.
»Ja, Richard, ich will leben«, sagte sie. »Für dich.«
*
Wieder folgte die verhaßte Prozedur der Untersuchung, des Blutabnehmens, des Wiegens und des Messens. Unzählige Fragen wurden beantwortet. Vom Blutbild bis zum EKG war nichts ausgelassen worden.
All dies ließ Maria Devei geduldig über sich ergehen. Ihre Liebe zu Richard gab ihr die nötige Kraft dazu.
Und dann war der Tag da, an dem das Ergebnis der Untersuchung vorliegen sollte. Maria und Richard saßen im Sprechzimmer des Arztes. Sie hielten sich an den Händen und sahen Toni Wiesinger erwartungsvoll an.
»Also, Frau Devei, ich hab’ jetzt alle Ergebnisse zusammen«, begann Dr.Wiesinger. »Und ich freu’ mich, Ihnen sagen zu können, daß Sie absolut gesund sind.«
»Ja, aber…«
»Toni hob die Hände.
»Kein aber, Frau Devei«, sagte er. »Das einzige, was Ihnen fehlte, waren Ruhe und Erholung. Aber beides bekommen S’ ja im Moment. In einigen Wochen werden S’ wieder vor Ihrem Publikum stehen.«
Richard Anzinger strahlte ob dieser Eröffnung über das ganze Gesicht. Nicht so Maria Devei.
»Aber Professor Bernhard, der mich untersucht hat – er kann sich doch net so geirrt haben«, wandte sie ein.
Dr. Wiesinger runzelte die Stirn.
»Ich muß zugeben, daß dieser Umstand mich irritiert«, gestand er. »Ich hab’ schon versucht, mit dem Professor zu sprechen. Leider ist er zur Zeit in den Vereinigten Staaten, und nimmt dort an einem Kongreß teil. Ich werd’, sobald er zurück ist, mit ihm Kontakt aufnehmen. Bis dahin machen S’ sich bitte keine Sorgen. Es ist, wie ich sag’, Sie sind gesund.«
Maria und Richard sahen sich an.
»Ist das nicht wunderbar?« flüsterte der Kaufmann.
Die Sängerin schluckte, sie konnte es immer noch nicht glauben.
»Maria, du bist gesund«, sagte Richard Anzinger eindringlich und schüttelte sie sanft, als müsse er sie aus einem Traum erwecken.
Toni Wiesinger war aufgestanden. Er ging zu dem Paar und legte der Frau seine Hand auf die Schulter.
»Liebe Frau Devei«, sagte er. »Seien Sie versichert, daß es so ist, wie ich es sage. An der Diagnose ist net zu rütteln, und wäre es anders – glauben S’ mir – ich würd’s Ihnen sagen.«
Die junge Frau hob beide Hände und schaute vom Arzt zu Richard Anzinger und wieder zurück.
»Dann muß ich’s wohl glauben«, sagte sie leise.
»So ist recht«, meinte der Arzt. »Am besten machen S’ sich ein paar schöne Tag’. Gehen Sie spazieren, lesen S’, faulenzen S’, was immer Sie möchten. In ein paar Tagen ist der Professor zurück. Wenn ich dann mit ihm gesprochen habe, sehen wir uns hier wieder.«
*
Sebastian Trenker schickte ein Dankesgebet zum Himmel, als er die gute Nachricht bekam. Der Pfarrer saß beim Toni Wiesinger in der Praxis, als die Sprechstunde schon zu Ende war.
»Ich hatte es gehofft, daß die Maria sich irrt«, sagte der Geistliche. »Bestimmt wollte sie es gar net glauben.«
Dr. Wiesinger bestätigte Sebastians Vermutung.
»Nachdem ich die Werte aus dem Labor hatte, war ich mir ganz sicher, daß der Frau Devei nichts fehlt. Ich weiß net, woraus sie auf ihre angebliche Krankheit geschlossen hat, aber das wird das Gespräch mit Professor Bernhard klären.«
Der Arzt sah den Pfarrer an, der trotz der positiven Entwicklung, einen nachdenklichen Eindruck machte. Man sah, daß er noch etwas auf dem Herzen hatte.
»Gibt’s noch etwas, daß Sie beschäftigt?«
Sebastian nickte. Er berichtete, was er im Waldecker Altenheim erlebt hatte. Toni Wiesingers Miene wurde immer ungläubiger, je mehr er davon hörte. Schließlich zog der Pfarrer das Gutachten hervor und reichte es dem Arzt.
Dr. Wiesinger las und schüttelte zwischendurch immer wieder den Kopf. Er ließ die Papiere sinken.
»Das ist ja ein tolldreistes Ding!« meinte er. »Einfach unglaublich.«
»Wie sehen Sie die Angelegenheit?« fragte Sebastian Trenker. »Meinen S’, daß man da noch ’was machen könnt?«
Toni lehnte sich in seinen Sessel zurück.
»Ich kenn’ einen Arzt in der Kreisstadt, der ist net nur Spezialist für die Krankheiten der Leute, darüber hinaus ist er als Gutachter bei Gericht zugelassen. Ich denk’, ich werd’ den Kollegen mal anrufen. Bestimmt wird er sich für den Fall interessieren. Wo steckt der Valentin denn jetzt?«
Pfarrer Trenker berichtete, daß der alte Hofthaler sich in seiner Sägemühle eingeschlossen habe. Der Geistliche hatte ihn zuvor dort abgesetzt. Valentin hatte darauf bestanden, zur Mühle zu fahren, schließlich war sie sein Zuhause.
Dort angekommen, hatte der Alte alles verriegelt und verrammelt.
»Der läßt keinen hinein!« sagte Sebastian. »Und seinen Neffen schon gar net.«
»Und genau der macht mir ein bissel Sorge«, meinte Toni Wiesinger. »Der Berthold Siebler ist Vormund vom Valentin, und wie die Frau Burgsmüller ganz richtig gesagt hat, kann der Vormund darüber bestimmen, wo sein Mündel sich aufhält.«
Der Geistliche strich sich nachdenklich über das Kinn.
»Vielleicht haben wir da ein bissel Glück«, sagte er hoffnungsvoll. »Frau Burgsmüller schimpfte über den Siebler, weil er sich net mehr um Valentin gekümmert hat, seit er ihn ins Heim brachte. Ich könn’ mir