Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Читать онлайн книгу.

Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
meine Herren.«

      Damit drehte er sich um und ging zu seinem Wagen zurück. Die Arbeiter schauten ihm ratlos hinterher.

      *

      Sebastian war erstaunt, als er von seinem Bruder hörte, daß bereits die ersten Handwerker ihre Materialien und Werkzeuge bei der alten Sägemühle anlieferten.

      »Ich glaub’ schon, daß der Herr Brunnengräber den Auftrag net verlieren möcht«, meinte Max.

      Der Pfarrer nickte. Natürlich, der ganze Umbau mußte ein kleines Vermögen kosten. Da schnitt sich jeder gerne eine Scheibe von ab. Was sonderbar auf ihn wirkte, war die Tatsache, daß der ortsansässige Bauunternehmer den Auftrag nicht erhalten hatte. Möglicherweise wollte man dadurch verhindern, daß allzu früh über die ganze Angelegenheit spekuliert wurde.

      »Na, dem Reisinger hab’ ich jedenfalls schon ins Gewissen geredet«, sagte der Geistliche. »Und dem Bruckner-Markus werd’ ich bei Gelegenheit einen Besuch abstatten.«

      Sophie Tappert kam in das Wohnzimmer, wo die beiden Brüder saßen, und brachte Kaffee und Gebäck herein. Es waren nur ein paar Kekse, weil sie wußte, daß Hochwürden am Nachmittag nach Waldeck ins Altenheim fuhr.

      »So, Herr Pfarrer, ich geh’ dann zum Friseur«, verabschiedete sie sich. »Es kann gut zwei Stunden dauern. Zum Abendessen bin ich aber rechtzeitig wieder daheim.«

      »Lassen S’ sich Zeit«, antwortete Sebastian. »Zu essen ist ja genug da.«

      Der letzte Satz war eigentlich mehr an seinen Bruder gerichtet, der die Kochkünste der Haushälterin über alles liebte.

      »Warum suchen S’ sich net ein nettes Madel und heiraten?« Diese Frage hatte Sophie Tappert ihm schon oft gestellt. Die Antwort war immer dieselbe.

      »Weil’s keines mit Ihren Kochkünsten aufnehmen kann«, antwortete der Polizeibeamte dann mit einem hinreißenden Lächeln, das Eisberge schmelzen ließ.

      Dabei wußte die Haushälterin genau, daß das nicht der einzige Grund war, warum Max Trenker noch nicht in den Hafen der Ehe eingelaufen war. Der Schlawiner liebte seine Freiheit als Junggeselle viel zu sehr, als daß er sich binden würde. Außerdem hatte er leichtes Spiel bei den Madeln. Einen Tanzabend ließ er nur aus, wenn der Dienst es verhinderte, und überall wo eine Gaudi war, konnte man ihn finden.

      Sein Bruder hatte zwar schon oft ein mahnendes Wort gesprochen, mußte aber immer wieder feststellen, daß es vergebens war. Zumindest konnte der Geistliche aber feststellen, daß Max ein gewissenhaft arbeitender Polizeibeamter war, der seinen Beruf liebte und seinen Dienst ernsthaft versah. Dabei vergaß er nicht die menschliche Seite. Wie sein Bruder, der Pfarrer, es als eine Aufgabe ansah, den Menschen nicht nur das Evangelium zu predigen, sondern darüber hinaus für alle Sorgen und Nöte seiner Schäfchen ein offenes Ohr zu haben und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, so empfand es auch Max Trenker als seine Aufgabe, den Leuten immer dort zu helfen, wo Not am Mann war. Er war niemals ein sturer Beamter, der seinen Dienst nach Vorschrift versah. Sein mitfühlendes Wesen würde dies niemals zulassen.

      »Wie geht’s denn der Maria?« fragte er, nachdem die Haushälterin das Wohnzimmer verlassen hatte.

      Sebastian berichtete von seinem Besuch bei der Sängerin.

      »Ich hab’ kein gutes Gefühl«, sagte er. »Ich hoff’, daß sie es sich doch noch überlegt, und unseren Doktor aufsucht.«

      Er trank seinen Kaffee aus und stand auf.

      »Es wird Zeit«, sagte er. »In Waldeck warten’s schon.«

      *

      Pfarrer Trenker saß in dem ge­mütlich eingerichteten Speiseraum, des Waldecker Altenheims, zusammen mit den Bewohnern und den Pflegekräften. Es gab Kaffee und Kuchen, und vom Band erklangen Vivaldis ›Die Vier Jahreszeiten‹.

      Es war immer ein schöner Nachmittag für die alten Leute, denn Sebastian organisierte immer wieder mal eine Überraschung für sie. Mal war es jemand, der etwas vorlas, ein anderer spielte Gitarre und musizierte mit ihnen, oder eine Laienspielgruppe führte ein kleines Stück auf. Und natürlich nahm der Geistliche auch die Beichte ab, wenn es gewünscht wurde. Es waren nicht wenige unter den Heimbewohnern und -bewohnerinnen, die aufgrund eines Gebrechens nicht mehr so ohne weiteres an der Messe in der Kirche teilnehmen konnten.

      Die Leiterin des Altenheims, Frau Burgsmüller, nahm Sebastian Trenker nach dem Kaffeetrinken beiseite.

      »Ich hab’ da noch ein Problem, Herr Pfarrer, das ich gern mit Ihnen besprechen möcht’«, erklärte sie. »Können wir einen Moment in mein Büro gehen?«

      »Aber natürlich«, nickte Sebastian und folgte ihr.

      »Wir haben einen Neuzugang«, begann Frau Burgsmüller, als sie in ihrem kleinen Büro saßen. »Ein schwieriger Fall. Irgendwie kommen wir an den Mann net heran. Er weigert sich, auch nur ein Wort, mit uns zu sprechen. Ich wollt’ Sie bitten, ob Sie vielleicht versuchen, mit ihm zu reden?«

      »Selbstverständlich«, antwortete der Geistliche. »Dem Mann fällt’s wahrscheinlich schwer, sich einzugewöhnen. Es ist ja auch net einfach, für einen Menschen, aus seiner gewohnten Umgebung herauszugenommen und woanders untergebracht zu werden. Bekommt er denn keinen Besuch? Hat er keine Angehörigen mehr?«

      »Doch, einen Neffen. Der hat den Herrn Hofthaler auch zu uns gebracht, sich dann aber net wieder sehen lassen. Und eine Adresse, oder wenigstens Telefonnummer, haben wir von dem Herrn Siebler auch net«, sagte die Heimleiterin.

      Pfarrer Trenker machte große Augen, als er die beiden Namen hörte.

      »Was sagen Sie? Der Mann heißt Hofthaler, und sein Neffe Siebler?«

      »Ja, ich dacht’ mir, daß Sie ihn kennen. Er stammt ja aus Sankt Johann. Darum bat ich Sie ja auch, mit ihm zu sprechen. Zu Ihnen hat er doch bestimmt Vertrauen.«

      »Freilich kenn’ ich den Valentin, und der ist hier bei Ihnen. Wir haben uns schon gewundert, wo er abgeblieben ist.«

      Frau Burgsmüller nickte.

      »Ja, es ist schon ein schlimmes Schicksal mit ihm.«

      Sebastian war ratlos.

      »Von welchem Schicksal sprechen Sie? Ist der Valentin etwa krank?«

      »Körperlich? Nein, aber sein Geist. Wußten S’ das denn net? Herr Hofthaler wurde entmündigt, man hat ihn mit einem Gerichtsbeschluß bei uns eingewiesen.«

      Pfarrer Trenker kam aus dem Staunen nicht heraus. Das war ja ein starkes Stück, das er da zu hören bekam!

      »Also, meine liebe Frau Burgsmüller, entweder ist das alles nur ein tragischer Irrtum – oder ein ausgekochtes Gaunerstück«, erklärte er der sichtlich irritierten Heimleiterin. »Der alte Valentin ist geistig so gesund, wie Sie und ich!«

      Die Frau war fassungslos. Ratlos hob sie die Hände.

      »Ja, aber da ist doch das Gutachten, das dem Beschluß beiliegt«, sagte sie.

      »Das möcht ich gern’ einmal sehen«, antwortete der Geistliche. »Und den Arzt, der es erstellt hat. Aber zuerst bringen S’ mich zum Valentin.«

      »Natürlich. Kommen S’ nur. Er wird sich bestimmt freuen, Sie zu sehen.«

      Auf dem Weg zum Zimmer, in dem der alte Hofthaler wohnte, überlegte Sebastian Trenker, wie er am geschicktesten vorgehen sollte. Es war keine Frage für ihn, daß an der Sache etwas faul sein mußte. Genauso war es keine Frage, daß er Valentin wieder mit nach Hause nehmen würde.

      Aber etwas anderes machte ihm Sorge, und das war das Gutachten über den Geisteszustand des Alten.

      *

      Valentin Hofthaler saß auf einem Stuhl am Fenster, und starrte hinaus. Frau Burgsmüller hatte zunächst angeklopft und, als keine Antwort kam, die Tür geöffnet.

      »Herr Hofthaler, hier ist Besuch für Sie«, sagte sie.

      Der


Скачать книгу