Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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nur eine Modeerscheinung. Er praktizierte sie. Wo immer es möglich war, setzte er auf rein pflanzliche Heilmittel und zog sie den chemischen vor. Vor allem gehörte bei ihm Leib und Seele noch zusammen und er beachtete beides in seinen Diagnosen.

      Dennoch hatte er keinen leichten Stand bei den Dörflern. Es gab in St. Johann einen selbsternannten Wunderheiler, den Brandhuber-Loisl, der mit seinen selbstgebrauten Tinkturen und Salben den Leuten das Geld aus der Tasche zog. Immer wieder schimpfte Pfarrer Trenker von der Kanzlei herunter, über die Narren, die sich beim Brandhuber Rat holten, anstatt zu Dr. Wiesinger zu gehen. Aber es schien vergebene Liebesmüh’.

      Sebastian nahm sich vor, den jungen Arzt zumindest auf den Fall anzusprechen. Vielleicht sogar schon am Abend. Er hatte ihn schon ein paar Tage nicht mehr gesehen und sich für heut’ abend vorgenommen, Toni Wiesinger auf ein Glaserl Wein ins Pfarrhaus einzuladen.

      Für den Nachmittag hatte der Pfarrer schon etwas anderes vor – der wöchentliche Besuch des Altenheimes in Waldeck stand auf dem Programm.

      Der Geistliche packte die Reste des Frühstücks zusammen und verstaute sie in seinem Rucksack. Irgendwie mochte es heut’ nicht so recht schmecken, was seine Haushälterin ihm da mitgegeben hatte. Nicht nur Marias Schicksal schlug ihm auf den Magen. Da war ja auch noch die leidige Geschichte mit Valentin Hofthaler und dem Verkauf seiner Sägemühle an diesen ominösen Herrn Hövermann aus München.

      Was mochte da noch alles auf St. Johann und seinen Pfarrer zukommen?

      *

      Mit klopfendem Herzen hielt Richard Anzinger auf dem Parkplatz des Hotels ›Zum Löwen‹ und stieg aus. Er warf einen Blick in die Runde, und was er sah, gefiel ihm. Ein hübsches, kleines Dorf, fernab der Großstadt mit all ihrem Lärm und Hektik. Ruhe und Beschaulichkeit strahlte der Ort aus. Der Kaufmann ging erwartungsvoll durch die Eingangs­tür.

      Auf der Fahrt hierher hatte er sich hundertmal gefragt, wie es sein würde, wenn er ihr gegen­über stand. Würde er es wirklich wagen, sich ihr zu offenbaren?

      Richard war Wolfgang unendlich dankbar. Der Freund hatte seine Verbindungen spielen lassen und innerhalb kürzester Zeit den Aufenthaltsort der Sängerin in Erfahrung gebracht. Einem anderen wäre dies wahrscheinlich nie gelungen. Wolfgang Winkler jedoch, der auch in der Musikbranche einen Namen als ›Starfotograf‹, im wahrsten Sinne des Wortes, hatte, kannte genug Leute, die ihm einen Gefallen schuldeten. Und so konnte er einem bis über beide Ohren verliebten Richard Anzinger beim Abendessen im ›Münchener Hof‹, den Ort nennen, wohin die Sängerin sich geflüchtet hatte.

      Das junge Madel am Emfang begrüßte ihn freundlich und bestätigte die Zimmerreservierung. Seine Sekretärin Ilse Brandner hatte es gleich am Morgen telefonisch gebucht. Der Hausdiener brachte Richard Anzinger nach oben. Als er sein Zimmer betrat – es hieß ›Enzianzimmer – hatte er keine Ahnung, daß die Frau, die er so sehr anbetete, im Zimmer gegenüber wohnte.

      Am liebsten hätte er den Hausdiener sofort nach Maria Devei befragt, doch er unterließ es. Er hoffte darauf, sie beim Abendessen, unten im Restaurant, zu treffen. Zunächst ging er ins Bad und erfrischte sich. Für das Abendessen war es noch zu früh. Richard beschloß, ein wenig auszuruhen.

      Später wachte er durch das Klappen einer Tür auf dem Flur auf. Er war also doch eingeschlafen. Seit dem Morgen hatte er nichts mehr gegessen und verspürte allmählich Hunger. Wie er es gewohnt war, zog er sich zum Essen um und ging hinunter ins Restaurant.

      Sepp Reisinger begrüßte den neuen Gast und führte ihn an einen freien Tisch. Er stand in einer Ecke, und man konnte von dort aus das ganze Lokal überblicken. Richard ließ sich die Speisekarte bringen, bestellte einen trockenen Sherry als Aperitif, und ließ sich Zeit mit der Auswahl. Schließlich wählte er ein Wildgericht. Während er auf das Essen wartete, ließ er seinen Blick durch das Restaurant schweifen, so wie er es schon beim Betreten getan hatte. Von Maria Devei war nichts zu sehen.

      Schade, dachte er. Ob sie vielleicht schon gegessen hat? Vielleicht ließ sie sich die Mahlzeiten ja auch auf dem Zimmer servieren.

      Das Essen war köstlich, und Richard ließ es sich schmecken. Allmählich wurde es immer vol­ler, doch die Sängerin war nicht unter den Neuankömmlingen. Um sich abzulenken, hatte Ri­chard in den ausliegenden Zeitschriften geblättert. Es war schon gegen zehn, als er sich erhob. Daß Maria Devei jetzt noch herunterkommen würde, daran glaubte er nicht mehr. Er sollte besser schlafen gehen, der Tag war anstrengend.

      Auf dem Treppenabsatz begegnete ihm Sepp Reisinger. Der Wirt trug ein Tablett mit benutztem Geschirr darauf. Er kam von dem Flur, auf dem Richards Zimmer lag.

      Sepp trat beiseite, um den Gast durchzulassen, und wünschte eine gute Nacht. Richard nickte ihm freundlich zu.

      »Sie haben ja richtig viel zu tun«, sagte er. »Wenn selbst der Chef mit anpacken muß.«

      »Das ist eigentlich eine Ausnahme«, antwortete Sepp Resinger.

      Er machte ein wichtiges Gesicht und sah sich um, ob ihn womöglich noch jemand hören konnte.

      »Wissen S’«, vertraute er dem Kaufmann an, »wir haben da eine bekannte Sängerin bei uns wohnen, die net wünscht, daß dies an die große Glocke gehängt wird. D’rum bedien’ ich selbst.«

      »Tatsächlich? Eine bekannte Sängerin, sagen Sie?«

      Richard bemühte sich, seiner Stimme einen unbefangenen Klang zu geben, obwohl sein Herz rasend klopfte.

      Der Löwenwirt nickte.

      »Bestimmt kennen S’ die Dame«, fuhr er fort. »Es ist Maria Devei. Sie wohnt Ihnen gegen­über, im Edelweißzimmer.«

      Er entschuldigte sich mit dem Hinweis, unbedingt wieder hinunter zu müssen.

      Richard Anzinger stand vor dem Edelweißzimmer und lauschte auf die Geräusche darin. Leise Musik erklang. Er wußte nicht, wie lange er dort gestanden hatte. Am liebsten hätte er angeklopft und Maria in die Arme geschlossen. Aber er wußte natürlich, daß es nicht ging. So blieb ihm nichts anderes übrig, als in sein Zimmer zu gehen und das Bild anzuschauen, das er seit gestern bei sich trug.

      *

      Toni Wiesinger und Sebastian saßen im Wohnzimmer des Pfarrhauses. Der junge Arzt war eben von einem späten Patientenbesuch gekommen und freute sich darauf, einen Schluck mit dem Geistlichen zu trinken. Pfarrer Trenker brachte das Gespräch auf Valentin Hofthaler und den Verkauf der Mühle.

      »Davon weiß ich schon seit ein paar Tagen«, meinte Toni und berichtete von dem Krankenbesuch im Nachbarort.

      »Ein unsympathischer Kerl, dieser Herr Hövermann«, sagte er. »Man sieht ihm förmlich an, daß er nur das Geld im Kopf hat. Dazu treibt er einen derartigen Raubbau mit seinem Körper, daß es zum Himmel schreit.

      Der Arzt trank von dem ausgezeichneten Roten.

      »Wird sich denn der Bau der Diskothek verhindern lassen?« fragte er.

      Sebastian Trenker machte ein energisches Gesicht.

      »Mit allen Mitteln werd’ ich dagegen ankämpfen. Eine Diskothek ist das letzte, was wir in St. Johann brauchen. Aber, wie ich den Bruckner-Markus kenn’, würd’ ihm so ein Laden gerad’ recht in den Kram passen. Der mit seinen Ideen vom Tourismusboom, der endlich auch hierher kommen müsse!«

      Damit hatte der Geistliche ein Thema angeschnitten, das seit geraumer Zeit die Gemüter des kleinen Bergdorfes erhitzte. Bürgermeister Bruckner ließ nichts unversucht, das Fremdenverkehrsgeschäft in St. Johann anzukurbeln. Dabei schoß er oft übers Ziel hinaus. Sehr zum Leidwesen einiger Besonnener, die eher auf sanften Tourismus setzten, der keine gigantischen Hotelneubauten verlangte, oder gefährliche Eingriffe in die Natur. Zu diesen Leuten gehörte vor allem Sebastian Trenker, der oftmals Mühe hatte, die ausufernden Pläne des Bürgermeisters und dessen Fraktion in den Schranken zu halten.

      »Also, meine Unterstützung haben S’, Hochwürden«, bekräftigte Toni Wiesinger seinen Standpunkt.

      Dann beugte er sich vor.

      »Sagen


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