Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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mag sein«, nickte der Arzt. »Trotzdem müssen wir schnell handeln. Gleich morgen, in der Früh’, werd’ ich den Kollegen Marner anrufen — oder nein, besser noch, ich fahr’ zu ihm hin. Lassen S’ mir das Gutachten hier.«

      »Natürlich«, erwiderte Sebastian. »Und ich werd’ mich um einen Rechtsanwalt für den Valentin kümmern, der die ganze Sache in die Hand nimmt.«

      »Was passiert denn, wenn der Hövermann die Baugenehmigung bekommt, und die Handwerker anrücken, bevor in der Sache etwas entschieden ist?« meinte Toni Wiesinger plötzlich. »Rein rechtlich ist Valentin net mehr Besitzer der Sägemühle.«

      »Aber die Umstände, unter denen es zum Verkauf gekommen ist, die sind sittenwidrig«, sagte der Geistliche erbost.

      »Aber, Sie haben natürlich recht. Gegen einen Trupp Bauleute wird der Valentin nichts ausrichten können. Und wer weiß, ob der Hövermann net noch andere Geschütze auffährt. Am besten wär’s, wenn er keine Baugenehmigung bekäme.«

      Er erhob sich.

      »Ich werd’ gleich mal dem Bruckner-Markus einen Besuch machen. Gottlob ist unser Bürgermeister net ganz mit Blindheit geschlagen, auch wenn man manchmal den Eindruck haben könnt’…«

      *

      Maria Devei und Richard Anzinger saßen in der kleinen Weinstube des Hotels. Hier war der Rahmen intimer, es war nicht so viel Trubel, wie im großen Restaurant, und es hätte der erste, unbeschwerte Abend seit langem werden können.

      Der Münchner Kaufmann hatte allerdings das Gefühl, daß Maria immer noch nicht glaubte, was der Arzt ihr am Nachmittag mitgeteilt hatte. Nach dem Besuch in der Praxis des Dr.Wiesingers, hatte sie sich vor dem Hotel von Richard verabschiedet. Sie müsse sich hinlegen und ausruhen, obwohl sie zuvor verabredet hatten, bis zum Abendessen einen Spaziergang zur Hütte hinauf zu machen. Dabei wirkte die Sängerin keineswegs erschöpft. Lediglich ihre Gedanken schienen immer wieder abzuschweifen. Sie hörte kaum zu, wenn Richard sie ansprach, und ihr Blick schien in die weite Ferne zu schweifen.

      Das war auch der Grund, warum der Kaufmann die Tische in der Weinstube reserviert hatte. Schon, als er sie von ihrem Zimmer abholte, hatte er den Eindruck, daß sich ihr Zustand nicht geändert hatte. Maria wirkte fahrig, zerstreut und schenkte dem Mann an ihrer Seite kaum Aufmerksamkeit. Selbst das Essen, ein wirklich schmackhaftes Fischgericht, verschmähte sie. Nach zwei, drei Bissen, schob sie den Teller beiseite und starrte vor sich hin.

      Richard legte sanft seine Hand auf ihren Arm.

      »Liebes, was ist mit dir?« fragte er sacht.

      Maria Devei atmete schwer. Dabei schaute sie ihn aus seltsam müden Augen an. Müde, obwohl sie geruht hatte. Der Mann fühlte, daß er sich weiterhin Sorgen um sie machen mußte. Marias Ängste waren immer noch da.

      In der Weinstube standen fünf Tische, von denen nur noch zwei weitere besetzt waren. Es saßen jeweils zwei Personen dort, die sich nicht darum kümmerten, was an den anderen Tischen geredet wurde. So fiel nicht auf, daß Ri­chard Anzinger verzweifelt auf die Sängerin einredete.

      »Maria, bitte, sag’ was los ist?« fragte er. »Kannst du denn net glauben, was der Doktor gesagt hat?«

      Die Frau schüttelte den Kopf.

      »Ich möcht’ ja gern«, sagte sie leise. »Aber ich kann mich net so geirrt haben. Ich weiß doch, was ich gehört hab’. Das kann doch niemand bestreiten!«

      Die junge Serviererin kam und fragte, ob sie abräumen dürfe. Richard nickte.

      »Hat’s der gnädigen Frau net geschmeckt?« erkundigte sich das Madel.

      »O doch. Es war sehr gut«, versicherte der Kaufmann. »Frau Devei fühlt sich net ganz wohl. Sagen S’ der Frau Reisinger, daß der Fisch ganz ausgezeichnet war.«

      Maria erhob sich.

      »Bitte, bring mich nach oben«, bat sie. »Ich bin müd’.«

      Richard erfüllte ihr den Wunsch, so schwer er ihm auch fiel. Wie gerne wäre er noch mit ihr zusammen geblieben. Hoffentlich kommt der Professor bald wieder zurück, betete er inständig, als er sich von der geliebten Frau verabschiedete.

      *

      Pfarrer Trenker saß nachdenklich in seinem Arbeitszimmer. Der Besuch beim Bürgermeister war so verlaufen, wie er erhofft hatte. Der Bruckner-Markus hatte ein Einsehen gezeigt, nachdem Sebastian ihm die Sachlage schilderte.

      »Das soll man gar net glauben, wozu die Leut’ fähig sind, wenn’s um’s liebe Geld geht«, sagte er kopfschüttelnd. »Natürlich werd’ ich dem Herrn Hövermann einen abschlägigen Bescheid erteilen.«

      Sebastian wiegte nachdenklich den Kopf.

      »Vielleicht net so schnell«, meinte er.

      Der Bürgermeister schaute ein wenig verständnislos.

      »Wie meinen S’ das, Hochwürden, net so schnell?«

      »Ich mein’, wenn der Bauantrag abgelehnt wird, was wird der Herr Hövermann dann machen? Er wird sich an Berthold Siebler wenden, um zu erfahren, was dahinter steckt. Sie werden ihm ja mitteilen müssen, daß er net der rechtmäßige Besitzer der Sägemühle ist. Und g’rad das möcht’ ich verhindern. Vorläufig zumindest. Ich denk’, es reicht, wenn der gute Mann erst seinen Bescheid bekommt, wenn Valentin wieder über sich selbst bestimmen kann.«

      Bruckner grinste.

      »Ah, ich versteh’, Herr Pfarrer. Werd’ ich den Herrn also noch ein bissel vertrösten. Allerdings – all zu lang kann ich’s auch net hinausschieben. Sonst wird er mißtrauisch.«

      »Schon morgen geh’n wir die Sache an«, erklärte der Geistliche. »Dr. Wiesinger kümmert sich um das Gutachten, und ich werd’ einen Rechtsanwalt beauftragen, bei Gericht eine vorläufige Aufhebung des Beschlusses zu erwirken.

      Wenn alles glattläuft, dann ist die Angelegenheit in ein paar Wochen ausgestanden.«

      Beim Abendessen, an dem, wie immer, auch Max teilnahm, war die Geschichte um Valentin Hof­thaler natürlich Thema des Tischgespräches.

      »Angezeigt gehört der Bursche«, schäumte der Gendarm. »Hoffentlich hat der Valentin kein Mitleid mit seinem sauberen Neffen. Einsperren müßt’ man den!«

      »Wer weiß?« meinte sein Bruder. »Er hat ja keine anderen Verwandten mehr. Bestimmt tut der Berthold ihm auch ein wenig leid.«

      »Also, wenn’s der Valentin net macht, ich tu’ es bestimmt«, erklärte der Max. »Dazu bin ich verpflichtet, wenn ich Kenntnis von einer Straftat erhalte. Und was der Siebler da gemacht hat, ist Betrug, Freiheitsberaubung, und was weiß ich noch alles!«

      Pfarrer Trenker nickte. Natürlich hatte sein Bruder recht. Als Polizeibeamter war er gezwungen, so zu handeln.

      »Mach’ deine Anzeige bloß net zu früh«, mahnte er. »Warten wir erstmal ab, was bei diesem Dr. Marner herauskommt. Wenn dessen Gutachten besser ist – wovon ich eigentlich ausgehe – dann haben wir gute Chancen vor Gericht. Das hat zumindest der Rechtsanwalt gesagt, mit dem ich vor dem Abendessen telefoniert habe. Morgen früh’ treffe ich ihn, anschließend fahre ich zur Sägemühle.«

      Max hatte sich mit dem Versprechen verabschiedet, noch zu warten, bevor er weitere Schritte unternahm. Sophie Tappert hatte das allabendliche Teekännchen hereingebracht, und sich dann zur Ruhe begeben. Pfarrer Trenker blieb noch eine gute Stunde sitzen, bis er sein Schlafzimmer aufsuchte. Dann lag der Geistliche noch lange wach. Seine Gedanken kamen einfach nicht zur Ruhe. Und immer wieder tauchte das Bild der Sängerin vor seinem geistigen Auge auf. So, wie Toni Wiesinger es ihm geschildert hatte, mochte Maria Devei dem Arzt nicht so recht glauben. Sebastian hatte das unbestimmte Gefühl, daß in dieser Angelegenheit sich doch noch nicht alles so harmonisch aufgeklärt hatte, wie es zuerst den Anschein hatte. Es dauerte jedenfalls sehr lange, bis sich bei dem Geistlichen der Schlaf endlich einstellen wollte.

      *

      Valentin Hofthaler sah miß­trauisch


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