Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

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Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung - Alfred Bekker


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Vornamen.

      Das junge, aber inzwischen auf dem internationalen Kunstmarkt sehr hoch gehandelte Genie trat stets nur unter seinem Nachnamen auf.

      Rena ging die hochwandigen Korridore entlang.

      Großformatige Gemälde hingen dort. 'Schafsblut auf Ölgrundierung', las Rena unter einem dieser gewaltigen, sehr farbenfrohen Bilder. Rena verschränkte die Arme vor der Brust. Und dafür müssen Schmidt-Rottloff und Macke für Wochen in den Keller!, ging es ihr kopfschüttelnd durch den Kopf.

      Aber Rena Sluiter war keineswegs hier, um sich dem Kunstgenuss hinzugeben oder über die tiefere Bedeutung nachzudenken, die die Verwendung von Schafsblut in der Malerei eines gewissen Bradecke vielleicht hatte.

      Die Tatsache, dass die Henri Nannen-Sammlung zur Zeit nicht an den Wänden hing, kombiniert mit der für einen Museumsbesuch relativ frühen Tageszeit machte die Kunsthalle zu einem idealen Treffpunkt für den Fall, dass man sich in aller konspirativen Diskretion mit jemandem verabreden wollte.

      "Hallo, Rena!"

      Der Klang dieser sonoren Männerstimme, ließ sie herumfahren. Von einer Sekunde zur anderen war sie aus ihren Gedanken herausgerissen worden. Sie drehte sich herum, roch plötzlich ein ziemlich intensives Tabak After Shave.

      "Tom!", flüsterte sie.

      Der hochgewachsene Mann war Mitte vierzig und hager. Das graue Haar war kurzgeschnitten. Das Gesicht war breit, kantig und am Kinn spitz zulaufend. In den leuchtend blauen Augen blitzte es. Tom trug Rollkragen, schwarze Lederjacke und graue Schurwollhose. Am Handgelenk hatte er eine Rolex.

      Tom trat mit lässigem Habitus auf Rena zu, versuchte sie zu küssen.

      Aber sie wich ihm aus.

      Tom drehte sich kurz um, ließ den Blick schweifen. Sie waren allein in diesem Ausstellungsraum, dessen herausragendes Merkmal das Schafblut-Gemälde des genialen Bradecke war. "Super Treffpunkt, den du ausgesucht hast!", raunte Tom.

      Seine Hand glitt über ihre Schulter.

      "Komm, lass das jetzt."

      "Was zierst du dich so?"

      "Tom..."

      "Glaubst du, irgendein Bekannter deines Mannes würde in die Emder Kunsthalle gehen, wenn dort ein gewisser Bradecke ausstellt?" Tom lachte leise auf. "Rena, du solltest deinen biederen Ubbo und seine Kreise doch nun wirklich besser kennen..."

      "Wir müssen reden, Tom!"

      Sie sahen sich an. Rena studierte einige Augenblicke lang seine Gesichtszüge, versuchte vergeblich darin zu lesen. Tom Tjaden war Geschäftsmann. Ihm gehörten mehrere Bars und Diskotheken in Leer, Emden, Aurich, Wilhelmshaven und auf Borkum.

      Außerdem spekulierte er mit Immobilien. Böse Zungen (und Staatsanwälte) behaupteten immer wieder, dass Tjaden Verbindungen zum organisierten Verbrechen hatte und es sich bei seinen 'Läden' mehr oder weniger um Geldwaschanlagen handelte. Aber bislang hatte Tjaden noch jedes juristische Kreuzfeuer abwehren können und war dabei ökonomisch gesehen immer größer geworden.

      Rena hatte ihn am Strand von Borkum kennen gelernt. Mehr als ein Jahr war das her. Ubbo war über ein Wochenende mit den Jungs zur BOOT nach Düsseldorf gefahren. Schließlich musste der Junior-Chef des Sluiter'schen Geschäfts sich auf der größten Messe für Boots- und Segelbedarf in Europa auf dem Laufenden halten.

      Rena hatte das Wochenende für einen Trip zu dem Ferienhaus auf Borkum genutzt, das die Sluiters besaßen.

      "Am Telefon klang es so, als wäre es ziemlich dringend!", murmelte er. Er drängte sich an sie heran. "Ist es bei mir auch."

      "Tom, es geht um die Boutique..."

      Sie schob ihn sanft von sich. Auf Borkum hatten sie eine heftige Affäre gehabt und sich dort auch später noch ab und zu getroffen. Sie hatte einfach nicht widerstehen können. Ubbo war grundsolide, ein biederer Krämer. Tom Tjaden war das genaue Gegenteil. Eine Aura des Verruchten umgab ihn. Ein Hauch von dem, was Rena sich insgeheim immer unter 'großem Leben' vorgestellt hatte. Irgendwann hatte er dann von der Boutique erzählt, die er aufgekauft hatte. Ein Ladenlokal in günstiger Lage, mitten in Emden, gleich neben dem großen Kaufhaus-Gebäude, in dem früher Hertie, danach eine Filiale der Kaufhalle und heute der Schuh-Discounter Reno beheimatet war. Ein Schnäppchen, wie Tom Tjaden betont hatte. Ihm war die Boutique bei einer Zwangsversteigerung in die Hände gefallen. Natürlich dachte er daran, sie mit möglichst großem Gewinn weiter zu veräußern.

      "Hör mal, Schätzchen, es wird langsam ein bisschen knapp!", meinte Tom. "Ich habe ein paar wirklich interessierte Leute, die das Ladenlokal gerne haben möchten. Und wenn dein Mann nicht in die Puschen kommt, dann tut's mir Leid für dich. Dann wird nix draus! Weißt du, sonst steh ich nachher da und habe es mir mit allen verscherzt, die so ein Ding kaufen könnten."

      Rena atmete tief durch.

      "Ich brauche einfach noch ein bisschen Zeit."

      "Ist es wirklich so schwer, deinen Alten 'rumzukriegen?"

      "Tom!"

      "Du hast doch einiges drauf, um dir diese steife Mumie etwas gefügiger zu machen!" Tom Tjaden lachte dreckig.

      "Ubbo ist nicht das Problem."

      "Ach, nein?"

      "Seine Mutter!"

      "Verstehe." Er schüttelte den Kopf, kratzte sich dabei am Hinterkopf. "Wie konnte eine Klasse-Frau wie du nur an so ein Muttersöhnchen geraten?"

      "Was willst du eigentlich? Mich niedermachen?"

      "So war das nicht gemeint!"

      "Tom, ich brauche noch etwas Zeit, dann..."

      "...dann kriegst du die alte Sluiter so weit, dass sie ihre Meinung ändert?"

      "Traust du mir das nicht zu?"

      Tom Tjaden grinste schief. "Wenn sie ein Mann wäre - ohne weiteres!"

      "Seit dem Tod meines Schwiegervaters ist halt alles etwas schwieriger geworden."

      "Ich habe davon gehört. Die Zeitungen haben ja ausführlich darüber berichtet. Echt tragisch - so ein Unfall beim Segeln." Er grinste erneut, drückte sich an Rena heran und strich ihr Haar zurück. Dann flüsterte er ihr ins Ohr: "Eigentlich hast du doch gedacht, dass deine Probleme durch den Tod des Alten erst mal erledigt sind. Die akuten Probleme zumindest!"

      "Es ist nun mal aber anders gekommen."

      "Ja, ja..."

      "Außerdem..." Sie zögerte, sprach zunächst nicht weiter und ließ sich stattdessen gefallen, dass Tom Tjaden ihr zärtlich auf das Ohr küsste. Stoß ihn besser nicht so vor den Kopf, schließlich braucht du seine Hilfe vielleicht noch einmal!, ging es ihr durch den Kopf.

      "Außerdem was?", hakte Tom nach. "Es nervt, wenn du Sätze nicht zu Ende sprichst."

      "Bernhardine Sluiter glaubt nicht, dass der Tod ihres Mannes ein Unfall war."

      "Ach, was!"

      "Sie hat einen Privatdetektiv engagiert, der der Polizei Beine machen soll!"

      Tom ließ von ihrem Ohr ab. Seine Augenbrauen zogen sich zu einer Schlangenlinie zusammen.

      "Wie heißt der Typ?"

      "Lorant."

      "Lorant? Und mit Vornamen?"

      "Keine Ahnung. Ist ein Auswärtiger."

      "Nun mach dir mal keinen Kopf. Der kocht auch nur mit Wasser."

      "Ich hasse diese Schnüffelei trotzdem. Aber auch davon ist Bernhardine nicht abzubringen. Richtig starrsinnig ist sie geworden."

      Tom Tjaden entfernte sich zwei Schritte, sah sich das Schafblutgemälde an, berührte es mit dem Zeigefinger der rechten Hand, obwohl das strengstens verboten war. Dann sah er sich die Fingerkuppe


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