Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

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Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung - Alfred Bekker


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"Sauerei", knurrte er.

      "Bis Ende nächster Woche könnte ich die Interessenten vertrösten", sagte Tom Tjaden. "Aber spätestens dann ist die Boutique weg. Schaffst du das?"

      "Wenn ich nur Ubbo überzeugen müsste, wäre es leichter."

      "Rena, ich finde, wir haben uns schon viel zu lange nicht mehr getroffen!"

      "Tom!"

      "Keine Lust auf 'ne schnelle Nummer?"

      Er drängte sich wieder an sie. Seine Hand wanderte über ihre Schulter, dann tiefer. "Blöd, dass du einen BH trägst!"

      "Komm, lass das!"

      "Draußen steht mein Ferarri. Setz dich rein, und wir sind innerhalb von null komma nix in Leer."

      In Leer besaß Tom Tjaden eine großzügige Villa im Stil der Jahrhundertwende. Er hatte sie aufwändig restaurieren lassen. Rena war einmal dort gewesen. Tom war schon schon auf dem großen Teppich in der Eingangshalle über sie hergefallen.

      Aber im Moment stand ihr einfach nicht der Sinn danach.

      "Ich muss pünktlich zu Hause sein."

      "Wieso?"

      "Die Jungs."

      "So'n Schiet."

      Sie hatten nie darüber geredet, aber Rena war sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass Tom Tjaden außer ihr noch andere Frauen hatte, bei denen er sich austoben konnte. Bei ihrem ersten und einzigen Besuch in seiner Leeraner Villa hatte sie eindeutige Anzeichen dafür gefunden, dass er regelmäßig Besuch von anderen weiblichen Wesen erhielt. Eine Haarbürste mit langen blonden Haaren im Bad, eine vergessene Handtasche... Sie hatte keinen Grund, Tom Tjaden seine Polygamie vorzuwerfen. Trotzdem war dadurch bei ihr ein instinktiver Widerwille gegen diese Villa entstanden und so hatten sie sich danach nur noch auf Borkum getroffen.

      Außerdem war ihr klar geworden, dass sie vorerst weiterhin auf Ubbo angewiesen sein würde und ihren biederen, wenn auch langweiligen und reichlich provinziellen Ehemann nicht einfach in die Wüste schicken konnte. Zumindest konnte sie kaum erwarten, sich bei Tom Tjaden gleich in ein gemachtes Nest setzen zu können, denn für ihn war sie wohl kaum mehr als ein reizvolles Sex-Spielzeug.

      "Also, in zwei Wochen ist das Geld da?"

      "Ja."

      "Ich kann mich drauf verlassen? Wenn du mich im Regen stehen lässt, dann..."

      "Ich krieg das hin, Tom."

      "Gehen wir wenigstens noch einen Kaffee trinken?"

      "Ich weiß nicht."

      "Es gibt doch eine Cafeteria hier in der Kunsthalle."

      "Meinetwegen."

      "Gut."

      Er legte den Arm um sie. Eine besitzergreifende Geste. Fast so, wie bei amerikanischen Krimi-Serien, wenn jemand verhaftet wird!, überlegte Rena. Sie gingen den Korridor entlang. Ihre Schritte halten wider. Toms Arm zuckte kaum merklich, als sie einem der Museumswärter begegneten. Aber die Hand blieb auf ihrer Schulter. Wie die Pranke eines Löwen auf seiner Beute, dachte Rena. Bilder tauchten in ihrem inneren Auge auf. Fernsehbilder aus ihrer Jugend. 'Im Reich der wilden Tiere' und 'Grzimeks Tierleben'. Raubkatzen, die Antilopen und Zebras rissen, ihre Pranken darauf legten wie Tom Tjaden seine Hand auf ihre Schulter. Blut. Rohes Fleisch. Und plötzlich sah sie das Gesicht ihres Schwiegervaters vor sich. Und dabei war auch Blut zu sehen. Blut, das aus einer klaffenden Wunde am Kopf herausrann.

      Nein, weg damit!

      Sie schloss für einen Moment die Augen, wollte diese Bilder aus ihrem Inneren verscheuchen.

      Es ist gut, dass er tot ist!, durchfuhr es sie. Und du brauchst deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben...

      Sie erreichten die Cafeteria.

      Rena schob vorsichtig Tom Tjadens Pranke weg.

      "Weißt du was? Jetzt erzählst du mir mal, was du mit deiner Schwiegermutter vorhast!", raunte Tom ihr zu, nachdem er zwei Capucchinos bestellt hatte. Natürlich ohne Rena vorher zu fragen, ob sie so etwas überhaupt trinken wollte.

      ––––––––

      14.

      Blutrot leckte das Mündungsfeuer aus dem Revolverlauf heraus. Der Knall war ohrenbetäubend. Lorant zuckte zwar zur Seite, aber keine noch so schnelle Reaktionszeit hätte ihn vor der Revolverkugel retten können.

      Das Gesicht des Weißblonden war zu einer Grimasse des Hasses geworden.

      Sekundenbruchteile, bevor der Revolver abgedrückt wurde, hatte der Große seinen Kumpanen erreicht und ihm den Arm zur Seite geschlagen. Der Schuss ging knapp an Lorant vorbei.

      "Bist du verrückt?", schrie der Große. "Willst haben nix wie Ärger?" Er fuhr auf Russisch fort. Die beiden schrieen sich an.

      "Ich bring es um, das Schwein!", rief der Weißblonde.

      Die Erwiderung auf Russisch konnte Lorant nicht verstehen.

      Schließlich zog der Große seinen Komplizen am Arm, führte ihn hinaus.

      Einen Augenblick lang hörte Lorant noch die Schritte ihrer schweren Stiefel auf dem Asphalt.

      Ächzend erhob sich der Detektiv. Das war knapp, dachte er. Aber wer immer die zwei Eindringlinge auch gewesen waren - es handelte sich nicht um Profis. Die Situation, dass jemand sie dabei erwischte, wie sie den Geschäftsinhaber zusammenschlugen, schien sie vollkommen überfordert zu haben. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass genau so eine Überforderung zu einer Tragödie führt, rief Lorant sich ins Gedächtnis.

      Lorant humpelte zum Tresen.

      Eine Sekunde lang überlegte er, die Polizei zu rufen, damit die sich an die Fersen der beiden Flüchtigen heften konnte. Aber dann entschied er sich dagegen. Und das lag nicht nur an den zwiespältigen Erfahrungen, die er bislang mit Kriminalhauptkommissar Meinert Steen von der Emder Kripo gemacht hatte. Es war ja letztlich auch nicht ganz auszuschließen, dass es bei den Kollegen von der verbeamteten Truppe auch professionell arbeitende Kollegen gab.

      Nein, Lorants Zögern hatte einen anderen Grund.

      Er wollte zuerst mit Ubbo Sluiter reden.

      Sofern das möglich war.

      Ubbo Sluiter lag reglos am Boden. Nur sein Rücken hob und senkte sich ganz leicht. Ein Zeichen dafür, dass er atmete. Und lebte. Immerhin etwas, dachte Lorant.

      Als er sich zu dem Geschäftsinhaber hinunterbücken wollte, verzog er das Gesicht. Er stöhnte auf. Ziemlich ungeniert und laut sogar, denn außer Ubbo Sluiter war ja niemand im Laden. Und wenn der dadurch aus seiner Benommenheit geweckt wurde -—um so besser!

      Der Ischias machte Lorant zu schaffen.

      Gut, dass du nicht mehr im Straßeneinsatz bist!, dachte er. Er kniete nieder, rüttelte Ubbo Sluiter bei den Schultern.

      "Herr Sluiter! Alles in Ordnung?"

      Sluiter rührte sich, spannte die Muskeln seiner Oberarme an und stemmte sich hoch. Er setzte sich auf, hielt sich den Kopf. Ubbo Sluiter sah kreidebleich aus.

      "Sind..."

      "Ja, die beiden sind weg."

      "Wer sind Sie?"

      "Lorant."

      "Ah..."

      "Ich nehme an, Ihre Mutter hat Ihnen von mir erzählt."

      "Hat sie."

      "Eigentlich war ich eher zufällig hier, weil ich mich mit Ihnen über den Tod Ihres Vaters unterhalten wollte."

      "Verstehe."

      "Da sah ich, dass


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