Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker

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Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung - Alfred Bekker


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      "Aber vielleicht wissen Sie jemanden, der Sluiter so hasste, dass er ihn auf eine gewisse demonstrative Weise zur Strecke brachte."

      "Ist das denn geschehen? Nachdem, was ich gehört habe..."

      "Ich interpretiere die Spuren am Tatort etwas anders als die Kripo."

      "Was Sie nicht sagen!"

      "Also -—kennen Sie so jemanden?"

      Dr. Purwin schien einige Augenblicke lang zu überlegen. Als er dann zu sprechen begann, klang seine Stimme ruhiger und sachlicher als zuvor.

      "Sluiter war ein grundsolider Geschäftsmann, aber er hatte mitunter ein cholerisches Temperament. Allerdings wüsste ich nicht, dass er mal jemandem derart auf die Füße getreten wäre... Naja..."

      "Erzählen Sie's ruhig, auch wenn Sie glauben, dass es unwichtig ist!"

      "Da war vor ein paar Jahren mal was. Es gab hier ein Riesentheater um einen Nachtclub mitten auf der flachen Wiese."

      "Heißt der zufällig X-Ray?"

      "Ja, woher wissen Sie das?"

      "Was war damit?"

      "Herr Sluiter hatte immer sehr feste Ansichen. Konservative Ansichten. Und er war damals der Meinung, dass das X-Ray nichts anders als ein Bordell wäre. Er hat versucht, mit Hilfe seiner kommunalpolitischen Freunde dem Investor Steine in den Weg zu werfen. Damals hat Herr Sluiter in der Presse erklärt, dass man ihm mit Mord gedroht habe!"

      "Hat er mit Ihnen darüber gesprochen?"

      "Nein."

      "Der Nachtclub existiert ja wohl."

      "Allerdings mit Auflagen, soweit ich weiß."

      "Aber der Besitzer kann doch eigentlich gar keinen Grund mehr haben, sauer auf Sluiter zu sein."

      "Tut mir leid, aber ich kann und will Ihnen jetzt nicht mehr weiterhelfen. Lassen Sie mir Ihre Karte da, sofern Sie eine haben. Vielleicht... Wenn mir was einfällt, rufe ich Sie an."

      "Gut."

      Lorant langte in die Innentasche seines Jacketts, holte eine seiner Visitenkarten heraus. "Bitte nur die Handynummer anrufen. Schließlich bin ich ja nicht zu Hause."

      "Schon klar."

      "Sie kommen nicht von hier?"

      Dr. Purwin lächelte mild. "Nein, ich stamme aus Osnabrück."

      "Sind Sie hier schon heimisch genug, um zu boßeln?"

      "Ich war sogar mal Mitglied in einem Boßel-Verein, den 'Söipkedeelern'."

      "Das ist derselbe Verein, in dem auch Gretus Sluiter aktiv war."

      "Ja, da haben wir uns kennen gelernt."

      Purwins Gesicht bekam plötzlich einen düsteren, etwas melancholisch wirkenden Zug. Sein Blick war für einige Augenblicke lang nach innen gerichtet und wirkte abwesend.

      "Seit wann sind Sie nicht mehr bei den Söipkedeelern?"

      "Seit vier Jahren."

      "Hatte das einen bestimmten Grund? Sie sehen gesund genug aus, um kräftig mittrinken zu können, ohne gleich ein Fall für die eigene Praxis zu werden."

      Purwins Lächeln wirkte matt. Er erhob sich, ging zur Tür und öffnete sie für Lorant. Eine Art Rauswurf erster Klasse, erkannte Lorant.

      Er ging zur Tür, blieb vor dem Arzt stehen und blickte Purwin direkt in die Augen.

      "Nun?"

      "Es gab einen Unfall." Purwin sprach mit sehr leiser Stimme. Es war beinahe nur ein Wispern. "Wissen Sie, Boßeln wirkt wie ein sehr harmloser Sport, aber es kann alles Mögliche passieren, wenn Verkehrsteilnehmer nicht aufpassen. Ich wollte es danach einfach nicht mehr. Außerdem konnte ich diesen Schnaps, den die hier trinken, nicht ausstehen."

      "Leuchtet mir ein."

      Lorant ging an ihm vorbei, hörte irgendwo den bekannten Ruf: "Der Nächste, bitte!" Eine Arzthelferin brachte ihn zum Reizstromgerät. Na großartig, dachte er. Dann habe ich ein bisschen Zeit zum Nachdenken.

      ––––––––

      16.

      Warum hat Dr. Purwin eine Karte von mir gefordert?, ging es Lorant durch den Kopf, als er sich am frühen Nachmittag auf der Autobahn Richtung Oldenburg befand. Er beschleunigte den Carisma auf Tempo 200. Die Autobahn war fast leer. Eine regelrechte Rennstrecke. Anders wurde es erst, sobald man die A1 erreichte. Aber das war nach der Raststätte Huntetal.

      Lorant wollte sich an die Oldenburger Kripo wenden, um vielleicht noch interessante Details über den bisher unidentifizierten Toten herauszubekommen, den man in Huntetal gefunden hatte.

      Am Autobahnkreuz Leer hatte Lorant die A31 verlassen und die A28 genommen. Ein Schild wies auf die Abfahrt Westerstede hin.

      Lorant spürte seinen Ischias noch etwas, aber die Spritze hatte zusammen mit der Reizstrombehandlung wahre Wunder bewirkt.

      Als Arzt verstand Purwin offenbar sein Handwerk.

      In Gedanken ließ Lorant den Besuch bei Dr. Purwin noch einmal Revue passieren. Kontrollierte dieser jungenhafte Mann eigentlich regelmäßig seine eigenen Blutdruckwerte? Bei dem sehr wechselhaften Temperament, das ihn offenbar auszeichnete, war das wohl nur zu empfehlen.

      Die Visitenkarte!, ging es Lorant abermals durch den Kopf. Erst wollte er gar nicht mit dir reden, dann will er unbedingt deine Karte, um dich vielleicht doch noch anzurufen.

      Was konnte das bedeuten?

      Dass Purwin mehr wusste, als er zunächst offenbart hatte?

      Ich werde wohl einfach geduldig abwarten müssen, bis mein Handy klingelt, überlegte Lorant. Aber irgendetwas musste da noch sein, etwas, das Purwin aus was für Gründen auch immer zunächst für sich behalten hatte. Die Polizei hat ihn bei ihren ach so gründlichen Ermittlungen vermutlich gar nicht gefragt, ging es Lorant durch den Kopf. Wahrscheinlich musste man dem Arzt einfach noch etwas Zeit geben. Für Lorant hatte Purwin etwas von einer verschlossenen Auster. Aber er würde sie knacken. In diesem Punkt war er zuversichtlich.

      Lorant stellte die Stereoanlage an. Herbie Hancocks 'Sly' begann mit einigen sehr percussiven Figuren. Den Klang der inzwischen längst aus der Mode gekommenen und leicht scheppernden Fender-WE-Pianos mochte Lorant. Auf einem modernen Keyboard war das kaum zu imitieren. Lorant seufzte. Nie wieder wurde solche Musik gemacht, wie in den Siebzigern, dachte er.

      Er fuhr an Wiefelstede und Bad Zwischenahn vorbei, erreichte schließlich die Außenbezirke von Oldenburg.

      Lorant hatte sich den Weg zum Polizeidienstgebäude vorher genau auf der Karte angesehen und sich einen Stadtplan von Oldenburg besorgt. Nachdem er von der Autobahn hinuntergefahren war, quälte er sich durch den Stadtverkehr. Die Autobahn führte mitten durch Oldenburg, für die Bewohner hinter einer hohen Lärmschutzwand verborgen.

      Schließlich erreichte Lorant das Polizeidienstgebäude am Friedhofsweg Nummer 30.

      Was für eine passende Adresse, dachte Lorant.

      Lorant parkte seinen Wagen, betrat das Gebäude und versuchte, sich an den Hinweisschildern zu orientieren. Es gab zwei Kommissariate, die Wasserschutzpolizei Küstenkanal-Hunte, die III. Abteilung der Landesbereitschaftspolizei, die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (Fachbereich: Polizei) sowie das Bildungsinstitut der Polizei. Alles untergebracht in ein und demselben Gebäudekomplex.

      Lorant meldete sich erst in den Büros des ersten Kommissariats, wurde dann aber belehrt, dass für den Fall der Leiche an der Raststätte Huntetal das zweite Kommissariat zuständig war.

      Schließlich saß der Detektiv einem


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