Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher


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zu. Dann überlegte er.

      »Ich muß natürlich die Kollegen davon in Kenntnis setzen, daß du dich jetzt hier aufhältst«, sagte er schließlich. »Das mach’ ich am besten, indem ich in die Kreisstadt fahr’ und mit dem Chef dort sprech’. Natürlich wird er net erbaut sein, das zu hören, aber so, wie ich ihn kenn’, wird er auf den Vorschlag eingeh’n.«

      »Das wär’ gut, wenn du’s persönlich mit ihm beredest«, nickte der Bergpfarrer. »Was sagst’ zu Thomas’ Idee, heut’ nacht die Beweise aus dem Büro zu holen?«

      Max zuckte die Schulter.

      »Warum net? Da wir ja einen Schlüssel haben, gelangen wir ganz legal in die Räume. Niemand kann uns einen Einbruch vorwerfen.«

      Sie besprachen die Einzelheiten. Andrea saß neben Thomas und hielt seine Hand ganz fest. Nach einer Stunde sah Sebastian auf die Uhr.

      »Ich denk’, wir sollten jetzt uns’ren ganz alltäglichen Aufgaben nachgeh’n«, meinte er an seinen Bruder gewandt. »Damit niemandem was auffällt. Sie, Thomas, bleiben in der Sakristei. Auch während der Messe dürfen S’ sich nicht blicken lassen. Da fällt mir ein, daß ich den Herrn Kammeier darüber informieren muß, daß Sie hier sind. Es wird net mehr lang’ dauern, bis er herkommt.«

      Der junge Mann nickte. Er war bereit, alles zu befolgen, auch wenn er die Zeit bis zum Anbruch der Nacht nicht abwarten konnte.

      Andrea verabschiedete sich mit einem langen Kuß von ihm, bevor sie ins Pfarrhaus zurückging. Dort wollte sie Sophie Tappert bei der Arbeit helfen. Das war zwar nicht wirklich notwendig, aber die Hände in den Schoß legen und nichts tun, konnte sie nicht.

      Pfarrer Trenker war ebenfalls hinübergegangen. In seinem Kalender standen einige Termine, die er trotz der Ereignisse nicht absagen konnte.

      Nach außen hin mußte alles so aussehen wie immer.

      *

      Auf dem Brandtnerhof war an diesem Morgen alles anders als sonst. Loisl und Maria wußten nicht, welche Arbeit sie zuerst erledigen sollten. Einen fehlenden Knecht – den konnte man notfalls verschmerzen. Aber jetzt merkten sie doch, daß auch Andrea nicht da war, die sonst kräftig mit Hand anlegte.

      Entsprechend war die Stimmung, zumal es zwischen den Eheleuten knisterte. Den stummen Vorwurf im Blick seiner Frau konnte der Bauer wahrlich nicht übersehen. Er selbst hatte eine fürchterliche Nacht hinter sich, mit Alpträumen, in denen er seine Tochter in den Händen eines Verbrechers sah. Schweißgebadet war er noch vor dem ersten Hahnenschrei aufgewacht, und die erste Frage, die er sich stellte, war: Hab’ ich recht gehandelt?

      Im Grunde wußte der Brandtner-Loisl die Antwort. Er liebte Andrea, wie ein Vater sein Kind nur lieben konnte. Um so schlimmer war für ihn die Vorstellung, sie an einen gesuchten Betrüger zu verlieren. Dennoch wurde ihm klar, daß es falsch gewesen war, seine Tochter aus dem Haus zu weisen.

      Daß seine Frau das Madel selbst nach St. Johann gefahren hatte, wußte er nicht. Und Maria sprach, seit sie aufgestanden war, kein Wort mit ihm. Er hatte also keine Ahnung, wo Andrea sich aufhielt, und das bereitete ihm noch größere Sorgen.

      Das Frühstück verlief schweigend. Aufgrund der vielen Arbeiten, die sie zu erledigen hatten, kamen sie erst gut zwei Stunden später dazu, sich an den Tisch zu setzen. Indes – schmecken wollte es beiden nicht recht. Maria aß eine Scheibe Brot, während ihr Mann nur in seiner Kaffeetasse rührte und dumpf vor sich hinstarrte.

      »Ich fahr’ gleich zur Bergwiese hinauf«, sagte der Bauer, nachdem er die Tasse geleert hatte.

      Seine Frau nickte stumm.

      Alois Brandtner erhob sich und ging zur Tür, während Maria sitzenblieb.

      »Weißt du, wo das Madel ist?« stellte er endlich die Frage, die ihm schon den ganzen Morgen auf der Seele brannte.

      Die Bäuerin zuckte die Schulter. Schmor’ ruhig noch ein bissel, dachte sie.

      »Ist’s dir denn vollkommen gleichgültig, was aus uns’rer Tochter wird?« rief Loisl aufgebracht über die scheinbare Gleichgültigkeit seiner Frau.

      Sie sah ihn kühl an.

      »Diese Frage solltest’ dir besser selbst stell’n«, erwiderte sie. »Du hast sie aus dem Haus gejagt.«

      Der Bauer warf die Küchentür hinter sich zu, und Maria blieb allein zurück. Als sie den Traktor vom Hof fahren hörte, lief sie in die Diele, wo das Telefon stand. Sie wählte die Nummer des Pfarrhauses.

      »Maria Brandtner«, sagte sie, nachdem sich die Haushälterin gemeldet hatte. »Könnt’ ich wohl die Andrea sprechen?«

      Sophie Tappert bat sie zu warten. Dann, nach einem kurzen Moment, hörte sie die Stimme ihrer Tochter.

      »Wie geht’s dir?« wollte sie wissen.

      »Gut, Mama. Hier ist alles in Ordnung.«

      Eine kleine Pause.

      »Und bei euch?«

      »Na ja, es ist halt viel zu tun. Man merkt schon, wenn plötzlich vier Hände fehlen.«

      »Ich würd’ ja gern zurückkommen«, sagte das Madel. »Aber ich weiß net, ob der Papa es überhaupt will.«

      »Ich glaub’, daß er sich um dich sorgt«, meinte ihre Mutter. »Und ich bin sicher, daß er den Rauswurf von gestern abend schon bitter bereut.«

      »Ja, aber er ist und bleibt ein sturer Kerl.«

      »Laß ihn ruhig noch ein bissel im Ungewissen. Die Arbeit werden wir schon irgendwie schaffen, aber es wird ihm net schlecht bekommen, wenn er endlich merkt, daß du eine erwachsene Frau bist und net mehr das kleine Madel. Hauptsach’ ist, daß du und Thomas euch einig seid und es schafft, die Vorwürfe gegen ihn zu widerlegen.«

      »Danke, Mama«, freute sich Andrea über den Zuspruch.

      »Wie geht’s ihm denn? Hat er sich einigermaßen von dem Schreck von gestern abend erholt?«

      »Ich glaub, inzwischen ja. Heut’ wird’s noch mal ein langer Tag für ihn. Er darf ja net aus der Kirch’ heraus. Eigentlich ist’s wie in einem Gefängnis, wo man auch net heraus kann. Aber heut’ abend wird er mit Hilfe von Hochwürden und Max die Beweise für seine Unschuld besorgen.«

      »Dann grüß ihn recht schön von mir«, sagte die Bäuerin. »Ich wünsch’ ihm Glück.«

      *

      Die Anlagefirma Neumayr hatte ihren Sitz in der Münchener Innenstadt. Es war ein mehrstöckiges Gebäude. Unten befanden sich einige Ladenlokale, in den beiden oberen Stockwerken die Büros mehrerer Unternehmen.

      Thomas und seine beiden Begleiter waren kurz nach elf Uhr aufgebrochen. St. Johann lag bereits im tiefen Schlaf, als sie durch das Dorf fuhren. Von der Kreisstadt aus gelangten sie auf den Zubringer zur Autobahn, dann dauerte es noch gute zwei Stunden, bis sie in München ankamen.

      Max hatte am Morgen eine längere Unterredung mit seinem Vorgesetzten geführt. Kurt Wirtzbacher hatte erstaunt zugehört, was ihm sein Beamter da erzählte.

      »Ich kenn’ und schätze Ihren Bruder«, sagte er, nachdem er das Gehörte erst einmal überdacht und verarbeitet hatte. »Und nur deshalb stimme ich diesem Vorschlag zu. Sollten allerdings morgen vormittag die Beweise net auf dem Tisch liegen, werde ich mit dem Staatsanwalt sprechen müssen. Das Kirchenasyl ist zwar eine Sache, einen gesuchten Verbrecher zu schützen, eine andere.«

      Der Polizeichef hob die Hand, als er merkte, daß Max etwas erwidern wollte.

      »Noch geh’ ich davon aus, daß der Herr Neumayr die Wahrheit sagt«, fuhr er fort. »Trotzdem – sollte sich bis morgen zehn Uhr nichts getan haben, wird auch der Bischof Ihres Bruders nicht verhindern können, daß wir Thomas Neumayr festnehmen.«

      Max bedankte sich und fuhr zurück nach St. Johann. Seine Gefühle waren zwiespältig. Er vertraute auf die Menschenkenntnis seines Bruders, aber niemand konnte davor sicher


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