Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher


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da.

      Katharina setzte sich an ihren Schreibtisch, stellte einige Notizen für die Mitarbeiter zusammen, und schrieb einen Gruß für sie auf ein großes Blatt Papier. Zufrieden saß sie kurze Zeit später wieder in ihrem Wagen. Sie atmete tief durch, bevor sie den Motor anließ.

      Was würde sie wohl erwarten, wenn sie ihr Ziel erreicht hatte?

      Diese Frage beschäftigte die junge Frau, während sie die Autobahn Richtung Würzburg nahm und, mit jedem Meter, den sie zurücklegte, diesem Ziel immer näherkam.

      *

      Christian Buchner schaute mißmutig auf die Reste der heruntergebrannten Scheune. In der Hand hielt der junge Bauer ein Schreiben der Versicherungsgesellschaft, die ihm mitteilte, daß er für den Brandschaden keine finanzielle Entschädigung erwarten konnte.

      ›Da Sie mit den Prämienzahlungen seit mehreren Monaten im Rückstand sind, kündigen wir Ihren Vertrag, gemäß unseren Geschäftsbedingungen.‹

      Diesen Satz hatte er immer wieder gelesen. Wenn er es recht bedachte, dann bedeutete er auch das Ende seiner Existenz als Bauer.

      Burgl Vahlinger, seine alte Magd, trat aus der Tür. Sie arbeitete seit gut acht Jahren auf dem Sonnenhof, Christians Vater hatte sie eingestellt, als seine Frau starb.

      »Willst’ net zum Essen kommen?« fragte sie.

      Der Bauer schaute auf. Sein Blick schien aber durch sie hindurchzugehen, als nehme er sie überhaupt nicht wahr. Endlich nickte er und folgte ihr ins Haus. Auf dem Tisch stand ein Topf mit Suppe. Burgl füllte die Teller, Christian setzte sich auf seinen Platz, auf der Eckbank.

      »Das Beste wird’s sein, wenn du dich nach einem and’ren Hof umschaust«, sagte er, während sein Löffel in der Suppe rührte.

      Erschreckt blickte sie ihn an.

      »Steht’s denn so schlimm?«

      Christian nickte.

      »Schlimmer kann’s gar net sein«, erklärte er. »Wenn net ein Wunder geschieht, dann geht der Hof unter den Hammer. Die einzige Hoffnung, die ich hab’ ist, daß die Bank noch einmal mit sich reden läßt.«

      Allerdings mochte er kaum glauben, daß der Filialleiter der Sparkasse ihm helfen würde. Auch dort war er mit den Raten für die Hypothek im Rückstand, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann die Bank den Kredit kündigte.

      Christian legte den Löffel beiseite. Bei solchen düsteren Zukunftsaussichten konnte einem schon der Appetit vergehen. Es war aber auch zum Auswachsen! Seit dem Tod seines Vaters, vor drei Jahren, schien es mit dem Sonnenhof immer weiter bergab zu gehen. Erst die schlechte Ernte, zwei Jahre hintereinander, dann die niedrigen Preise, die für das Getreide bezahlt wurden, und jetzt, vor einer Woche, das verheerende Unwetter, bei dem die Scheune durch Blitzschlag in Brand gesetzt wurde!

      »Ich hab’ einfach kein Glück«, sagte er resignierend. »Das Klügste wird’s sein, aufzugeben und irgendwo anders neu anzufangen. Am besten als einfacher Knecht. Da bekomm’ ich jeden Monat mein Geld und brauch’ mich net um mein Auskommen zu sorgen.«

      Burgl Vahlinger seufzte. Vielleicht hatte der Bauer ja recht. Aber was sollte sie auf ihre alten Tage noch anfangen? Wer nahm sie denn noch?

      »Vielleicht kann ich dir aushelfen«, meinte sie. »Ich hab’ da ein bissel was gespart...«

      Christian lächelte dankbar.

      »Das ist lieb, Burgl«, antwortete er gerührt. »Aber ich fürcht’, es wird bei weitem net reichen, um mir aus der Schuldenfalle herauszuhelfen.«

      Er schaute zum Fenster. Draußen war ein Auto auf den Hof gefahren. Kurz darauf klopfte es an der Haustür.

      »Grüßt euch, zusammen«, sagte Sebastian Trenker. »Ich mußte einfach mal nach euch schau’n. Wie geht’s denn? Habt ihr euch von dem Schrecken erholt?«

      »Dank’ schön, Hochwürden«, erwiderte der Bauer. »Ja, es war eine schlimme Nacht, und wir sind froh, daß es net das Haus getroffen hat, und wir zwei gesund sind.«

      Der Bergpfarrer hatte sich zu ihnen gesetzt. Obwohl das Feuer eine Woche her war, meinte er immer noch den Brandgeruch in der Nase zu haben. Mit Grausen erinnerte er sich an den Schreckensschrei, der durch St. Johann hallte.

      »Feuer, Feuer! Auf dem Sonnenhof brennt’s!«

      Glutrot hatte der Himmel ausgesehen, und selbst in dem gut zehn Kilometer entfernten Alpendorf hatte man den Feuerschein sehen können. Die Wehren aus St. Johann, Waldeck und Engelsbach taten ihr Bestes, um ein Übergreifen der Flammen auf das Bauernhaus zu verhindern. Es gelang ihnen, die Scheune war allerdings nicht mehr zu retten gewesen. Bis zum Morgen war Sebastian geblieben, um dem jungen Bauern, der am Boden zerstört war, Trost zuzusprechen.

      »Hast’ inzwischen Nachricht von deiner Versicherung?« erkundigte sich der Geistliche.

      Christian Buchner verzog das Gesicht. Er holte das Schreiben aus der Hosentasche und reichte es dem Besucher. Sebastian las es, sein Gesicht wurde ernst.

      »Dann schaut’s wohl sehr düster für dich aus«, stellte er fest. »Was kann man da jetzt noch machen?«

      »Eine gute Frage. Das einzige, was mir bleibt, ist der Bittgang zur Bank, daß man mir net auch noch die Hypothek kündigt. Denn dann bin ich wirklich erledigt.«

      Sebastian strich sich nachdenklich über das Kinn. Soweit er informiert war, gab es allerdings auch da Schwierigkeiten. In der Nacht des Feuers hatte er mit Christian darüber gesprochen. Der junge Bauer hatte frei heraus erzählt, wie seine finanzielle Lage war. Dabei verschwieg er auch nicht die Rückstände bei der Bank und der Versicherung.

      Den halben Nachmittag beratschlagten sie, was zu tun sei, um das Gröbste abzuwenden. Aber sie kamen zu keinem Ergebnis. Selbst der Verkauf eines Teils der Äcker wäre kein wirklicher Gewinn. Im nächsten Jahr würde diese Anbaufläche fehlen, und der Ertrag noch geringer ausfallen.

      »Wenn du zur Bank gehst, gib mir vorher Bescheid«, sagte der gute Hirt von St. Johann zum Abschied. »Ich begleite dich. Vielleicht können wir zusammen den Herrn Lohfelder überzeugen, daß es besser ist, den Hof zu erhalten, als ihn unter den Hammer kommen zu lassen.«

      »Vielen Dank, Hochwürden«, nickte Christian. »Vielleicht gelingt’s uns ja wirklich. Aber viel Hoffnung hab’ ich da net.«

      »Nur net aufgeben, Christian. Die Hoffnung zu verlieren, das ist das Schlimmste, was einem in dieser Situation passieren kann.«

      Er stieg in seinen Wagen.

      »Kopf hoch. Und wenn was ist – du kannst mich jederzeit anrufen. Tag und Nacht!«

      Nachdenklich fuhr Sebastian ins Dorf zurück. Das Schicksal meinte es wirklich nicht gut mit dem jungen Bauern! Der Seelsorger erinnerte sich an den Tag, als der alte Buchner den Sonnenhof übernommen hatte. Schon damals war er zwangsversteigert worden. Aber es schien seitdem kein Glücksstern mehr über dem Berghof zu stehen.

      Erst verstarb der Vorbesitzer, aus Gram darüber, daß man ihm den Hof wegnahm. Dann die Frau des neuen Bauern, schließlich Christians Vater, Joseph Buchner. Und der junge Buchner hatte auch nur Pech mit seinem Erbe. Der Bauernhof ernährte ihn mehr schlecht als recht. Es begann damit, daß Christian seinen Knecht entlassen mußte und endete mit dem Niederbrennen der Scheune in der letzten Woche.

      Härter konnte es den Bauern wirklich nicht treffen!

      Sebastians Gedanken wurden unterbrochen, als ihm ein Auto entgegenkam. Ein dunkler Sportwagen mit Frankfurter Kennzeichen.

      Der Geistliche stutzte. Wollte der Fahrer etwa zum Sonnenhof? Es mußte so sein, denn weiter führte die schmale Straße nicht. Hinter dem Bauernhof gab es nur noch einen Wanderweg, der die Alm hinaufführte.

      Der Bergpfarrer hatte angehalten, um dem Fahrer auf der engen Straße den Vortritt zu lassen. Als der Wagen ihn passierte, erkannte er, daß es sich um eine Frau handelte, die da hinter dem Steuer saß. Sie winkte dankend und fuhr schnell weiter.


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