GLÜHENDER SAND. Rachel Amphlett

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GLÜHENDER SAND - Rachel Amphlett


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runzelte die Stirn. »Das bedeutet, dass sie entweder gar nicht dort war oder die Angreifer sie nicht gefunden haben, und die Polizei auch nicht.«

      »Ganz genau«, sagte Mel.

      Dans Puls beschleunigte sich und sein Verstand spielte bereits verschiedene Szenarien durch, was er tun würde, sobald er in der Westsahara angekommen war. Er richtete seine Aufmerksamkeit nun erneut auf Mel.

      »Wie schnell kannst du mich in ein Flugzeug nach Laâyoune schaffen?«

      Sie grinste und streckte ihm ein ausgedrucktes Flugticket entgegen. »Das Flugzeug fliegt in einer Stunde. Du packst am besten sofort.«

      Dan starrte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ich bin mit leichtem Gepäck unterwegs. Meine Sachen liegen nämlich auf dem Grund des Hafens von Essaouria, erinnerst du dich?«

      Mels Grinsen verschwand und sie errötete, bevor sie sich wieder zusammenriss und nach einem Lederetui griff, das das geprägte Siegel der Regierung Ihrer Majestät trug. Sie öffnete es, durchsuchte kurz den Inhalt und überreichte ihm eine Kreditkarte.

      »Dann geh am besten vorher noch einkaufen«, sagte sie in einem lockeren Tonfall. »Denk dabei nur daran, wer die Rechnung bezahlt.«

      Dan schnappte sich das Flugticket und die Kreditkarte. »Mein Pass war übrigens auch auf dem Boot.«

      Mel griff erneut in das Lederetui, zog einen neuen EU-Pass heraus und gab ihn an Dan weiter.

      Neugierig öffnete er den Pass und überprüfte das Foto darin. »Das ist aber ein ganz schön altes Foto.«

      »Was kann ich dafür, dass du so gealtert bist.« Sie streckte ihm die Zunge raus.

      Seine Mundwinkel hoben sich leicht. Er wusste, dass er ein Arschloch war, aber im Moment war ihm das vollkommen egal.

      »Sonst noch was?«

      David gab ihm ein Handy. »Das ist satellitenfähig. Telefon und Internetempfang in der Westsahara sind teilweise nämlich nicht vorhanden. Halte uns bitte auf dem Laufenden, und wenn du Hilfe brauchst, ruf uns an.« Er zuckte mit den Schultern. »Wir werden zwar nicht viel tun können, aber zumindest werden wir auf diese Weise wissen, wo du gerade bist.«

      »Großartig, das ist ja richtig beruhigend.«

      »Du wirst dir einen guten Grund ausdenken müssen, warum du dort auftauchst«, sagte David. »Das Lager wird garantiert vor Polizei wimmeln, und wahrscheinlich ist auch das Militär inzwischen vor Ort.«

      »Habt ihr denn schon irgendeine Ahnung, wer die Angreifer waren?«

      »Zwei Möglichkeiten sogar«, sagte Mel. »Entweder ein Trupp Sahrauis oder eine Terrorzelle, die möglicherweise mit Al-Qaida in Verbindung steht.«

      Dan fluchte leise vor sich hin. »Na großartig. Einfach großartig. Ich komme aus dem Ruhestand zurück und stelle mich dann direkt im Alleingang der Al-Qaida.«

      Der Sarkasmus stieß bei Mel anscheinend auf taube Ohren. »Wenn es tatsächlich die Al-Qaida ist, dürfte es sich dabei nur um eine der kleineren Gruppen handeln, die angeblich in der Region tätig sind. Man muss allerdings immer bedenken, dass der Phosphat-Abbau äußerst umstritten ist, sodass es sich auch genauso gut um eine regionale Gruppe ohne Verbindungen zu irgendwelchen bekannten Terrorgruppen handeln könnte.«

      »Dann habe ich also die Qual der Wahl«, murmelte Dan.

      KAPITEL 5

       Laâyoune, Westsahara

      Dan sog zischend die Luft ein, als die Nachmittagssonne, die den Asphalt unter dem Flugzeug erwärmte, in seine Augen traf. Er nahm seine Sonnenbrille aus dem neuen Rucksack und stieg die Stufen der am Rumpf befestigten Gangway hinab.

      Der Flug war ereignislos verlaufen, ein kurzer, einstündiger Hüpfer von Marokko in das besetzte Gebiet, der ihm aber wenigstens die Möglichkeit geboten hatte, das kurze Dossier durchzuarbeiten, das Mel ihm gegeben hatte.

      Er hatte sich auf dem Flughafen in Essaouria mit neuer Kleidung eingedeckt und ein Paar leichte Trekkingstiefel, ein langärmeliges Hemd, ein schlichtes marineblaues Sweatshirt, saubere Unterwäsche und ein Paar Jeans gekauft.

      Die angebotene Plastiktüte für seine Einkäufe hatte er abgelehnt und stattdessen, zur Verwirrung des Mädchens, das ihn bedient hatte, die Anhänger abgerissen und die Kleidung einfach achtlos in seinen Rucksack gestopft.

      Auf dem Weg zum Gate hatte er einen Blick auf ein Juweliergeschäft geworfen und war versucht gewesen, eine neue Taucheruhr zu kaufen und der Kreditkarte Ihrer Majestät damit echten Schaden zuzufügen, hatte sich dann aber doch dagegen entschieden, denn wenn er sich zu viele Freiheiten herausnahm, würde Mel die Karte garantiert sperren lassen, und er wusste noch nicht, was ihm bevorstand oder was er vielleicht brauchen würde, um Anna Collins zu finden und sie in Sicherheit zu bringen.

      Während er den anderen Passagieren über den Asphalt zum Zollgebäude folgte, begann er noch einmal im Kopf seine unmittelbaren Pläne durchzugehen.

      Nachdem er die Zollformalitäten hinter sich gebracht hatte und sein neuer Reisepass eingehend geprüft worden war, wurde er durch die Absperrungen gewunken und betrat den Ankunftsbereich. Er entdeckte den Stand der Autovermietung ohne Probleme, denn es gab nur einen, doch die Warteschlange begann zu wachsen, als er seinen Platz in der Reihe einnahm.

      Nach dreißig Minuten, in denen er nur Schritt für Schritt vorangekommen war, erreichte er endlich den Schreibtisch des gestressten Mitarbeiters der Vermietungsfirma und mietete einen brandneuen SUV. Dann wagte er sich durch die Vordertüren des Ankunftsbereichs nach draußen.

      Als er sein vorbestelltes Fahrzeug gefunden hatte, hatte ihn die trockene Hitze bereits die Kehle ausgedörrt und er musste erst mal fünf Minuten mit voll aufgedrehter Klimaanlage auf dem Fahrersitz sitzen bleiben, bevor er die Wagentür schloss und sich mit den Bedienelementen vertraut machte.

      Kurze Zeit später fuhr er vom Flughafen aus auf die Autobahn, die nach Süden zur Phosphat-Mine und zu dem Camp führte, wo Anna Collins zuletzt gesehen worden war.

      Zehn Minuten später fand er einen Truck-Stop und bog auf den staubigen Parkplatz ab, verriegelte die Fahrzeugtür und betrat den kleinen Laden, wo er sich mit Snacks und einer großen Menge Trinkwasser eindeckte, bevor er seine Fahrt fortsetzte.

      Er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete, wenn er im Camp angekommen war, oder wann er und Anna es schaffen würden, einen Flug außer Landes zu bekommen … falls er sie überhaupt finden würde.

      Er versuchte nicht an die beiden Alternativen zu denken; dass er zu spät sein oder dass sie spurlos verschwunden sein könnte.

      Sobald er die Stadt verlassen hatte, führte die Schnellstraße in Richtung Süden und die Landschaft verwandelte sich wieder in felsiges, flaches Gelände. Dan erinnerte sich an ein arabisches Wort aus seiner Zeit im Mittleren Osten – hamada –, das die schroffe Erde und ihre kläglichen Versuche, das Leben zwischen den Steinen und Felsbrocken aufrechtzuerhalten, beschrieb.

      Der SUV rumpelte über Schlaglöcher und Risse in der Straße, deren Asphalt durch eine Kombination aus den extremen Wüstentemperaturen und den Lastwagen, die unentwegt zwischen der neuen Mine und der Hauptstadt hin und her donnerten, um die schweren Baumaschinen zu transportieren, aufgebrochen worden war. Hier und da lagen auch tote Füchse und Kaninchen am Straßenrand, Opfer des erhöhten Verkehrsaufkommens.

      Dans Finger umschlossen das Lenkrad etwas fester, und er zwang sich, sich auf die vor ihm liegende Straße zu konzentrieren. Er durfte es nicht riskieren, am Steuer einzuschlafen und vor einen der Lastwagen zu geraten, die ihm auf der Gegenfahrbahn entgegenkommen könnten.

      Nach zwanzig Minuten machte die Straße einen Bogen nach links und die untergehende Sonne leuchtete jetzt über Dans Schulter auf eine lange Stahlkonstruktion, die sich so weit erstreckte, wie er sehen konnte.

      Er stellte fest, dass es das Förderband war, dass das Phosphat-Erz


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