Der Raum, in dem alles geschah. John Bolton

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Der Raum, in dem alles geschah - John Bolton


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gekündigt werden könne (wodurch es nicht mehr nötig wäre, neunzig Tage zu warten, bevor man sich wieder davon zurückziehen könnte, und der Kampf um Rückzug statt um »Einhaltung« ging, wie es die Befürworter des Abkommens bevorzugten). Wir diskutierten die Sprache, die Trump tatsächlich verwenden konnte, wenn er anderen im Raum diktierte.

      Trump griff dann das Thema des Korps der Islamischen Revolutionsgarden im Iran auf und fragte, ob er es als ausländische Terrororganisation bezeichnen und es damit zusätzlichen Strafen und Einschränkungen unterwerfen solle. Ich forderte ihn auf, es zu tun, weil die Organisation das iranische Atomprogramm und das Programm für ballistische Raketen kontrolliert und den radikal-islamischen Terrorismus, sunnitischen wie schiitischen, umfassend unterstützt. Trump sagte, er habe gehört, dass der Iran über diese spezielle Bezeichnung besonders verärgert sein würde und dass es einen Rückschlag gegen die US-Streitkräfte im Irak und in Syrien geben könnte, was, wie ich später erfuhr, Mattis’ Position war. Aber sein Argument war fehlgeleitet; wenn Mattis recht hatte, dann war die Antwort, unseren Truppen mehr Schutz zu gewähren oder sie abzuziehen, um sich auf die Hauptbedrohung, den Iran, zu konzentrieren. Wie sich herausstellte, würde es fast zwei Jahre dauern, bis die Revolutionsgarde als ausländische Terrororganisation bezeichnet wurde, was die immense Ausdauer einer fest verwurzelten Bürokratie zeigte.

      Ich war der Ansicht, dass der Anruf von Trump vier Dinge bewirkt hatte: (1) die Rede ankündigen zu lassen, dass der Iran-Deal ständig überprüft werde und jederzeit vom Rückzug der USA abhängig sei, (2) die Verbindung zwischen dem Iran und Nordkorea zur Sprache zu bringen, (3) klarzustellen, dass die Revolutionsgarde als ausländische Terrororganisation bezeichnet werden sollte, und (4) eine erneute Zusage zu erhalten, dass ich ihn ohne weitere Genehmigungen treffen könne. Ironischerweise waren diese Punkte nun allen klar, die möglicherweise mit ihm im Oval saßen, da er mit mir über Lautsprecher gesprochen hatte. Tatsächlich fragte ich mich, ob ich nicht viel mehr tun könnte, wenn ich wirklich in der Regierung wäre, anstatt nur ein paar Stunden vor einer Rede wie dieser von außen anzurufen.

      Die Drohung Nordkoreas, lieferbare Atomwaffen zu erwerben, manifestiert sich auf verschiedene Weise. Erstens hängt die Strategie von der Analyse der Absichten und Kapazitäten ab. Absichten sind oft schwer einzuschätzen; Kapazitäten sind im Allgemeinen leichter zu beurteilen (selbst wenn man davon ausgeht, dass unsere Geheimdienstinformationen unvollkommen sind). Aber wer will schon darauf wetten, was wirklich in den Köpfen der Machthaber in der einzigen kommunistischen Erbdiktatur der Welt vorgeht, wo es doch handfeste Beweise für eine Beschleunigung der Nuklear- und Raketenkapazitäten gibt? Zweitens kann ein atomar bewaffnetes Nordkorea nahegelegene Nichtkernwaffenstaaten wie Japan und Südkorea (wo wir selbst eine große Zahl Einsatzkräfte stationiert haben) erpressen, ja sogar die Vereinigten Staaten, insbesondere unter einem schwachen oder untauglichen Präsidenten. Die Gefahren ergeben sich nicht einfach aus dem Risiko eines Erstschlags, sondern aus dem bloßen Besitz, ganz zu schweigen von den Anreizen zur weiteren Verbreitung in Ostasien und anderswo, die durch ein atomares Pjöngjang geschaffen werden. Drittens hatte der Norden wiederholt demonstriert, dass er bereit ist, alles an jeden in Besitz von Bargeld zu verkaufen, so dass das Risiko, dass er zu einer Art nuklearen Amazon wird, alles andere als trivial ist.

      Ich erklärte, warum und wie ein Präventivschlag gegen Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramm funktionieren würde, wie wir massive konventionelle Bomben gegen Pjöngjangs Artillerie nördlich der Demilitarisierten Zone, die Seoul bedrohte, einsetzen und dadurch die Zahl der Opfer dramatisch reduzieren konnten; und warum die Vereinigten Staaten sich immer deutlicher einer binären Wahl gegenübersahen, vorausgesetzt, China würde nicht dramatisch handeln, nämlich entweder dem Norden Atomwaffen zu lassen oder selber mit militärischer Gewalt vorzugehen. Die einzigen anderen Alternativen waren das Streben nach einer Wiedervereinigung der Halbinsel unter der Führung Südkoreas oder ein Regimewechsel im Norden, die beide eine Zusammenarbeit mit China erforderten, über die wir noch nicht einmal begonnen hatten, mit ihnen zu sprechen. Trump fragte: »Wie schätzen Sie die Chancen für einen Krieg mit Nordkorea ein? Fifty-fifty?« Ich sagte: »Ich denke, das hängt alles von China ab, aber wahrscheinlich fifty-fifty.« Trump wandte sich zu Kelly um und sagte: »Er stimmt Ihnen zu.«

      Im Verlauf dieses Gesprächs (das etwa fünfunddreißig Minuten dauerte) brachte Trump seine Unzufriedenheit mit Tillerson zur Sprache und sagte, dieser scheine keine Kontrolle über das Außenministerium


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