Der Raum, in dem alles geschah. John Bolton
Читать онлайн книгу.Staaten für internationale Entwicklung unterstützte ich die Nutzung der US-Auslandshilfe zur Förderung nationaler Sicherheitsziele, aber ich wusste auch, dass solche Bemühungen sowohl Schwächen als auch Stärken aufwiesen. Ich versuchte, auch einmal zu Wort zu kommen, aber Trump war nicht zu stoppen und sagte in regelmäßigen Abständen: »Ich weiß, dass Sie das verstehen.« Dann sagte er: »Sie haben da unten viele geheime Informanten. Sie können jeden loswerden, den Sie wollen«, worauf ich mich bereits vorbereitete. Schließlich beendeten wir das Gespräch und sagten beide: »Frohe Ostern.«
Am Ostermontag rief Trump erneut an. Ich fragte: »Wie läuft das Ostereierschieben, Mr. President?« »Großartig«, sagte er, während Sarah Sanders, ihre Kinder und andere im Oval ein- und ausgingen, und fiel dann wieder in seinen Monolog vom Samstagabend: »Ich will aus diesen schrecklichen Kriegen [im Nahen Osten] raus.« – »Wir töten den IS für Länder, die unsere Feinde sind«, womit er vermutlich Russland, Iran und Assads Syrien meinte. Er sagte, seine Berater seien in zwei Kategorien unterteilt: diejenigen, die »für immer« und diejenigen, die »eine Weile« bleiben wollten. Im Gegensatz dazu sagte Trump: »Ich will überhaupt nicht bleiben. Ich mag die Kurden nicht. Sie sind vor den Irakern geflohen, sie sind vor den Türken geflohen, sie fliehen nur nicht, wenn wir überall um sie herum mit F-18ern bombardieren.« Er fragte: »Was sollen wir tun?« Ich dachte, das Ostereierschieben sei vielleicht nicht der beste Zeitpunkt, um über die Nahost-Strategie zu diskutieren, und sagte, ich wartete immer noch darauf, meine vorläufige Sicherheitsfreigabe zu erhalten. Pompeo, der im Oval angekommen war, sagte: »Geben Sie John und mir ein wenig Zeit«, bevor er von weiteren Kindern und Eltern unterbrochen wurde, die hindurchschlenderten. Es war ziemlich eindeutig, dass Trump sich aus Syrien zurückziehen wollte, und tatsächlich äußerte er bei einer NSC-Sitzung am nächsten Tag (siehe Kapitel 2) genau diese Gedanken. Dennoch blieb noch viel zu entscheiden, was mich zuversichtlich stimmte, dass wir die Interessen der USA schützen konnten, während sich der Kampf für die Zerstörung des territorialen Kalifats des IS einem erfolgreichen Abschluss näherte.
Am Freitag, dem 6. April, kurz vor dem Wochenende vor meinem ersten offiziellen Arbeitstag, traf ich mich erneut mit Kelly und einigen anderen, um die Arbeitsweise im West Wing zu besprechen. Ich erläuterte einige der von mir geplanten personellen Veränderungen im NSC und die von mir beabsichtigten Reorganisationen. Ich hatte von Trump die Befugnis zur Umsetzung dieser Dinge erhalten, aber es machte mir nichts aus, Kelly im Voraus zu informieren. Er verbrachte den Rest des Treffens, das eine Stunde dauerte, damit, zu erläutern, wie Trump sich in den Sitzungen und bei Telefongesprächen verhielt. Der Präsident habe eine »sehr grobe Ausdrucksweise«, sagte Kelly, was zutraf, »und natürlich hat er dazu auch das Recht«, was ebenfalls zutraf. Trump verachtete beide Bush-Präsidenten und ihre Regierungen, weshalb ich mich fragte, ob er meine fast zehn Jahre Dienst unter diesen Präsidentschaften übersehen hatte. Und Trump änderte seine Meinung ständig. Als ich das alles hörte, fragte ich mich, wie nahe Kelly dran war, einfach zu gehen. Kelly schloss mit den liebenswürdigen Worten: »Ich bin froh, dass Sie hier sind, John. Der Präsident hat seit einem Jahr keinen Nationalen Sicherheitsberater mehr, und er braucht einen.«
Ich verbrachte das Wochenende damit, geheimes Informationsmaterial zu lesen und mich auch anderweitig auf den 9. April vorzubereiten. Aber wie das nächste Kapitel zeigen wird, kam die Syrienkrise unangekündigt und unerwartet, wie vieles in den nächsten siebzehn Monaten. Acheson schrieb über Roosevelts Austausch von Cordell Hull als Außenminister durch Edward Stettinius, was die Presse zu Spekulationen veranlasst hatte, dass Roosevelt »weiterhin … sein eigener Außenminister sein würde«. Acheson hatte eine feste Meinung: »Der Präsident kann nicht Außenminister sein; es liegt in der Natur beider Positionen, dass dies grundsätzlich unmöglich ist. Was er tun kann, und oft mit unglücklichen Ergebnissen getan hat, ist zu verhindern, dass ein anderer Außenminister wird.«37 Obwohl er nicht das Amt des Nationalen Sicherheitsberaters meinte, war Achesons Erkenntnis tiefgreifend. Vielleicht ist es das, was Kelly mir mit seinem letzten Kommentar sagen wollte, bevor ich anfing. Und wie Condi Rice einmal viel später zu mir sagte: »Der Außenminister ist der beste Job in der Regierung, und der Nationale Sicherheitsberater ist der schwerste.« Ich bin sicher, dass sie recht hat.
1 John Bolton: Surrender Is Not an Option. Defending America at the United Nations and Abroad. Simon & Schuster, New York 2007
2 Im Westflügel des Weißen Hauses befinden sich die offiziellen Büros des Präsidenten.
3 PAC = Political Action Committee, in den USA Bezeichnung für eine Lobbygruppe, die sich zur Aufgabe macht, Abgeordnete oder Wahlbeamte der Regierung zu unterstützen oder zu bekämpfen. Als Super-PAC bezeichnet man ein PAC, das laut Gesetz von den Regeln zu Höchstgrenzen von Spenden in einem Wahlkampf ausgenommen ist.
4 Für Interessierte siehe Bolton 2007
5 Im Oktober 2016 von der Tageszeitung Washington Post veröffentlichtes Video aus dem Jahr 2005, das Trump auf dem Weg zu einer Aufzeichnung der Fernsehsendung »Access Hollywood« zeigt. In diesem Video prahlt Trump mit seinem sexuell übergriffigen Verhalten Frauen gegenüber.
6 Siehe z.B. Josh Dawsey et al.: »Giuliani pulls name from contention for secretary of state«, https://www.politico.com/story/2016/12/giuliani-pulls-name-from-contention-for-secretary-of-state-232439
7 Elise Labott: »Donald Trump Told Nikki Haley She Could Speak her Mind. She’s Doing Just That«, https://www.cnn.com/interactive/2017/politics/state/nikki-haley-donaley-doney-trump-united-nations/
8 Emily Smith: »Trump spent Thanksgiving asking: Mitt or Rudy?«, New York Post, 27. November 2016, https://nypost.com/2016/11/26/trump-spent-thanksgiving-asking-mitt-oder-rudy/
9 Siehe Gregg Jaffe und Adam Entous: »As a general, Mattis urged action against Iran. Now, as a defence secretary, he may be a voice of caution«, https://www.washingtonpost.com/world/national-security/as-a-general-mattis-urged-action-against-iran-as-a-defense-secretary-he-may-be-a-voice-of-caution/2017/01/08/5a196ade-d391-11e6-a783-cd3fa950f2fd_story.html; Josh Rogin: »Mattis clashing with Trump transition team over Pentagon staffing«, https://www.washingtonpost.com/news/josh-rogin/wp/2017/01/06/mattis-clashing-with-trump-transition-team-over-pentagon-staffing/
10 Kenneth P. Vogel und Josh Dawsey: »CIA freezes out top Flynn aide«, https://www.politico.com/story/2017/02/mike-flynn-nsa-aide-trump-234923
11 Siehe Gardiner Harris: »Where Is Rex Tillerson? Top Envoy Keeps Head Down and Travels Light«, https://www.nytimes.com/2017/02/15/world/europe/germany-rex-tillerson.html?searchResultPosition=2
12 Matt Apuzzo et al.: »Trump Told Russians That Firing ›Nut Job‹ Comey Eased Pressure From Investigation«, https://www.nytimes.com/2017/05/19/us/politics/trump-russia-comey.html
13 Siehe »Remarks by President Trump Before a Briefing on the Opioid Crisis«, 8. August 2017, https://www.whitehouse.gov/briefings-statements/remarks-president-trump-briefing-opioid-crisis/
14 Siehe Conor Finnegan: »Tillerson: Americans should ›sleep well at night‹ amid N. Korea crisis«, 9. August 2017, https://abcnews.go.com/International/tillerson-americans-sleep-night-amid-korea-crisis/story?id=49111147