Der Raum, in dem alles geschah. John Bolton

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Der Raum, in dem alles geschah - John Bolton


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Wie es der Herzog von Wellington einmal sagte (vielleicht apokryph), war meine Haltung: »Druck es und sei verdammt.«

      Bis zu diesem Abend fühlte ich mich ziemlich gut. Als ich in Nordvirginia vor einer Spendengala für die republikanische Kongressabgeordnete Barbara Comstock sprach, die ich im Justizministerium von Reagan kennengelernt hatte, hörte ich, dass Kim Jong-un Trump zu einem Treffen eingeladen hatte, und er hatte zugesagt. Ich war mehr als sprachlos, entsetzt über diesen törichten Fehler. Für einen US-Präsidenten war es ein Propagandageschenk über alle Maßen, Kim ein Gipfeltreffen zuzugestehen, obwohl es von dessen Seite keinerlei Anzeichen für eine strategische Entscheidung zum Verzicht auf Atomwaffen gab – in Wirklichkeit verschenkte er sie vielmehr. Es war um einiges schlimmer als damals während der Clinton-Jahre, als Madeleine Albright und Kim Il-sung mit den Gläsern anstießen. Glücklicherweise hatte ich an diesem Abend wegen der Spendenaktion keine Fox-Interviews, so dass ich Zeit hatte, darüber nachzudenken. Am nächsten Tag schien Sarah Sanders die Dinge wieder geraderücken zu wollen, indem sie sagte, unsere bestehende Politik habe sich nicht geändert.

      Als ich das Weiße Haus am Dienstag zuvor verlassen hatte, hatte es bereits den Rücktritt von Gary Cohn als Vorsitzender des Nationalen Wirtschaftsrats angekündigt. Larry Kudlow wurde zu seinem Nachfolger ernannt. Zwischenzeitlich trat im Februar Rob Porter, Stabssekretär im Weißen Haus, aufgrund von schädigenden persönlichen Informationen zurück, die im Rahmen der Hintergrundrecherche durch das FBI aufgedeckt worden waren, und wurde kurz darauf von Trumps langjähriger Mitarbeiterin Hope Hicks, damals Kommunikationsdirektorin, ersetzt. Der Aderlass ging am 13. März mit der Bekanntmachung weiter, dass Tillerson kurzerhand als Außenminister entlassen worden war, dass Pompeo an seiner Stelle nominiert werden und dass Pompeos stellvertretende CIA-Direktorin, Geheimdienstbeamte Gina Haspel, seine Nachfolge antreten würde. Kushner rief mich am nächsten Tag an und bat um ein weiteres Treffen zu seinem Nahost-Friedensplan – es fiel mir erneut schwer zu glauben, dass dies rein zufällig geschah. Dann, am 16. März, setzte Jeff Sessions den Aderlass fort, indem er den stellvertretenden FBI-Direktor Andrew McCabe entließ.

      Am Mittwoch, dem 21. März, klingelte mein Handy, als ich auf dem verschneiten George Washington Memorial Parkway fuhr, um im Studio von Fox DC ein Interview zu geben (die Bundesregierung und die meisten Schulen und Geschäfte in der Gegend waren geschlossen). »Guten Morgen, Mr. President«, sagte ich, und Trump antwortete: »Ich habe einen Job für Sie, der wahrscheinlich der mächtigste Job im Weißen Haus ist.« Als ich zu antworten begann, sagte Trump: »Nein, wirklich besser als Stabschef«, und wir lachten beide, was bedeutete, dass Kelly wahrscheinlich mit ihm im Raum war. »Und Sie werden sich nicht mit den Demokraten im Senat herumschlagen müssen, das ist nicht nötig. Sie sollten hierherkommen, damit wir darüber reden können, kommen Sie heute oder morgen. Ich will jemanden, dessen Meinung Gewicht hat, nicht irgendjemand Unbekannten. Sie haben große Unterstützung, große Unterstützung, von allen möglichen Leuten, große Unterstützung, zum Beispiel von den Leuten vom Freedom Caucus« (einer Gruppe von Republikanern im Repräsentantenhaus). Ich dankte Trump und rief dann meine Frau und meine Tochter an, Gretchen und JS (Jennifer Sarah), um es ihnen zu sagen, betonte aber, dass für Trump nichts vorbei war, bis es öffentlich bekannt gegeben wurde, und manchmal auch dann nicht.

      Am nächsten Tag traf ich mich um sechzehn Uhr mit Trump im Oval. Wir begannen ein Gespräch, das wie ein weiteres Bewerbungsgespräch wirkte, in dem es um den Iran und Nordkorea ging. Vieles von dem, was Trump sagte, bezog sich auf seine Wahlkampfzeit, bevor er sich mit einer Reihe von Reden im breiten außenpolitischen Mainstream der Republikaner positioniert hatte. Ich fragte mich, ob ihm Zweifel an seinem Angebot mir gegenüber gekommen waren, aber zumindest sagte er unmissverständlich, dass er sich aus dem Iran-Deal zurückziehen würde. Er sagte fast nichts über das vermutlich bevorstehende Gipfeltreffen mit Kim Jong-un, ein Versäumnis, das für mich schwer zu interpretieren war. Die meiste Zeit am Stück wurde damit verbracht, erneut darüber zu diskutieren, wie der NSC meiner Meinung nach arbeiten sollte. Obwohl ich Brent Scowcroft nicht namentlich erwähnte, war das System, das ich erläuterte, wie Kelly sehr wohl wusste, jenes, das Scowcroft in der Regierung von George Bush senior angewandt hatte. Erstens lag es in der Verantwortung des Nationalen Sicherheitsrats, dem Präsidenten die verfügbaren Optionen und die jeweiligen Vor- und Nachteile zu nennen. Zweitens war der NSC, sobald eine Entscheidung getroffen war, der Vollstrecker des Präsidenten, um sicherzustellen, dass die Behörde die Entscheidung umsetzte. All dies fand bei Trump Anklang, obwohl er mir den Job nicht direkt anbot, sondern fragte: »Sie glauben also, dass Sie das tun wollen?« Ich begann mich schon zu fragen, ob dieses jetzt einstündige Treffen einfach nur ergebnislos abtropfen würde, als Westerhout hereinkam, um Trump mitzuteilen, dass er noch ein weiteres Treffen habe. Er stand auf, und natürlich stand ich auch auf. Wir schüttelten uns die Hände über dem Resolute Desk. Obwohl es kein klares »Angebot« und keine klare »Annahme« gegeben hatte, wussten sowohl Kelly als auch ich, was tatsächlich geschehen war, eben in der Trumpschen Art und Weise.

      Angesichts der hier bereits geschilderten Erfahrungen und darüber hinaus: Warum die Stelle annehmen? Weil Amerika einem sehr gefährlichen internationalen Umfeld gegenüberstand, und ich fand, dass ich wusste, was getan werden musste. Zu einem breiten Spektrum von Themen hatte ich starke Ansichten, die ich während meiner früheren Tätigkeit im Regierungsdienst und in der Privatwirtschaft entwickelt hatte. Und Trump? Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt behaupten, die bevorstehenden Risiken nicht aus nächster Nähe zu kennen, aber ich glaubte auch, dass ich damit umgehen konnte. Andere sind vielleicht aus dem einen oder anderen Grund gescheitert, aber ich war der Meinung, dass ich Erfolg haben konnte. Hatte ich recht? Lesen Sie weiter.

      Vor dem Oval begegnete ich dem Rechtsberater des Weißen Hauses, Don McGahn, der Mappen über mögliche Richternominierungen mit hineinnahm. Kelly und ich sprachen einige Minuten miteinander, und ich sagte, es sei mir klar, dass keiner von uns etwas erreichen könne, wenn wir nicht zusammenarbeiteten, was meine Absicht war, und er stimmte mir bereitwillig zu. Ich fragte auch, wann der Zeitpunkt einer Ankündigung sein könnte. Er dachte frühestens an den nächsten Tag oder an die folgende Woche. Später erfuhr ich (wie auch Kelly), dass Trump wenige Minuten, nachdem ich das Oval verlassen hatte, McMaster anrief, um ihm mitzuteilen, dass er den Wechsel noch am selben Nachmittag ankündigen würde. Ich ging in die Lobby des West Wing, um meinen Mantel zu holen, wo mir die Empfangsperson und ein Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung des Weißen Hauses mitteilten, dass ein Mob aus Reportern und Fotografen darauf wartete, dass ich durch die Nordtür auf die Einfahrt herauskäme. Sie fragten mich, ob es mir etwas ausmachen würde, den »Hinterausgang« durch das Südwesttor des Weißen Hauses zur Seventeenth Street zu nehmen und »hinter« dem Eisenhower Executive Office Building entlangzugehen, um der Presse zu entgehen, was ich allzu gerne tat. Ich rief Gretchen und JS erneut an und begann, über die Vorbereitungen für den Start im Weißen Haus nachzudenken.

      Als ich auf dem Weg zum Studio von Fox News war, um ein Interview in der Sendung von Martha MacCallum zu geben, twitterte Trump:

      Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass mit Wirkung vom 9.4.18 @AmbJohnBolton mein neuer Nationaler Sicherheitsberater sein wird. Ich


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