Der Raum, in dem alles geschah. John Bolton

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Der Raum, in dem alles geschah - John Bolton


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Gebiet der Gräueltaten ist abgeriegelt und von syrischer Armee umzingelt, damit für die Außenwelt völlig unzugänglich. Präsident Putin, Russland und Iran sind für die Unterstützung des Tiers Assad verantwortlich. Großer Preis …

      … zu bezahlen. Bereich sofort für medizinische Hilfe und Überprüfung öffnen. Eine weitere humanitäre Katastrophe ohne jeglichen Grund. KRANK!

      Minuten später twitterte er erneut:

      Hätte Präsident Obama seine sogenannte Rote Linie im Sand überschritten, hätte die syrische Katastrophe längst ein Ende gehabt! Das Tier Assad wäre Geschichte gewesen!

      Dies waren klare, eindringliche Aussagen, aber Trump twitterte, bevor er sein nationales Sicherheitsteam konsultierte. Generalleutnant H.R. McMaster, mein Vorgänger als Nationaler Sicherheitsberater, hatte am Freitagnachmittag das Weiße Haus verlassen, und ich fing erst am Montag an. Als ich versuchte, eine Besprechung am Sonntag zu organisieren, wurde dies von den Anwälten des Weißen Hauses blockiert, weil ich erst am Montag offizieller Regierungsmitarbeiter werden würde. Das gab dem Wort »Frustration« eine neue Bedeutung.

      Trump fragte nach einem NSC-Mitarbeiter, den ich zu entlassen gedachte und der seit den frühesten Tagen seines Präsidentschaftswahlkampfes zu seinen Anhängern gehört hatte. Er war nicht überrascht, als ich ihm sagte, diese Person sei Teil des »Informanten-Problems«, und er fuhr fort: »Zu viele Leute wissen zu viele Dinge.« Dies verdeutlichte mein drängendstes Managementproblem: Ich musste die Syrien-Krise bewältigen und gleichzeitig die NSC-Mitarbeiter auf eine gemeinsame Zielrichtung umorientieren, ein bisschen so, als würde man beim Eishockey spontan die Stürmer auswechseln. Dies war nicht die Zeit für beschauliches Nachdenken, sonst würden uns die Ereignisse überholen. Am Sonntag konnte ich den NSC-Mitarbeitern nur »vorschlagen«, nichts unversucht zu lassen, um alles über das Vorgehen des Assad-Regimes herauszufinden (und ob weitere Angriffe wahrscheinlich waren), und Optionen für mögliche Reaktionen der USA zu entwickeln. Ich berief für Montagmorgen um 6.45 Uhr eine Sitzung des NSC-Stabs ein, um zu sehen, wo wir standen und welche Rolle Russland und der Iran möglicherweise gespielt hatten. Wir brauchten Entscheidungen, die sich in ein größeres Bild der Region Syrien/Irak nach dem Ende des IS einfügten, anstatt als Reaktion einfach nur draufzuhauen.

      Kurz vor sechs Uhr morgens verließ ich mit dem mir neu zugeteilten Schutztrupp des Secret Service das Haus, und wir fuhren in zwei silberfarbenen SUVs zum Weißen Haus. Als ich im West Wing ankam, sah ich, dass Stabschef John Kelly bereits in seinem Büro im ersten Stock an der südwestlichen Ecke war, auf demselben Korridor wie mein Büro, das sich an der nordwestlichen Ecke befand, also schaute ich kurz bei ihm hinein, um Hallo zu sagen. In den folgenden acht Monaten, vorausgesetzt, wir waren in der Stadt, kamen wir beide normalerweise gegen sechs Uhr morgens an, was eine ausgezeichnete Zeit war, um sich bei Tagesanbruch miteinander abzustimmen. Das Treffen der fünfundvierzig NSC-Mitarbeiter bestätigte meine – und offenbar auch Trumps – Überzeugung, dass der Angriff auf Douma eine starke, kurzfristige militärische Reaktion erforderte. Die USA lehnten den Einsatz von Massenvernichtungswaffen – nuklearer, chemischer und biologischer Art – generell ab, da dies gegen unser nationales Interesse verstieß. Ob in den Händen von strategischen Gegnern, Schurkenstaaten oder Terroristen, Massenvernichtungswaffen gefährdeten das amerikanische Volk und unsere Verbündeten.

      Eine entscheidende Frage in der anschließenden Debatte war, ob die Wiederaufnahme von Abschreckungsmaßnahmen gegen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen zwangsläufig eine stärkere Beteiligung der USA am syrischen Bürgerkrieg bedeutete. Das tat sie nicht. Unser wesentliches Interesse gegen Chemiewaffen-Angriffe konnte gerechtfertigt werden, ohne Assad zu stürzen, trotz der Befürchtungen sowohl derjenigen, die ein energisches Vorgehen gegen sein Regime wollten, als auch derjenigen, die dies nicht wollten. Militärische Gewalt war gerechtfertigt, um Assad und viele andere davon abzuhalten, in Zukunft chemische (oder nukleare oder biologische) Waffen einzusetzen. Aus unserer Sicht war Syrien ein strategischer Nebenschauplatz, und wer dort regierte, sollte uns nicht vom Iran, der wahren Bedrohung, ablenken.


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