Schauer der Vorwelt. Tobias Bachmann

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Schauer der Vorwelt - Tobias Bachmann


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      »Ist das zu weit hergeholt?«, fragte er sich selbst laut, »oder hat es sich tatsächlich mehr oder weniger so zugetragen?«

      Und trotz seines immerhin möglichen Resümees beschäftigte Benno in Wahrheit eine ganz andere Frage: Sollte er dem Grauen des Denovali ausharren und weiterhin auf seinen so sehr gewünschten Tod warten, oder aber lieber die Flucht ergreifen? Immerhin hatte er sich sein Ableben gänzlich anders vorgestellt. Er hatte es genau geplant. Und nun das! Während er darüber nachdachte, lauschte er angsterfüllt dem klopfenden Schmatzen, das sich im gesamten Haus breitmachte.

      Ruhelos schritt er in Denovalis Arbeitszimmer auf und ab, beleuchtete mit seiner Taschenlampe die Wände und Ecken, hinter denen er Geräusche vernahm. Im ersten Moment war das Klopfen an der linken Wand, im nächsten hörte er von rechts ein Schmatzen. Dann wieder ein saugendes Gurgeln, direkt unter sich und schließlich ein Klatschen und Patschen in der Wand, die sich dicht hinter ihm befand. Er wirbelte herum, suchte die Wände ab, aber fand nichts.

      Dann fiel sein Blick an die Decke, wo er eine Dachluke entdeckte. Eine metallene Öse wartete darauf, dass man durch ihr einen Haken einführte, um die Klapptür nach unten zu ziehen.

      Von den schrecklichen Geräuschen begleitet, suchte Benno hektisch den Raum nach einem dafür vorgesehenen Ziehhaken ab. Er fand ihn schließlich in einem schmalen Spalt, den das Bücherregal und der Fensterrahmen bildeten. Schon hatte er den Stab ergriffen und balancierte seinen Haken in die Öse der Klapptür. Er sagte sich selbst, dort hinauf zu müssen, denn allein von oben kamen die Geräusche nicht. War dies demzufolge der einzig sichere Ort? Gleichzeitig schalt er sich einen Narren, denn er wollte ja ohnehin sterben. Oder etwa nicht? Machte er sich nur etwas vor?

      Egal. Er hatte nun keine Zeit darüber nachzudenken. Mit einem Ruck hatte er die Klapptür geöffnet. Eine ausziehbare Leiter kam zum Vorschein und hing nun in halber Höhe vor ihm, in der Mitte des Raumes. Er ließ den Stab fallen und zog die Leiter aus ihrer Verankerung. Dann machte er sich an den wackeligen Aufstieg in die dunkle Öffnung über ihm.

      Obwohl er mit seiner Taschenlampe hinaufleuchtete, sah er nichts. Es war, als würde der Lichtstrahl von der Schwärze über ihm verschluckt werden. Dies änderte sich auch nicht, je näher er dem Loch kam. Von unten polterten nach wie vor die saugenden Schlauchtentakel durch das Haus.

      Endlich hatte er die Leiter erklommen und zog sich nun das letzte Stück hinauf, hinein in das schwarze Loch, wo es muffig roch und Staub in seine Nase kroch. Benno unterdrückte ein Niesen.

      Das Licht der Lampe schien hier stumpfer zu sein, als im unteren Teil des Hauses. Es war, als würde der Lichtstrahl nach wenigen Metern abgeschnitten werden. Das, was er sah, war jedoch nicht weiter bemerkenswert. Der Dachstuhl wies keinerlei Besonderheiten auf. Marode erscheinendes Gebälk stützte das Ziegeldach. Dachfenster gab es nicht. Allerlei Gerümpel stand herum. Kisten, ein eingerissener Lampenschirm, zusammengerollte Teppiche, ein Stapel Dielenbretter, die vielleicht von einer Renovierung übriggeblieben waren.

      Benno beleuchtete die Holzstreben und wurde alsbald am Deckenträger fündig. Man hatte den Strick nicht entfernt. Als man Denovali hier gefunden hatte, musste man ihn aus der Schlaufe befreit haben, entgegen der üblichen Taktik, den Erhängten einfach loszuschneiden. Nun, vielleicht hatte man kein Messer zur Hand gehabt. Wartend baumelte die Schlinge vom alles tragenden Hauptbalken. Darunter befand sich ein auf der Seite liegender Schemel. Daneben lagen einige beschriebene Blätter.

      Benno stellte den Schemel auf und setzte sich darauf. Dann nahm er die Blätter zur Hand und freute sich einen Moment lang, endlich das gefunden zu haben, was er zuvor die ganze Zeit gesucht hatte: Denovalis Vermächtnis.

      Zusammengefasst konnte Benno seine Lektüre als die Bestätigung seiner Vermutung bezeichnen. Mir nur einem Unterschied: Denovali hatte seinerzeit keinen Dämon beschworen, sondern ihn durch das orgiastische Ritual in seinem Swimmingpool gebändigt. Er hatte das Wesen gefangen genommen und daraus seine Macht gezogen. Eine Macht, die er schließlich nicht mehr kontrollieren konnte, nachdem er in seiner Funktion als Hohepriester sein Opfermädchen verloren hatte. Zurecht war Denovalis Frau nicht mehr zurückgekommen. Sie war geflüchtet vor den allmonatlichen Besänftigungsritualen mit jenem Ding, das dort im Keller hauste und im Laufe der Jahre mit dem Gebäude verwachsen war. Eine neue Prinzessin hatte er für den schlafenden Prinzen nicht finden können und so hatten sich die Machtverhältnisse alsbald gewandelt. Denovali hatte keine Macht mehr über das Wesen, sondern dieses nunmehr über ihn, was Denovali in den Selbstmord getrieben hatte. Fortan hatte der Prinz geschlummert, doch nun, durch Bennos gedankenloses Eindringen in das Gemäuer, das sein Schlafgemach war, hatte er den träumenden Prinzen geweckt.

      Benno musste schnell handeln. Er musste seinem Leben ein Ende bereiten, bevor das Wesen sich seiner annahm. Denn wenn dies geschah, wäre das Wesen frei. Es würde in ihn eindringen und sich seiner bemächtigen. Das Ding würde getarnt als Benno, das Gebäude verlassen und sich in der Welt ausbreiten. Das durfte nicht geschehen.

      Wenn in wenigen Stunden die Gebäudesprengung vollzogen wäre, dann wäre das Wesen vernichtet, mutmaßte Benno. Doch bis dahin war noch genügend Zeit. Schon hörte er das sich nähernde Klopfen und Schmatzen. Es bahnte sich seinen Weg durch die geöffnete Luke des Dachstuhls. Er konnte die Präsenz des Dings spüren. Auch wenn der Strahl seiner Lampe nicht bis dorthin langte.

      Benno stieg auf den Schemel.

      Das schleimige Wimmeln kam näher.

      Er legte sich die Schlaufe um den Hals.

      Die sich windenden Schläuche waren da.

      Ohne weiter darüber nachzudenken, sprang er den tausendfachen Armen entgegen, die ihn warm und feucht empfingen und sich seiner annahmen.

      Wenige Stunden später, kurz bevor die Arbeiter des Sprengkommandos eintrafen, verließ ein Mann das Gebäude. Scheu blinzelte er dem aufkommenden Tageslicht entgegen. Als er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, machte er sich auf, die Welt zu erkunden. Er würde ihr einen sauberen Abgang bereiten.

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