Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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gerade einmal wenige Wochen her. Doch wir reden schon über Heirat, Familie und Kinder.«

      Boyd lachte laut.

      »Arnold, du willst mich auf den Arm nehmen, oder? Du und Heirat? Familie? Und sogar noch Kinder? Das paßt so gar nicht zu dir!«

      »Ja, das dachte ich auch immer. Nie wollte ich mich binden! Nie, niemals! Da war ich genau wie du! Du bist doch ständig – noch viel mehr als ich – mit so schönen Frauen zusammen!«

      »Ja, warum eine, wenn es so viele gibt? Außerdem bedeutet eine Frau Verpflichtung, Gebundenheit, Treue und so weiter! Das ist nicht meine Sache! Ich brauche meine Muse und auch immer mal eine andere, das gebe ich gerne zu. Ich stelle das auch immer klar. Nie gibt es da Schwierigkeiten. Es geht eine Weile, dann trennt man sich wieder. So ist das Leben! Frei! Frei und schön!« Boyd lächelte.

      »Das alles gilt aber nur so lange, bis dir die Eine, die Richtige in die Augen schaut. Dann verändert sich alles! Alles, was dir bisher wichtig war, wird plötzlich unwichtig. Was nützt dir die Freiheit, wenn du im Grunde damit die eigene Einsamkeit des Herzens benennst?«

      Boyd lachte herzlich.

      »Arnold, ich erkenne dich nicht wieder. Klingt ja nach Romantik pur! Aber nach dieser Romantik, die unweigerlich zum Traualtar führt. Nein, nein! Da lasse ich die Finger davon. Das erinnert mich an Handschellen!«

      »Ach, Boyd! Ich weiß, daß ich auch einmal so dachte. Ich war fest davon überzeugt, daß die Liebe zu einer Einzigen, die wirklich tiefe Liebe, die Freiheit einengt. Doch ich habe zu meiner eigenen Überraschung festgestellt, daß es nicht so ist. Die wahre Liebe, die bringt ein Glücksgefühl im Herzen, das dir eine Ahnung von der Unendlichkeit des Universums gibt. Du teilst alles – und es ist keine Beschränkung, sondern eine Bereicherung, eine Erweiterung. Alle Gefühle, Erlebnisse, Erinnerungen werden größer, schöner, intensiver, weil du sie mit jemanden teilen kannst. Ich wünsche dir, daß du das erlebst. Es wird auch langsam Zeit, daß du den Hafen der Ehe anpeilst oder, um in deiner Fotografensprache zu bleiben, als Ziel in den Mittelpunkt der Linse rückst.«

      »Da wartest du vergebens! So ein Mensch wie ich, mit diesem Beruf – nein! Mir passiert so etwas nicht! Da müßte ich mich ja richtig verlieben! Das wäre mir zu bürgerlich, viel zu bodenständig! Ich muß frei sein, jeder Zeit aufbrechen zu können. Ich kann mich nicht verlieben. Ich darf mich auch nicht verlieben, wenn du es so willst. Wie soll ich dann die Schönheit der Frauen einfangen, wenn mein Herz nur einer einzigen gehört? Schlage dir das aus dem Kopf!«

      Arnold schmunzelte. »Du bist in diesem Punkt ein Unwissender, Boyd. Du versteckst dich zudem hinter deinem Beruf. Außerdem weißt du genau, wie du auf Frauen wirkst. Glaubst du, du wirkst anders, wenn du einen Ring am Finger trägst?«

      »Ich werde meine Stellung als angeschmachteter Junggeselle nicht aufgeben. Das bringt mir Vorteile. Das gehört zu meinem Beruf.«

      »Eines Tages ereilt die Liebe auch dich! Wirst es schon sehen!«

      »Nie niemals! Wenn das geschieht, dann suche ich das Weite. Liebe, nein, das ist nichts für mich! Flirt! Liebelei! Eine Muse! Das alles, dafür bin ich zu haben. Aber nicht für mehr. Daß du schwach wirst, Arnold, das hätte ich nie und nimmer von dir gedacht. Ich gebe zu, daß ich sehr überrascht bin. Nun ja, vielleicht ist es bei dir nur eine vorrübergehende Phase. Du, ich warne dich! Behalte einen kühlen Kopf. Es kann teuer werden, wenn du deinen Irrtum zu spät erkennst.«

      Arnold Oberlin brach in schallendes Gelächter aus.

      »Oh, Boyd! Du müßtest dich sehen! Du schaust mich so mitleidig an, als hätte ich dir eben nicht von der wahren Liebe erzählt, sondern davon, daß ich eine unheilbare chronische Krankheit habe.«

      »So kommt es mir vor!«

      »Dann leide ich gerne daran! Fahre jetzt erst mal nach Waldkogel und mache deine Aufnahmen. Zur ersten Vorlage treffen wir uns bei uns in der Firma. Abends lade ich dich ein. Dann kannst du meine Liebste kennenlernen! Aber ich warne dich! Laß die Finger von ihr! Sonst ist unsere Freundschaft, Freundschaft gewesen!«

      »Du drohst mir? Dich muß es wirklich schlimm erwischt haben!«

      Arnold schaute auf die Uhr. »Du sagst es, mein Guter! Doch ich stehe dazu! Und jetzt muß ich gehen! Ich bin mit ihr verabredet. Wir wollen uns Wohnungen ansehen.«

      »So weit seid ihr schon?«

      »Ja! Ich sagte dir doch, wir wollen heiraten! Willst du mein Trauzeuge sein?«

      »Nein! Trauzeuge? Ich? Dein Angebot ehrt mich! Aber so wie ich zur Ehe stehe, kann ich das nicht. Da mußt du dir einen anderen suchen, Arnold!«

      »Das ist eine klare Antwort!«

      Arnold packte die Sachen auf dem Tisch ein.

      »Trotzdem! Falls du einmal in die Lage kommst, daß du einen Trauzeugen brauchst, dann kannst du mich fragen!«

      Boyd legte Arnold die Hand auf die Schulter.

      »Das verspreche ich gerne! Allerdings wirst du auf diese Ehre vergeblich warten! Nie und nimmer werde ich einen Trauzeugen benötigen!«

      Arnold schaute Boyd von der Seite an und schmunzelte.

      »Sage niemals nie! So heißt es doch, Boyd, nicht wahr?«

      Es war alles gesagt. Boyd brachte Arnold noch zur Tür. Dann ging er zum Kühlschrank und holte sich ein Bier. Während er es einschenkte, grinste Boyd vor sich hin. Er konnte es kaum glauben, daß sich Arnold wirklich mit Heiratsplänen beschäftigte. Wahrscheinlich habe ich mich in diesem Punkt doch in ihm geirrt, überlegte Boyd. Doch Irren ist menschlich! Jedenfalls fühlte Boyd ein Überlegenheitsgefühl. Er wähnte sich stärker als Arnold, weil er seine Gefühle besser kontrollieren konnte. So dachte er.

      *

      Am darauffolgenden Wochenende machte sich Boyd auf nach Waldkogel. Die Autobahn in Richtung der Berge war voll. Er stand oft im Stau, was seine Stimmung nicht gerade hob. Etwas genervt bog er vor Kirchwalden auf die Landstraße ab. Langsam fuhr er weiter. Auch in Kirchwalden herrschte an diesem Freitagabend dichter Verkehr. An der Ampelkreuzung ging es nur langsam vorwärts.

      »Das ist eben das Land«, murmelte er vor sich hin. »Denke immer nur an den dicken, fetten Scheck!«

      So motivierte er sich selbst.

      Auf der schmalen Seitenstraße, die nach Waldkogel führte, konnte er nicht überholen. Ein Traktor mit einem langen Anhänger tuckerte vor ihm her. Boyd hielt Abstand und ließ bei langsamen Tempo die Augen schweifen.

      Das Tal war nicht sehr breit. Wiesen, Wälder zogen sich an beiden Seiten die Berghänge hinauf. Oben sah er die Gipfel mit den Gletschern und dem Schnee. Die Luft war klar und rein. Eine gute Sicht, dachte er. Das gibt gute Aufnahmen. Boyd sah alles aus dem Blickwinkel eines Fotografen. Er hielt oft kurz an und zoomte mit dem Fotoapparat, den er auf dem Beifahrersitz des Sportwagens liegen hatte, die Almhütten an den Hängen nah heran. Dann fuhr er weiter, bis er das Fahrzeug wieder unmittelbar vor sich hatte.

      Endlich kam er nach Waldkogel. Am Marktplatz mußte er halten. Mit laufendem Motor trommelte er unruhig auf das mit Leder bezogene Sportlenkrad.

      Ein alter Mann, der den Bürgersteig entlangging, sah es und blieb stehen.

      »Des dauert länger! Des ist eines der Fahrzeuge vom Weisgerber. Des muß lange hin und her rangieren, bis es um die Ecke ist. Des ist jeden Abend so, wenn die leeren Holztransporter zurückkommen. Mach den Motor aus. Du verpestest unsere schöne Bergluft!«

      Boyd schaute den Mann überrascht an. Er war noch mehr überrascht, als dieser mit seinem Gehstock auf die Motorhaube seines Sportwagen klopfte.

      »Abstellen hab’ i gesagt!«

      Boyd ärgerte sich über die Aufforderung. Er schaltete aber den Motor aus. Der Mann ging weiter. Boyd beobachtete ihn im Rückspiegel. Dann ließ er das Auto wieder an und fuhr auf den Marktplatz. Er parkte und stieg aus. Lässig an sein Auto gelehnt beobachtete er, wie der Holztransporter sich mittels langwieriger Manöver um die Ecke


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