Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.»Scheinbar keinen guten, wie?«
»Das weiß ich nicht! Das mußt du sie schon selbst fragen. Ich riskiere nicht, mit ihr über dich zu sprechen. Ich will keinen Ärger auf dem Hof haben. Ein Wort über dich – und vielleicht hängt der Haussegen schief.«
Simon rieb sich verlegen das Kinn.
»Ich will ehrlich zu dir sein, Boyd! Des ist kein Zufall gewesen, daß ich gestern abend noch mal zum Baumberger gekommen bin. Es war meine Absicht, daß du in der Nacht dein Auto in die Scheune fährst. Die Evi war nämlich dagegen. Die hat ganz schön getobt, als sie es hörte.«
»Der Vergleich mit einem Engel ging wohl gründlich daneben!«
»Ja, das ist er! Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder du stellst das klar und redest mit Evi oder du
gehst ihr aus dem Weg!«
»Ich werde ihr besser aus dem Weg gehen. Wenn ich mein Auto brauche, dann kannst du es mir zu den Baumbergers bringen. Willst du das tun, Simon?«
»Das mache ich!«
»Gut! Ich schätze dich, Simon. Es wäre schade, wenn Evi zwischen uns stehen würde. Ich muß oft nach Waldkogel kommen. Mein Auftrag verlangt es. Die Berge gefallen mir. Vielleicht kannst du es einrichten, daß du Zeit hast und wir wandern gehen. Vielleicht werde ich sogar zum Bergsteiger?«
»Ein großes Ziel! Aber die Aussicht vom ›Engelssteig‹ ist mit nichts zu vergleichen. Der Aufstieg ist anstrengend. Ein bisserl trainiert solltest du schon sein. Doch wenn du wirklich hinauf willst, dann rede ich mit einigen Burschen. Wir bilden eine Seilschaft und nehmen dich Anfänger in die Mitte. Dann wird es schon gehen. Also es liegt ganz bei dir, Boyd!«
»Danke, ich werde es mir überlegen! Vielleicht bei meinem nächsten Besuch.«
Simon und Boyd blieben, bis die Sonne langsam sank. Dann traten sie den Rückweg zur Berghütte an.
In der Nacht schlief Simon fest. Boyd konnte ihn atmen hören. Leise schlich er aus der Kammer hinaus. Er setzte sich auf die Terrasse der Berghütte und schaute hinauf in den Sternenhimmel. Er war unruhig in seinem Innern, trotz der Gelassenheit, die die Berge ihm geschenkt hatten. Die innere Unruhe konnte Boyd auch benennen: Evi! Immer und immer wieder sagte er sich, daß er ihre Nähe meiden mußte. Doch er konnte das Bild von ihr in seinem Herzen nicht löschen. Er dachte an seine Musen, die am Montag kommen würden für die Aufnahmen. Er betete sich seine Grundsätze vor und doch mußt er immer und immer wieder an Evi denken.
Um sich abzulenken, sehnte Boyd den Wochenanfang herbei. Dann hatte er viel zu arbeiten und konnte nicht an sie denken. Außerdem würden Gritt, Biggi und Lolly schon für Zerstreuung sorgen.
*
Sonntags wanderten Boyd und Simon wieder hinunter zu der Oberländer Alm und dann weiter. Simon zeigte Boyd schöne Plätze, die sich als Hintergrund eigneten. Er brachte ihn auch in den Forst und stellte ihn im Forsthaus dem Förster Hofer vor. Boyd wollte auf einigen Hochsitzen Bilder knipsen. Er stellte sich das schön vor: Die Models in Dirndl auf der Leiter des Hochsitzes oder an einen Baumstamm gelehnt.
Es war schon dunkel, als Boyd und Simon nach Waldkogel zurückkamen. Bei den Baumbergers fand Boyd eine Nachricht vor, daß sein Troß mit Models und Ausstattung schon eingetroffen war und im Hotel ›Zum Ochsen‹ auf ihn wartete. Boyd ging sofort hin.
Gritt, Biggi und Lolly freuten sich, ihn zu sehen. Sie lachten über ihn.
»Boyd, du siehst ja aus wie einer aus den Bergen – diese Hosen und der Filzhut. Kaum zu glauben, daß du es bist!«
Boyd ging mit den jungen Frauen und dem Rest vom Team in die Hotelbar. Er spendierte Sekt. Sie ver-gnügten sich bis spät in die Nacht. Boyd ertappte sich immer wieder dabei, wie er Gritt, Biggi und Lolly heimlich mit Eveline verglich. Es kostete ihn viel Mühe, diese Gedanken zur Seite zu schieben. Wenn die Models morgen für die Aufnahmen umgezogen sind, dann werden sie in den Dirndl bestimmt reizend aussehen, ganz wie die Evi, hoffte er.
Doch diese Erwartung erfüllte sich nicht, weder am nächsten Tag, noch an einem der kommenden. Die ganze Woche über fotografierte Boyd die jungen Schönheiten in der Trachten- und Landhausmode. Sie posierten am Bergsee, auf Almwiesen, im Forst, beim Hochsitz, vor der schönen Barockkirche und an vielen weiteren Plätzen. Es war eine schwere Arbeit nicht nur für Boyd, denn die jungen Frauen gefielen ihm nicht mehr. Egal, wie sie lächelten und sich präsentierten, Boyd war nie zufrieden. Gritt, Biggi und Lolly litten unter Boyd sehr. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Alle waren froh, als das erste Fotoshooting beendet war.
Gritt, Biggi und Lolly reisten sofort ab. Sie wollten keinen Augenblick länger bei Boyd bleiben. Sie hielten ihn für total überdreht. So kannten sie ihn nicht. Sie suchten nach einer Erklärung. Schließlich schoben sie Boyds sonderbares Verhalten auf die dünne Luft in den Bergen.
»Die Luft muß eine Sauerstofflücke im Gehirn hervorgerufen haben. Er kleidet sich auch so sonderbar, einfach lächerlich, wie er aussieht«, seufzte Gritt.
»Richtig! Dann sein Gerede! Natürlich aussehen! Unschuldig aussehen! Ich weiß einfach nicht, was er erwartet hatte«, ärgerte sich auch Biggi, die nach dieser Woche genervt war.
Auch Lolly erkannte ihren Boyd nicht mehr. So hatte sie ihn noch nie erlebt.
»Hört mal! Ich habe mich entschieden. Mich kann er nicht mehr für Aufnahmen in Waldkogel buchen. Mit mir nicht! Dann noch dieser Gestank nach Kühen und sonstwas auf den Almen – nein! Ich sage nein! Studioaufnahmen – gern! Aber keine Bilder mehr mit mir hier in Waldkogel! Da muß er sich eine andere suchen!«
Gritt und Biggi verstanden Lolly gut. Sie wollten nur noch fort.
Am nächsten Tag brachte Simon Boyds Auto zur Pension. Die beiden Männer verabschiedeten sich herzlich.
»Kommst bald wieder, Boyd?«
»Das weiß ich nicht genau! Ich muß die Bilder jetzt meinem Auftraggeber vorlegen. Dann sehe ich weiter!«
Die Männer schüttelten sich die Hände. Gern hätte Boyd Simon Grüße an Evi mitgegeben. Aber er scheute sich davor, auch nur ihren Namen zu erwähnen. Dabei dachte er inzwischen fast nur noch an sie. Aber davon sollte niemand etwas wissen. Er hoffte, daß sich das ändern würde, sobald er Waldkogel hinter sich gelassen hatte.
Simon stand auf der Straße und sah Boyd nach,wie er davonfuhr.
»Mei, den hat es auch erwischt, auch wenn er es nicht zugeben will, genau wie Evi. Doch vielleicht ist es besser so, wie es ist.«
Die Hände in den Hosentaschen seiner Lodenhose schlenderte Simon heim. Seine Eltern und Evi waren in der Küche.
»Soll noch mal Grüße sagen von Boyd und ein herzliches Danke für die Unterstellungsmöglichkeit in unserer Scheune.«
»Kommt er mal wieder?« fragte Simons Vater.
Sofort brauste Evi auf.
»Auch wenn er noch einmal nach Waldkogel kommt. Sein Auto stellt er nimmer in unserer Scheune ab! Einmal habt ihr mich überlisten können. Ich verstehe ja auch, daß ihr euer Wort gegeben habt. Aber ein weiteres Mal kommt des net in Frage. Darauf will ich euer Wort haben. Ich mag den Boyd net und ich will ihn hier net sehen, weder ihn, noch sein Auto.«
Die Eltern und ihr Bruder warfen sich Blicke zu. Doch sie versicherten, daß Boyd, sollte es ein nächstes Mal geben, sein Auto woanders unterstellen mußte. Evi schien jetzt zufrieden.
Das war aber nur oberflächlich. Obwohl jetzt alles geregelt war und sie sich keine Sorgen machen mußte, ihm zu begegnen, war sie unruhig. Sie saß abends kaum noch mit den Ihren zusammen vor dem Haus. Entweder ging sie früh zu Bett oder zog sich auf den Balkon vor ihrem Zimmer zurück. Die Eltern und ihr Bruder waren ratlos.
»Die Zeit heilt alle Wunden!« sagte die Quentmairbäuerin. »Jeder von uns dreien weiß, daß der Boyd der Evi gefallen hat. Wenn des Madl ihn aber net will, dann ist des ganz allein ihre Entscheidung.«
Simon