Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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geht. Ich habe da meine Zweifel.«

      »Ja, ich weiß! Aber du wirst sehen, es geht alles gut! Wenn ich zurückkomme, dann kann ich dich zur Hochzeit einladen. Vielleicht heiraten wir auch schon in den Bergen. Ich weiß doch, wieviel Gunter die Berge bedeuten. Was könnte ihm da mehr Freude machen, als daß wir in den Bergen heiraten? Wenn er mich fragt, dann sage ich ja und überrede ihn dazu, gleich zu heiraten – und wenn ich dafür ein Dirndl anziehen muß. Ich will Frau Dr. Gunter Volkmann werden, verstehst du?«

      Silvia nahm ihren schlafenden Jüngsten aus dem Kinderwagen und drückte ihn an sich. Silvia verstand Frauke. Doch zugleich war sie sich sicher, daß Frauke ihren Gunter auf eine Art und Weise liebte, die ihr, Silvia, völlig fremd war. Sie liebte ihn wie ein Objekt, in dessen Besitz sie gelangen wollte, koste es, was es wolle.

      »Oh! Ich muß rein, die Windel wechseln! Entschuldige mich bitte einen Augenblick, Frauke, oder willst du mitkommen?«

      Frauke stand auf.

      »Ich wollte ohnehin gehen.«

      »Lege deinen Schlüssel hier auf den Tisch!«

      »Danke, Silvi! Ich schreibe dir auch eine Email und lasse dich wissen, wie es mir geht.«

      »Lieber eine Postkarte! Die Kinder sammeln Ansichtskarten. Am besten du schickst zwei Karten, aber dieselben. Dann gibt es keinen Streit.«

      »Auf was du alles achtest, Silvi! Ich weiß nicht. Verwöhnst du die Kinder nicht zu sehr?«

      Silvia antwortete darauf nicht. Sie verabschiedete sich schnell von Frauke, denn der Junge auf ihrem Arm weinte jetzt.

      Frauke legte den Schlüssel hin. Dann hastete sie auf Zehenspitzen in kleinen Schritte dem Ausgang entgegen.

      Nein, Kinder, Haus und Heim, das ist nicht meine Welt. Jedenfalls nicht meine Welt für jeden Tag – Tag für Tag und Jahr für Jahr, dachte Frauke.

      Erleichtert einer Welt der Familie entflohen zu sein, stieg sie in ihr Auto und fuhr ab.

      *

      Helen Volkmann, die nach ihrer Scheidung den Namen ihres Exmannes behalten hatte, saß am Computer und gab die letzten Veränderungen ein. Helen war Architektin.

      Während sie ihre Arbeit beendete, schweiften ihre Gedanken immer wieder ab. Mit halbem Ohr lauschte sie. Durch das offene Fenster hörte sie die Straßengeräusche. Gunter wollte Polly heimbringen. Die Kinder waren an diesem Wochenende beim Vater gewesen. Wie immer war Gunter nicht pünktlich.

      Helen lächelte. Plötzlich fiel ihr ein, wie wenig ihr seine Unpünktlichkeit damals ausgemacht hatte, damals als sie jung und verliebt war.

      Helen speicherte die Datei ab. Sie gab den Druckbefehl ein. Während sie auf den Ausdruck der Pläne wartete, ging sie hinaus auf den Balkon. Sie legte die Hände auf die Brüstung und schaute hinunter auf die Straße, als könnte sie Gunters Auto herbeiwünschen.

      Wie gut unser Verhältnis heute ist, dachte sie. Warum ist das alles so gekommen? Das fragte sich Helen. In den wenigen Minuten, bis Gunter kam, durchlebte sie in Gedanken die gemeinsame Zeit mit ihm.

      Während des Studiums hatte sie Gunter kennengelernt, der an der Technischen Hochschule Ingenieurwissenschaften studierte. Die blonde, zierliche und so elegante Helen gefiel Gunter auf Anhieb. Er warb um sie. Ein ganzes Semester stellte er ihr nach und sprach sie immer wieder und wieder an. Helen ließ sich Zeit.

      Sie tanzten auf dem Semester-Abschlußball. Anschließend saßen sie bis zum Sonnenaufgang auf dem Rasen vor dem großen Hochschulgebäude und redeten und redeten. Sie stellten fest, daß sie beide die Berge liebten und beide schon einmal in Waldkogel waren. Spontan beschlossen sie, an dem darauffolgende Wochenende nach Waldkogel zu fahren. Das war der Anfang einer wunderschönen gemeinsamen Zeit. Sie verliebten sich. Gemeinsam wanderten sie in den Bergen und bestiegen im weiten Umkreis alle Gipfel.

      Sie machten ihr Examen, heirateten und wurden bald darauf Eltern reizender Zwillinge. Gunter machte neben seiner Berufstätigkeit den Doktor. Helen kümmerte sich um die Kinder.

      Doch irgendwann, nachdem die Kinder in der Schule waren, reichten sie die Scheidung ein. Das war vor fünf Jahren gewesen. Sie trennten sich im Guten. Es gab keinen Rosenkrieg. Helen behielt die Eigentumswohnung. Gunter zog aus.

      Zu beider Überraschung nahmen es die Zwillinge ruhig auf.

      Patrick sagte einige Monate nach der Scheidung zu seiner Mutter:

      »Jetzt streitet ihr nicht mehr, wenn ihr euch seht! Warum habt ihr euch früher immer gestritten?«

      Helen klangen die Worte ihres Sohnes noch immer im Ohr.

      Das Telefon läutete und riß Helen aus ihren Gedanken. Sie nahm ab und meldete sich. Sie lauschte, dann sagte sie knapp:

      »Sicher kannst du heraufkommen, Gunter! Bis dann!«

      Helen spürte, wie ihr Herz klopfte. Sie konnte nichts dagegen machen. Noch immer pochte ihr Herz, wenn sie ihn sah oder auch nur seine Stimme hörte.

      Sie seufzte.

      »Helen, nimm dich zusammen! Was vorbei ist, ist vorbei! Weine nicht verschüttetem Wasser hinterher! Hüte dich davor, jetzt alles mit einer rosaroten Brille zu betrachten. Erinnere dich, daß der Himmel am Ende nicht voller Geigen hing, sondern immer schwarz war von dicken Gewitterwolken!«

      Helen hörte, wie Gunter vor dem Haus hielt. Allein das Geräusch des Autos versetzte ihr Herz wieder in Schwingungen. Sie ging zur Tür und schaute im Vorbeigehen in den Spiegel.

      »Nimm dich zusammen, du dumme Gans! Benimm dich nicht wie ein Teenager! Du bist Mitte dreißig, hast zwei Kinder und weißt, was du willst!«

      Der Aufzug öffnete sich. Zuerst kamen die Kinder heraus. Hinter ihnen betrat Gunter etwas unsicher das Treppenhaus. Sie lächelten sich an. Sie schauten sich in die Augen. Helen wich als erste dem Blick aus.

      »Wie war es bei Papa, Polly?« fragte sie und nahm ihrer Tochter die Reisetasche ab.

      »Wie immer!« brummte Polly und ging an ihr vorbei.

      »Hast du dich mit deiner Schwester gestritten?« fragte Helen ihren Sohn, der sie zur Begrüßung zärtlich umarmte.

      »Mama, du weißt doch, Mädchen sind schwierig in diesem Alter!« sagte Patrick mit einem altklugen Augenrollen.

      Dann lief er seiner Schwester hinterher.

      Helen und Gunter mußten lachen. Sie begrüßten sich und schüttelten sich die Hände.

      »Gibt es etwas zu bereden, Gunter?« fragte Helen direkt. »Willst du reinkommen?«

      Gunter schüttelte den Kopf.

      »Ich wollte dir nur kurz sagen, daß ich zwei Wochen in die Berge fahre. Ich würde beide Kinder gerne mitnehmen.«

      »Hast du es ihnen denn schon gesagt?«

      »Nein, Helen! Wir haben doch vereinbart, daß wir immer alles erst miteinander bereden. Also, gibst du mir Polly mit?«

      »Wann soll das sein?« fragte Helen.

      Gunter nannte das Datum.

      »Gut! Einverstanden!«

      Helen und Gunter beredeten kurz die Einzelheiten. Dann rief Gunter nach Patrick. Dieser bat noch um einen Augenblick.

      »Da waren die beiden, das ganze Wochenende zusammen und man denkt, sie hätten sich alles gesagt.«

      »Du vergißt, Gunter, daß es Zwillinge sind. Sie haben ein besonderes Verhältnis zueinander!«

      Endlich kam Patrick.

      »Tschüß, Mama!« sagte Patrick und ging an seinem Vater vorbei zum Aufzug.

      »Danke, Helen!« bemerkte Gunter leise.

      Helen lächelte nur. Sie verspürte diese Herzklopfen. Es kostete sie viel Kraft, sich nichts anmerken zu lassen. Sie winkte Patrick zu und wartete, bis sich die Aufzugtür schloß.


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