Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac


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Bes­se­res wis­sen, als ihr Land in Brand zu ste­cken, sich eine Ku­gel in den Kopf zu ja­gen, für die Re­pu­blik zu kon­spi­rie­ren oder zum Krieg zu het­zen …«

      »Émi­le«, un­ter­brach Ra­phaels Nach­bar feu­rig den Red­ner, »auf Man­nes­wort, ohne die Ju­li­re­vo­lu­ti­on wäre ich Pries­ter ge­wor­den, um ir­gend­wo auf dem Land ein stumpf­sin­ni­ges Le­ben zu füh­ren und …«

      »Und du hät­test alle Tage das Bre­vier ge­le­sen?«

      »Ja.«

      »Du bist ein Tor.«

      »Wir le­sen doch auch Zei­tun­gen!«

      »Nicht übel, für einen Jour­na­lis­ten! Aber sei still, wir sind von lau­ter Abon­nen­ten um­ge­ben. Der Jour­na­lis­mus, siehst du, ist die Re­li­gi­on der mo­der­nen Ge­sell­schaft, und dar­in liegt ein Fort­schritt.«

      »Wie das?«

      »Die Pon­ti­fe­xe müs­sen nicht glau­ben und das Volk auch nicht …«

      *

      Émi­le war ein Jour­na­list, der durch Nichtstun mehr Berühmt­heit er­langt hat­te als an­de­re durch ihre Er­fol­ge. Ein schar­fer Kri­ti­ker, voll Schwung und bei­ßen­der Iro­nie, be­saß er alle Vor­zü­ge, die sei­ne Feh­ler mit sich brach­ten. Un­ver­hoh­len und la­chend sag­te er ei­nem Freund tau­send Bos­hei­ten ins Ge­sicht, den er in des­sen Ab­we­sen­heit mu­tig und auf­rich­tig ver­tei­dig­te. Er spot­te­te über al­les, selbst über sei­ne Zu­kunft. Stets in Geld­nö­ten, ver­harr­te er wie alle Men­schen von ei­ni­ger Be­deu­tung in un­sag­ba­rer Faul­heit und warf nur manch­mal sol­chen Leu­ten mit ei­nem Wort ein gan­zes Buch an den Kopf, die in ei­nem gan­zen Buch noch nicht ein­mal ein ein­zi­ges Wort zu sa­gen hat­ten. Mit Ver­spre­chun­gen ging er sehr ver­schwen­de­risch um, doch hielt er sie nie, und Ver­mö­gen und Ruhm mach­ten ihm so we­nig Sor­gen, daß er Ge­fahr lief, sei­ne Tage im Spi­tal zu be­schlie­ßen. Ein Freund üb­ri­gens bis zum bit­te­ren Ende, ein groß­mäu­li­ger Zy­ni­ker und doch harm­los wie ein Kind, ar­bei­te­te er nur, wenn ihm der Sinn da­nach stand oder die Not ihn zwang.

      »Ich lie­be war­me, mit Tep­pi­chen aus­ge­leg­te Vor­hal­len«, sag­te Ra­pha­el. »Lu­xus schon im Trep­pen­haus ist in Frank­reich sel­ten. Hier lebe ich auf.«

      »Und da oben wol­len wir wie­der ein­mal trin­ken und lus­tig sein, mein ar­mer Ra­pha­el. Wohl­an denn! Ich hof­fe, wir wer­den die Sie­ger sein und die­se Köp­fe da zu un­se­ren Fü­ßen se­hen.«


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