Kampf um ihre Partnerin. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.Ärsche hier runter. Wir stecken in Schwierigkeiten.” Die vertraute Stimme eines Prillonischen Kriegers tönte durch das Kommunikationsgerät in unseren Helmen. Lautes Geschrei, Ionenfeuer und Rufe nach sichert-die-Tür waren zu hören.
Ich lief schneller. “Dorian. Hier Mills. Was ist bei euch los?”
“Die Hive haben die Tür gesprengt. Wir halten die Stellung, aber die Hälfte von uns haben sie schon erwischt. Wir werden nicht lange durchhalten.”
“Wie viele?” Ich begann zu rennen und mein Team heftete sich an meine Fersen; wir alle konnten die Brenzligkeit der Situation an der Stimme des Piloten heraushören. Dorian Kanakor war ein großer, goldfarbener Hurensohn und einer der besten Piloten unseres Sektors. Sein Cousin und sein Bruder dienten früher ebenfalls in der Kampfgruppe Karter und wenn das Trio irgendwo auftauchte, erinnerten sie mich an riesige Löwen. Goldenes Haar, goldene Haut, gelbe Augen und der älteste, Dorians Bruder Xanthe, mit ewig finsterer Miene.
“Zwölf. Wahrscheinlich mehr. Doppelt so viele sind hineintransportiert, aber wir haben mindestens sechs ausgeschaltet und der Rest ist aufs Kommandodeck verschwunden.” Wo sie den Kurs des Schiffes ändern und ihre kontaminierten Programme ins System unseres Frachters hochladen konnten.
“Scheiße.” Das kam von Jack, und ich wollte ihn nicht rügen, denn ich dachte genauso.
“Soldaten oder Aufklärer?” hakte ich nach.
“Soldaten und …” Die lange Pause macht mich nervös und ich blinzelte den beißenden Schweiß aus meinen Augen.
“Und?”
“Sie haben einen Atlanen. Oder was von ihm übrig ist.”
Das konnte nicht wahr sein. Mein gesamtes Team erstarrte für ein, zwei Sekunden. Wenn das stimmte, waren wir erledigt. “Ist er zur Bestie geworden?”
“Noch nicht.”
“Alles Roger.” Ich wusste nicht, ob mein irdischer Slang verständlich war oder nicht und wandte mich meinem Team zu. “Zeitzünder auf zehn Minuten.”
Keine Einwände. Entweder würden wir uns zur Prillonischen Crew durchschlagen oder eben nicht. Wie dem auch sei; eine in die Falle gegangene Atlanische Bestie, die zum Hive umprogrammiert worden war? Sie musste sterben. Dieses Schiff und alle Kreaturen an Bord mussten zerstört werden.
Ich blickte jedem Mann und der einen Frau in meinem Team kurz in die Augen. Ich checkte jeden einzeln und wartete auf ihr Kopfnicken. Als ich meinen eigenen Zünder betätigte—die Fernsteuerung, die die übrigen Sprengsätze aktivierte—, fing die Uhr an zu ticken.
Mit geschlossenen Augen atmete ich tief durch, dann öffnete ich die Augen und wählte den korrekten Befehl auf dem Display in meinem Helmvisier aus. Ein leichtes Tippen auf mein Handgelenk aktivierte den Zünder und in einer Ecke unserer Displays tauchten rote Zahlen auf. Der Countdown.
“Checkt eure Waffen. Maximale Feuerkraft. Mir ist egal, ob wir ein Loch in dieses verfluchte Schiff ballern. Die Hive werden nicht entwischen.” Ich stürmte auf den Feind zu und fütterte meiner Einheit den Plan während wir voraneilten. “Ich gehe links rein, mit Jack. Zwei Männer rechts. Ich werfe die DPG, dann eröffnen wir das Feuer und gehen zurück. Der Rest wartet, bis wir sie zur ersten Abzweigung im Gang gelockt haben. Wir ködern sie weg von der Crew und dann knallen wir sie im Seitengang ab.”
Jack machte ein grimmiges Gesicht. “Und wenn er zur Bestie wird?”
Er kannte die Antwort auf seine Frage, aber unsere ganze Einheit musste sie hören. “Wir beschäftigen den assimilierten Atlanen so lange, bis die Sprengsätze hochgehen. Egal was passiert, keiner darf entkommen. Ist das klar?” Die experimentelle DPG, der Prototyp einer disruptiven Granate, war so neu, dass wir die ersten Anwender waren. Der Geheimdienst hatte sich eine neuartige Hive-Technologie unter den Nagel gerissen, eine Technik, die meine Freundin Meghan während der Schlacht auf Latiri 4 aus dem Schädel eines blauen Ungetüms entfernt hatte. Ich kannte keine Einzelheiten und sie konnte mir auch nicht mehr darüber verraten, aber um meine Soldaten lebend von diesem Schiff herunterzubekommen würde ich alles versuchen.
“Klar.” Die verrauchte Stimme gehörte Trinity, der einzigen Frau in meinem Team, einer tüchtigen und ebenso trinkfesten Britin aus der Nähe von London. Seit zwei Monaten war sie bei mir und ich wusste nichts über ihren Hintergrund. Ich bemühte mich nicht mehr, ihre Lebensgeschichten zu lernen. Dermaßen viele Soldaten hatte ich schon an die verfluchten Hive verloren, dass ihr Tod umso mehr schmerzte, wenn wir uns nahestanden. Alle paar Monate verlor ich etwa ein Drittel meines Teams.
Die Chancen, wieder nach Hause zurückzukehren waren gleich null, und wir alle wussten das. Wie ich so lange überlebt hatte, blieb ein Rätsel. Die anderen ReCon-Einheiten hatten mir den Spitznamen “Seven” verpasst, sieben Leben, wie bei einer Katze. Aber in Wahrheit hatte ich einfach nur Glück gehabt. Als die Hive mich gekidnappt hatten, hatten meine Schwester Sarah und ihre Bestie von einem Mann mich aus der Hölle befreit. Danach war ich vorsichtiger geworden, plante alles peinlich genau. Aber nichts, was ich tat, rettete alle. Jedermann hielt mich für eine Art Glücksbringer. Jeder wollte bei der ReCon 3 dabei sein.
“Zu spät, Mills.” Dorians Stimme klang unglimpflich und durch den Gang hindurch ertönte ein lautes Brüllen, dessen Vibration wie ein Donnerschlag in meiner Brust widerhallte.
“Heilige Scheiße.” Das war Trinity und sie sprach für uns alle. Der Atlane war zur Bestie geworden. Eine aufgemotzte, Hive-gesteuerte Cyborg-Bestie.
“Immer mit der Ruhe, Leute. Ionenfeuer wird ihn niederstrecken. Wir werden sie alle ausschalten.”
“Nicht, ohne dabei draufzugehen,” bemerkte Trinity.
“Wir werden sowieso alle draufgehen, Trin. Also halt die Fresse und mach dich an die Arbeit.” Das war Jack, mein zweiter Kommandant, und sein gnadenloser Befehl war begründet. “Es sei denn du willst, dass die Bestie bis zur Karter gelangt und das ganze Universum mit in den Abgrund reißt.”
Die Kampfgruppe Karter war ein Verbund aus Militär- und Zivilschiffen, die diesen Sektor des Weltalls vor dem Vorrücken der Hive verteidigten. Über fünftausend Krieger sowie zivile Mitarbeiter, Partner und Kinder lebten unter Kommandant Karters Schutz. Und wir dienten Karter. “Diese Mistkerle werden nicht einmal in die Nähe der Karter kommen.” Damit war genau genommen das Hauptschlachtschiff auf dem wir stationiert waren gemeint, aber der Spitzname bezog sich auf die gesamte Armada. Meine Worte waren ein wütendes Fauchen, konnten die Anderen aber gerade noch beruhigen.
Wieder ertönte ein Brüllen.
Die letzte Kurve. Dreißig Schritte. Vielleicht weniger.
Ich machte meinem Team ein Zeichen, damit sie warteten und rannte mit Jack und zwei weiteren Männern nach vorne. In der linken Hand hielt ich die DPG, mein Gewehr in der rechten.
“Deckung!” rief ich, dann ging ich aufs Knie und schleuderte die DPG nach vorne. “Feuert auf das Loch!”
Die Prillonischen Krieger waren nahe und ich konnte hören, wie sie sich zuriefen und in Deckung gingen. Die Hive … keine Ahnung, was die Hive taten, denn meine Männer und ich kauerten mit zugehaltenen Ohren vor der letzten Biegung. Wir warteten auf eine Explosion, die nie kam.
“Ein-ein-tausend. Zwei-ein-tausend. Drei-ein-tausend.” Jack zählte laut, während wir warteten.
Nichts.
“Nun, dem Geheimdienst können wir wohl offiziell sagen, dass das Ding ein Blindgänger war,” Trinitys knapper, britischer Akzent war das Sahnehäubchen.
Mit gezücktem Gewehr schwang ich herum, um nachzusehen. Die Hive krümmten sich lautlos schreiend, Hände auf den Ohren. Zwei mussten kotzen, einige strauchelten und stolperten ineinander. Sie waren orientierungslos und durcheinander, verwirrt. Die DPG wirkte … bei den Hive.
Nur bei der Bestie wirkte sie nicht. Sie stand weiterhin aufrecht, die Fäuste in die Hüften gestemmt und blickte mir direkt ins Auge. Zitternd. Sie zitterte, reagierte aber nicht wie die übrigen Hive. Ich konnte nicht erklären,