Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher


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net. Ich sprech’ von dir und deiner ungemein guten Laune, die geradezu ansteckend ist.«

      Deutlich hörte er ihren ironischen Unterton. Mit einer ruckartigen Bewegung stand er auf.

      »Entschuldige, ich muß mal telefonieren.«

      Verwundert sah sie ihm hinterher. Offenbar sollte sie das Gespräch nicht mithören. Wolfgang besaß ein Handy und hätte genausogut hier am Tisch telefonieren können.

      Stirnrunzelnd griff sie nach einer Semmel und schnitt sie auf.

      Männer können manchmal sehr anstrengend sein, dachte Tanja, während sie die Semmel mit Butter bestrich.

      Wolfgang Arnhäuser hatte sein Zimmer aufgesucht. Auf der Herfahrt hatte er angestrengt überlegt, wie er Tanja klarmachen konnte, daß er anstelle eines Doppelzimmers nur noch zwei Einzelzimmer bekommen hatte. Er selbst bedauerte diesen Umstand auch. Inzwischen war er allerdings froh darüber. Denn das erhoffte Liebeswochenende verlief gar nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte.

      Gewiß, Tanja war zärtlich und hingebungsvoll, wie immer, wenn sie sich trafen. Doch diesmal war es etwas anders. Wolfgang konnte es sich nicht erklären, aber er mußte, seit sie hier angekommen waren, ständig an Nicole denken. Ihr Streit in der vergangenen Woche war der heftigste, den sie während ihrer ganzen Beziehung jemals gehabt hatten, und daß Nicole ihm letzten Endes den Laufpaß gegeben hatte, sah er jetzt nur als logische Konsequenz.

      Ich hab’ mich wie ein Idiot benommen!

      Dieser Gedanke war ihm erst spät gekommen.

      Dabei liebte er dieses wunderbare Mädchen aufrichtig. Als sie sich kennenlernten, stand für den jungen Mathematiklehrer fest, daß er die Frau seines Lebens gefunden hatte, und sie beide schwebten lange Zeit auf rosafarbenen Wolken.

      Doch dann fühlte Wolfgang sich in dieser Beziehung eingeengt. Nicole war eher der heimische Typ, während er lieber ausging, sich mit Leuten traf, gerne feierte. Immer häufiger kam es darüber zu Auseinandersetzungen, und einige Male schien ihre Beziehung am Ende zu sein.

      Daß sie doch immer wieder zueinanderfanden, lag wohl daran, daß sie festgestellt hatten, daß keiner ohne den anderen leben konnte. Um so überraschender kam für Wolfgang das Aus, das diesmal endgültig war.

      Mehr aus gekränkter Eitelkeit hatte er Tanja angerufen und sie zu diesem Wochenende eingeladen, daß er eigentlich mit Nicole hatte verbringen wollen. Ihren Geburtstag wollten sie in den Bergen feiern, ein paar wunderschöne Tage verbringen.

      Doch dazu kam es nicht mehr. Jetzt allerdings hatte er das Gefühl, er müsse sie unbedingt anrufen, ihr wenigstens sagen, daß er an sie dachte und ihr alles Gute zu ihrem Geburtstag wünschen.

      In seinem Zimmer angekommen, setzte er sich und wählte Nicoles Nummer. Nachdem es einige Male geläutet hatte, hörte er die Ansage des Anrufbeantworters.

      Wolfgang beendete die Verbindung.

      Merkwürdig, dachte er, warum ist sie denn um diese Zeit nicht zu Haus’? Ob sie Einkäufe macht?

      Oder…? War sie etwa alleine in die Berge gefahren?

      Nachdenklich strich er sich über das Kinn. Das konnte er sich eigentlich nicht vorstellen. Nicole hatte sich doch so sehr darauf gefreut, die Reise gemeinsam mit ihm anzutreten. Da würde sie jetzt nicht doch gefahren sein?

      Himmel, das wäre ja schrecklich. Was mußte sie da leiden, wenn sie sich vorstellte, daß er eigentlich dabei gewesen wäre.

      Das schlechte Gewissen packte ihn, heftiger als zuvor. Wolfgang spürte, daß er Nicole immer noch liebte und er bereute es, ihr so wehgetan zu haben.

      Ich muß Gewißheit haben, sagte er in Gedanken. Ob Lilly etwas weiß?

      Die Telefonnummer der Freundin war eingespeichert. Mit klopfendem Herzen wartete Wolfgang darauf, daß am anderen Ende endlich abgenommen wurde. Es klingelte sehr lange, bis sich eine verschlafene Stimme meldete.

      *

      »Ich bin’s, Wolfgang«, meldete er sich. »Hab’ ich dich geweckt?«

      »Kann man so sagen«, erwiderte Lilly Wehler. »War ziemlich spät gestern abend – oder heute morgen. Ganz, wie man’s nimmt.«

      Er atmete auf. Das konnte doch eigentlich nur bedeuten, daß sie und Nicole gestern in den Geburtstag hineingefeiert hatten.

      Oder? Er erkundigte sich danach.

      »Nein, wie kommst du darauf?« entgegnete die Studentin zu seiner Enttäuschung. »Nicole ist doch gar net in Regensburg. Die verbringt das Wochenende in diesem Ort, in den Bergen.«

      »Ach so, dann ist sie also doch gefahren…«

      »Ja, gestern morgen, genau wie sie es geplant hatte. Aber ich dachte eigentlich, daß du doch noch mitgefahren bist.«

      »Nein, dummerweise net«, sagte er zerknirscht. »Und ich hatte gehofft, daß sie zu Hause geblieben wäre, nachdem wir uns so zerstritten haben.«

      Lilly gähnte verhalten.

      »Tja, sie wollte wohl unbedingt«, antwortete sie. »Und wahrscheinlich ist’s auch besser, als wenn sie zu Hause herumhockt und Trübsal bläst. Da ist sie wenigstens unter Leuten und kann vielleicht doch ein bissel feiern.«

      Und vielleicht lernt sie einen andren kennen, dachte er und spürte wieder, wie sein Herz bei dem Gedanken schneller schlug.

      »Also, dann entschuldige, daß ich dich geweckt hab’«, verabschiedete er sich.

      »Schon gut«, hörte er Lilly sagen und schaute nachdenklich vor sich hin.

      Schließlich stand er auf und trat ans Fenster. Seine Gedanken kreisten um Nicole, während er von seinem Standort aus genau auf die Terrasse blickte, auf der Tanja immer noch saß.

      »Es tut mir leid«, sagte er, als er wieder nach unten gegangen war. »Aber ich muß zurück nach Regensburg.«

      »Was?« rief die junge Frau erstaunt. »So plötzlich? Aus welchem Grund?«

      Als er noch am Fenster stand, hatte Wolfgang einen Entschluß gefaßt. Er würde seinen Aufenthalt hier abbrechen und nach St. Johann fahren. Natürlich würde es nicht leicht sein, das Tanja beizubringen. Aber dieser Entschluß stand fest, und nichts und niemand konnte ihn davon abbringen.

      »Es geht um Nicole«, antwortete er geradeheraus. »Ich hab’ da einen großen Fehler gemacht.«

      Die Rechtsanwaltsgehilfin sah ihn stumm an. Natürlich hatte sie sich von diesem Wochenende mehr versprochen. Aber sie rechnete Wolfgang auch seine Ehrlichkeit an. Daß er mit der hübschen Studentin verbandelt war, hatte sie gewußt, auch, daß die beiden Schluß gemacht hatten.

      Als sie ihn jetzt so anschaute, erkannte sie, wie sehr Wolfgang unter der Trennung litt. Tanja lächelte und stand auf. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn.

      »Es hat wohl net sollen sein, mit uns, was?« meinte sie. »Aber du hast wohl recht, wenn du net von ihr loskommst, dann mußt du ihr hinterherfahren und die Sache wieder ins reine bringen.«

      Wolfgang gab ihr einen Kuß auf die Wange.

      »Danke, daß du so verständnisvoll bist«, sagte er.

      »Geschenkt«, gab sie mit einer wegwerfenden Handbewegung zurück. »Es ist wohl mein Schicksal, daß ich bei den Männern immer nur als ›gute Freundin‹ landen kann.«

      Wolfgang drückte sie an sich.

      »Ich bin sicher, daß du auch noch den Richtigen treffen wirst«, beteuerte er.

      Eine Stunde später waren sie auf dem Weg. Natürlich hatte er die beiden Zimmer, trotz ihrer vorzeitigen Abreise, bezahlen müssen. Aber das war es ihm wert.

      Von Cham, wo sie Quartier bezogen hatten, bis nach Regensburg, brauchte Wolfgang, mit seinem schnellen Auto, nicht lange. Er setzte Tanja vor ihrer Wohnung ab und fuhr gleich weiter. Am späten Nachmittag erreichte er St. Johann.


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