Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant


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streck­te er sei­ne Hand nach Ge­or­ges Brust, an der ein klei­nes Bänd­chen wie ein ro­ter Punkt glänz­te, und fuhr fort:

      »Und die­ser Lump trägt noch auf sei­nem Kleid das Ehren­kreuz, das ich ihm ge­ge­ben habe.«

      Du Roy wur­de lei­chen­blass. Mit ei­ner hef­ti­gen Hand­be­we­gung riss er aus sei­nem Knopf­loch das kur­ze rote Bänd­chen her­aus und warf es in den Ka­min.

      »So! Das ist eine Aus­zeich­nung wert, die von ei­nem Trot­tel wie Sie her­kommt.«

      Zäh­ne­knir­schend stan­den sie ein­an­der ge­gen­über. Aufs äu­ßers­te er­regt, mit ge­ball­ten Fäus­ten, der eine ma­ger mit lang­ge­zo­ge­nem Schnurr­bart, der an­de­re dick mit hoch­ge­dreh­tem Schnurr­bart.

      Der Kom­missar trat rasch da­zwi­schen und trenn­te sie mit sei­nen Hän­den.

      »Mei­ne Her­ren, Sie ver­ges­sen sich, den­ken Sie an Ihre Wür­de.«

      Die bei­den Män­ner schwie­gen und dreh­ten sich den Rücken zu.

      Ma­de­lei­ne stand noch im­mer un­be­weg­lich und rauch­te lä­chelnd die Zi­ga­ret­te wei­ter.

      Der Po­li­zei­of­fi­zier ver­setz­te:

      »Herr Mi­nis­ter, ich habe Sie mit der Frau Du Roy, hier an­we­send, über­rascht, Sie wa­ren im Bett, und Ma­da­me bei­na­he nackt. Ihre Klei­dungs­stücke la­gen un­or­dent­lich in der gan­zen Woh­nung her­um. Sie sind of­fen­sicht­lich ei­nes Ehe­bruchs auf fri­scher Tat über­führt. Die Tat­sa­che wer­den Sie nicht leug­nen kön­nen. Ha­ben Sie et­was zu er­wi­dern?«

      Lar­oche-Ma­thieu mur­mel­te:

      »Ich habe nichts zu sa­gen. Er­fül­len Sie Ihre Pf­licht.«

      Der Kom­missar wand­te sich zu Ma­de­lei­ne.

      »Ge­ste­hen Sie, mei­ne Dame, dass der Herr Ihr Ge­lieb­ter ist?«

      Sie er­wi­der­te zy­nisch:

      »Ich leug­ne es nicht, er ist mein Ge­lieb­ter.«

      »Das ge­nügt.«

      Dann mach­te sich der Be­am­te ei­ni­ge No­ti­zen über den Zu­stand der Woh­nung. Als er fer­tig war, war auch der Mi­nis­ter voll­stän­dig an­ge­zo­gen und war­te­te mit dem Über­zie­her auf dem Arm und den Hut in der Hand.

      Er frag­te:

      »Brau­chen Sie mich noch, mein Herr? Was soll ich tun? Kann ich jetzt fort­ge­hen?«

      Du Roy wand­te sich um und sag­te mit dreis­tem, zy­ni­schem Lä­cheln:

      »Wa­rum denn? Wir sind fer­tig. Sie kön­nen sich wie­der hin­le­gen, mein Herr. Wir wer­den Sie jetzt al­lein las­sen.«

      Dann leg­te er einen Fin­ger auf den Arm des Po­li­zei­be­am­ten und sag­te:

      »Ge­hen wir, Herr Po­li­zei­kom­missar. Wir ha­ben hier jetzt nichts mehr zu su­chen;«

      Der Be­am­te folg­te ihm et­was er­staunt; doch an der Tür­schwel­le blieb Ge­or­ges ste­hen, um ihn vor­bei zu las­sen. Der wei­ger­te sich aus Höf­lich­keit.

      Doch Du Roy be­stand dar­auf:

      »Bit­te ge­hen Sie vor­aus, mein Herr.«

      »Nach Ih­nen«, sag­te der Kom­missar.

      Da mach­te der Jour­na­list eine Ver­beu­gung und ver­setz­te mit iro­ni­scher Höf­lich­keit:

      »Jetzt sind Sie an der Rei­he, Herr Po­li­zei­kom­missar, ich bin hier bei­na­he zu Hau­se.«

      Dann zog er lei­se mit ei­ner dis­kre­ten Be­we­gung die Tür hin­ter sich zu.

      Eine Stun­de spä­ter er­schi­en Du Roy im Re­dak­ti­ons­bü­ro der Vie Françai­se.

      Herr Wal­ter war noch da, denn er fuhr fort, sorg­fäl­tig und ge­wis­sen­haft sei­ne Zei­tung, die jetzt einen rie­si­gen Auf­schwung ge­nom­men hat­te und sei­ne im­mer grö­ßer wer­den­den Ban­k­ope­ra­tio­nen be­güns­tig­te, zu lei­ten und zu über­wa­chen.

      Der Di­rek­tor blick­te auf und frag­te:

      »Ah! Da sind Sie. Wo kom­men Sie denn jetzt her? Sie sind ein ko­mi­scher Mensch! Wa­rum sind Sie nicht zum Di­ner ge­kom­men?«

      Der jun­ge Mann, der des Ef­fekts sei­ner Mit­tei­lung be­wusst war, er­klär­te, in­dem, er je­des Wort be­ton­te:

      »Ich habe eben den Mi­nis­ter des Äu­ße­ren ge­stürzt.«

      Der an­de­re hielt es für einen Scherz.

      »Ge­stürzt t… wie­so?«

      »Ich wer­de das Ka­bi­nett um­ge­stal­ten. Wei­ter nichts. Es ist höchs­te Zeit, dass die­ses Aas hin­aus­fliegt.«

      Der Alte war ver­blüfft und dach­te, dass sein Re­dak­teur be­schwipst sei.

      Er mur­mel­te:

      »Ach was, Sie re­den Un­sinn.«

      »Aber gar nicht. Ich habe eben Lar­oche-Ma­thieu mit mei­ner Frau auf fri­scher Tat beim Ehe­bruch er­tappt. Der Po­li­zei­kom­missar hat die Sa­che zu Pro­to­koll ge­nom­men. Der Mi­nis­ter ist futsch.«

      Wal­ter war sprach­los, er schob sei­ne Bril­le über die Stirn und frag­te:

      »Sie ma­chen sich doch nicht über mich lus­tig?«

      »Nicht die Spur. Ich will die Sa­che so­gar gleich in die Zei­tung brin­gen.«

      »Aber was wol­len Sie tun?«

      »Die­sen elen­den Schur­ken und öf­fent­li­chen Mis­se­tä­ter stür­zen.«

      Ge­or­ges leg­te sei­nen Hut auf einen Lehn­stuhl und sprach wei­ter:

      »Wehe de­nen, die sich mir in den Weg stel­len. Ich ver­zei­he nie.«

      Va­ter Wal­ter schi­en die Sa­che noch im­mer nicht ganz zu be­grei­fen.

      Er stot­ter­te:

      »Und … Ihre Frau?«

      »Ich rei­che mor­gen früh die Schei­dungs­kla­ge ein. Soll sie wie­der die Wit­we Fo­res­tier wer­den.«

      »Wol­len Sie sich schei­den?«

      »Aber ge­wiss. Sie hat mich lä­cher­lich ge­macht. Doch ich war ge­zwun­gen, den Dum­men zu spie­len, um sie zu er­wi­schen. Nun hab’ ich sie. Jetzt bin ich Herr der Lage.«

      Herr Wal­ter konn­te noch im­mer nicht zu sich kom­men; er sah Du Roy mit ver­stör­ten Au­gen an und dach­te:

      »Don­ner­wet­ter, mit dem Jun­gen soll man sich in acht neh­men.«

      Ge­or­ges fuhr fort:

      »Nun bin ich frei. Ich habe ein ge­wis­ses Ver­mö­gen, und bei den Neu­wah­len im Ok­to­ber wer­de ich mich in mei­ner Hei­mat, wo ich gut be­kannt bin, als Kan­di­dat auf­stel­len las­sen. Mit die­ser Frau, die in den Au­gen al­ler Welt für eine ver­däch­ti­ge Per­son galt, konn­te ich we­der eine gute Stel­lung noch Ach­tung ge­win­nen. Sie hat mich wie einen rich­ti­gen Dumm­kopf be­tört und be­strickt. Doch seit­dem ich ihr Spiel durch­schaut, habe ich die­se Dir­ne über­wacht.«

      Er lach­te und setz­te hin­zu:

      »Die­ser arme Fo­res­tier trug Hör­ner… sie be­trog ihn, ohne dass er es ahn­te;


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