Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant


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stie­gen auch die Ru­de­rer ein, mit blos­sen Ar­men und stark­ge­wölb­ter of­fe­ner Brust, eine Au­gen­wei­de für die Zuschau­er, die aus Spiess­bür­gern im Sonn­tags­staat, aus Hand­wer­kern und Sol­da­ten be­stand, wel­che an das Brücken­ge­län­der ge­lehnt, auf­merk­sam die­sem Schau­spie­le zu­sa­hen.

      Die Boo­te ent­fern­ten sich eins nach dem and­ren von der Lan­dungs­brücke. Die Ru­de­rer beug­ten sich im Tak­te vor- und rück­wärts, und un­ter ih­rem gleich­mäs­si­gen lan­gen Schlä­gen glit­ten die leich­ten Boo­te flüch­tig über den Was­ser­spie­gel da­hin; sie ent­fern­ten sich mehr und mehr, wur­den klei­ner und klei­ner, und ver­schwan­den schliess­lich un­ter der nächs­ten Ei­sen­bahn­brücke, un­ter­halb de­ren das Café »Frosch­teich« lag.

      Nur ein Paar war noch zu­rück­ge­blie­ben. Der jun­ge, blei­che, fast noch bart­lo­se, schmäch­ti­ge Mann hat­te sei­ne Freun­din, eine klei­ne, ma­ge­re Brü­net­te, mit den Be­we­gun­gen ei­ner Heuschre­cke um die Tail­le ge­fasst. Hin und wie­der ver­senk­ten sich ihre Bli­cke tief in­ein­an­der.

      »Vor­wärts, Herr Paul! be­ei­len Sie sich,« rief der Wirt. Das jun­ge Paar kam her­an.

      Von al­len Gäs­ten des Hau­ses war Herr Paul der be­lieb­tes­te und an­ge­se­hens­te. Er be­zahl­te gut und pünkt­lich, wäh­rend man den an­de­ren oft lan­ge auf die Ta­schen klop­fen muss­te, wenn sie nicht un­ter Um­stän­den ganz ver­schwan­den, ohne über­haupt zu zah­len. Fer­ner bil­de­te er für das Eta­blis­se­ment eine Art le­ben­di­ge Re­kla­me, denn sein Va­ter war Se­na­tor. Und wenn ein Frem­der frag­te: »Wer ist denn der jun­ge Mann da, der so schön mit sei­ner Liebs­ten tut?« so ant­wor­te­te ei­ner der Stamm­gäs­te halb­laut mit wich­ti­ger ge­heim­nis­vol­ler Mie­ne: »Das ist Paul Baron, Sie wis­sen schon, der Sohn des Se­na­tors.« Und ganz be­stimmt konn­te man dar­auf rech­nen, dass der an­de­re sag­te: »Der arme Teu­fel! Er wird gründ­lich aus­ge­zo­gen.«

      Mut­ter Gril­lon, eine bra­ve Frau, die ihr Ge­schäft ver­stand, nann­te die bei­den »ihre Tur­tel­tau­ben« und schi­en durch de­ren ei­gen­tüm­li­che Vor­lie­be für ihr Haus sehr be­glückt zu sein.

      Das Paar nä­her­te sich lang­sa­men Schrit­tes; die Bar­ke »Ma­de­lei­ne« lag be­reit, aber in dem Au­gen­blick, als sie ein­stei­gen woll­ten, ga­ben sie sich noch einen Kuss, was un­ter dem Pub­li­kum auf der Brücke all­ge­mei­nes Ge­läch­ter her­vor­rief.

      Herr Paul griff zum Ru­der und fuhr gleich­falls zum Café »Frosch­teich.«

      Als sie an­ka­men, war es ge­ra­de drei Uhr, und das große Re­stau­rant wim­mel­te von Men­schen.

      Das mäch­ti­ge, mit ei­nem auf höl­zer­nen Säu­len ru­hen­den Te­er­da­che ver­se­he­ne Floss ist mit der herr­li­chen In­sel von Crois­sy durch zwei Ste­ge ver­bun­den, von de­nen der eine mit­ten auf die­ses Was­ser-Eta­blis­se­ment zu­führt, wäh­rend der an­de­re das äus­sers­te Ende des­sel­ben mit ei­nem win­zi­gen In­sel­chen ver­bin­det, auf wel­chem ein Baum ge­pflanzt ist und wel­ches den Na­men »Blu­men­topf« führt. Von da aus ge­langt man zu den Bade-Ka­bi­nen.

      Herr Paul leg­te mit sei­nem Boot an der Längs­sei­te des Café’s an, er­klet­ter­te die Gal­le­rie die rings­um läuft und zog sei­ne Ge­fähr­tin mit den Hän­den em­por. Hier­auf setz­ten sich bei­de am Ende ei­nes Ti­sches ein­an­der ge­gen­über.

      Auf der an­de­ren Sei­te des Flus­ses, wo der Lein­pfad ging, zog sich eine lan­ge Wa­gen­rei­he hin. Fia­ker wech­sel­ten mit ele­gan­ten Gum­mi-Equi­pa­gen ab. Jene un­för­mig und mit ih­rem mäch­ti­gen Kas­ten die Sprung­fe­dern zu­sam­mendrückend, wäh­rend sie von ei­ner Ro­si­nan­te mit hän­gen­dem Kop­fe und krum­men Kni­en müh­sam fort­ge­schleppt wur­den; die­se da­ge­gen ele­gant, von ed­len Ros­sen in bril­lan­ter Form, von de­ren Ge­biss der Schaum in dich­ten Flo­cken fiel, auf leich­ten Rä­dern da­hin­ge­zo­gen, wäh­rend der Kut­scher in ge­schmack­vol­ler Li­vree den Kopf fest auf dem ho­hen Kra­gen tra­gend von sei­nem Bock aus ta­del­los die Zü­gel führ­te und die Peit­sche un­be­weg­lich auf dem rech­ten Schen­kel auf­ge­setzt hat­te.

      Eine Un­men­ge Men­schen pro­me­nier­te in Fa­mi­li­en, in grös­se­ren Trupps oder auch paar­wei­se und ein­zeln dem Ufer ent­lang. Sie pflück­ten Blu­men im Gra­se stie­gen an’s Was­ser her­un­ter, klet­ter­ten wie­der auf den Weg her­auf, und war­te­ten mas­sen­wei­se an ei­ner be­stimm­ten Stel­le auf den Fähr­mann. Unauf­hör­lich fuhr das ge­räu­mi­ge Boot her­über und hin­über, um die Aus­flüg­ler auf der In­sel ab­zu­set­zen.

      Der Fluss­arm, (der tote Arm ge­nannt) auf wel­chem der Kahn den Ver­kehr ver­mit­tel­te, schi­en zu schla­fen, so schwach war sei­ne Strö­mung. Gan­ze Flot­ten von Yol­len, Skifs, See­len­trän­kern, Se­gel­boo­ten, Gigs und Fahr­zeu­gen al­ler Art und Form glit­ten über die stil­le Flä­che, bald sich kreu­zend, bald sich mit dem Kurs der an­de­ren ver­ei­nend; hier sties­sen zwei Boo­te an­ein­an­der, dort mach­te ein an­de­res durch einen kräf­ti­gen Ge­gen­sto­ss des Ru­ders plötz­lich Halt, um dann von Neu­em un­ter den schwel­len­den Arm­mus­keln sei­nes Füh­rers leb­haft vor­wärts zu glei­ten. Das Gan­ze glich ei­nem Ge­wim­mel von mun­tren, grü­nen, blau­en, ro­ten, gel­ben und wei­ßen Fi­schen.

      Unauf­hör­lich ka­men neue Fahr­zeu­ge her­an, die einen strom­auf­wärts von Cha­tou, die an­de­ren strom­ab­wärts von Bou­gi­val; Ge­läch­ter, Ru­fen, Fra­gen, Ant­wor­ten und auch lau­te Flü­che mit­un­ter schall­ten über das Was­ser. Die Ru­de­rer lies­sen sich ihre schon ge­bräun­ten mus­ku­lö­sen Arme noch mehr von der Son­nenglut ver­bren­nen, wäh­rend auf dem Was­ser schwim­men­den exo­ti­schen Blu­men gleich die rot-, grün-, blau- oder gelb­sei­de­nen Son­nen­schir­me der Da­men, am Steu­er­ru­der das Hin­ter­teil der Boo­te zier­ten.

      Hoch am Him­mel stand die bren­nen­de Ju­li­son­ne; die Luft schi­en mit lau­tem Ju­bel er­füllt, und kein Wind­hauch be­weg­te die Blät­ter der Pap­peln und Wei­den.

      Gera­de­aus da un­ten tür­men sich die über­all sicht­ba­ren mäch­ti­gen Um­ris­se des Mont-Va­le­ri­en auf, wäh­rend zur Rech­ten die lieb­li­che Hü­gel­ket­te von Lou­ve­ci­en­nes sich im Halb­kreis an den Lauf des Flus­ses an­lehnt, und bald hier und dort aus dem rei­chen saf­ti­gen Grün ih­rer Gär­ten die blin­ken­den Mau­ern der Land­häu­ser her­vor­ra­gen.

      Vor den Zu­gän­gen des Café Frosch­teich be­weg­ten sich zahl­rei­che Spa­zier­gän­ger un­ter den rie­si­gen Bäu­men, wel­che die­sen Win­kel der In­sel zu ei­nem der an­ge­nehms­ten von der Welt ma­chen. Blond­haa­ri­ge Halb­welt­da­men mit üp­pi­ger Brust und un­ver­hält­nis­mäs­si­gen Hüf­ten, be­mal­ten Wan­gen, ge­schwärz­ten Wim­pern und ge­färb­ten Lip­pen, eng­ge­schnürt und auf­fal­lend an­ge­zo­gen, ver­un­zier­ten mit ih­ren ge­schmack­lo­sen schrei­en­den Toi­let­ten das saf­ti­ge fri­sche Grün des Ra­sens, wäh­rend ne­ben ih­nen jun­ge Herr­chen in al­len Über­trei­bun­gen der Mode, hel­len Hand­schu­hen, Lackstie­fe­let­ten und fa­den­dün­nen Spa­zier­stöck­chen zu glän­zen such­ten, ihr al­ber­nes Lä­cheln mit ei­nem täp­pi­schen Fal­len­las­sen des Mo­no­cles be­glei­tend.

      Gera­de bei dem Frosch­teich wird die In­sel schmal und am an­de­ren Ufer, von dem aus eben­falls eine Fäh­re den leb­haf­ten Ver­kehr mit Crois­sy ver­mit­telt, wälzt der le­ben­di­ge


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