Privatdetektiv Joe Barry - Der Tod geht um in Alabaska City. Joe Barry

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Privatdetektiv Joe Barry - Der Tod geht um in Alabaska City - Joe Barry


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Der Tramp bemerkte seine Angst, ging auf die andere Seite des Flugzeugs und kletterte auf die Tragfläche.

      Jetzt hatte er einen Einblick in die Kanzel. Der Pilot war sofort tot gewesen, daran gab es keinen Zweifel. Ebenso war es dem neben ihm sitzenden Mann ergangen; die Leiche war fürchterlich zugerichtet.

      Aber da war noch ein dritter Mann. Er hatte auf dem Rücksitz gesessen, und er lebte noch.

      Sir Winston warf einen Blick auf diesen Mann, und er wußte, daß der arme Teufel nicht mehr lange zu leben hatte. Es gibt Bilder, die sind eindeutig. Sir Winston hatte in einem langen Leben auf der Straße allerhand gesehen. Aber noch nie so etwas.

      Er bekämpfte gewaltsam die Furcht, die ihn schüttelte, und zwängte sich durch die Streben. Er vermied es, die beiden Toten anzusehen, kroch nach hinten und beugte sich über den stöhnenden Mann.

      „Hallo, Mister“, sagte er ratlos, „kann ich etwas tun?“

      Ein paar halberloschene Augen blickten ihn an, als wäre er ein fernes Bild. Ganz dicht brachte er sein Ohr an die Lippen des Sterbenden, um die Worte zu verstehen.

      „…zu spät“, keuchte der Mann. „Er hat uns reingelegt!“

      „Reingelegt? Ich verstehe nicht …“

      „Wir hätten es wissen sollen. Waren auf der Flucht — das gestohlene Geld!“

      „Gestohlen?“

      „Er hat es geahnt — das Flugzeug präpariert. Eine Falle — eine teuflische Falle!“

      „Von wem reden Sie?“ drängte Sir Winston. Er mußte sich anstrengen, die Worte zu verstehen.

      „Fahren Sie nach New York, Gun Hill Road 234, in der Bronx — Privatdetektiv Joe Barry. Er wird …“

      „Weiter, Mann“, drängte Sir Winston.

      Aber der Kopf des Sterbenden fiel zur Seite. Der Mann war tot.

      „Ich bin der Ansicht, die Geschichte hier geht uns verdammt wenig an“, sagte Buck Boy. „Bis auf das Geld natürlich.“

      Sie hatten jetzt alles Geld eingesammelt. Ein ansehnliches Bündel war zusammengekommen. Aber es war nichts gegen das, was Sir Winston in der zertrümmerten Kanzel geborgen hatte. Ein großer Lederkoffer, der randvoll mit Scheinen gefüllt war. Ein zweiter, kleinerer Koffer war bei dem Absturz aufgeplatzt und hatte seinen Inhalt in die Umgegend verstreut. Zusammen ergab das ein Vermögen, dessen Ausmaße ihre Vorstellungskraft überstieg.

      Eine Million, hatte Buck Boy mit Überzeugung gesagt, aber Sir Winston hatte entschieden widersprochen. Er hatte ein Bündel durchgezählt und danach den Rest geschätzt und war auf eine Viertelmillion gekommen. Eine Viertelmillion Dollar, in gebrauchten Hundertern — ein unglaubliches, unerhörtes Vermögen. Sie saßen da und konnten es nicht fassen.

      „Ob der Zaster echt ist?“ fragte Buck Boy mißtrauisch.

      „Der ist garantiert echt“, sagte Sir Winston, und damit war die Frage entschieden.

      „Aber wer kurvt denn mit so einem Haufen Geld durch die Luft?“ wollte Buck Boy wissen.

      „Weiß nicht — muß scharf nachdenken!“

      Buck Boy sah hoffnungsvoll zu, wie Sir Winston überlegte. Endlich kam der kleine Tramp zu einem Entschluß.

      „Ich will dir was verraten, Buck. Das Geld ist gestohlen.“

      „Gestohlen?“

      „Ja — und zwar von den Männern, die im Flugzeug saßen. Klar?“

      „Verflucht, Bruder, willst du etwa behaupten …“

      „Gangster waren das, richtige Gangster wie im Kino. Habe ich gleich gemerkt. War typisch. Ich hab da mal einen Film gesehen, mit Hopalong Cassidy, da war es genauso.“

      „Wie genauso?“

      „Stell doch keine so albernen Fragen!“ sagte Sir Winston gereizt. „Das Flugzeug ist nicht zufällig runtergefallen.“

      „Natürlich nicht. Der eine Motor hat gebrannt, und der andere war ausgefallen.“

      „Ja, aber warum?“

      „Vielleicht die Hitze?“

      „Idiot. Das Flugzeug war präpariert. Irgend jemand hat geahnt, daß die Burschen mit dem Zaster abhauen wollten; vermutlich sogar der Boß. So war’s jedenfalls in dem Film. Und da hat er dafür gesorgt, daß sie nicht weit kommen.“

      „Und weiter?“

      „Nichts weiter. Derjenige, der das gedreht hat, wird demnächst hier erscheinen und den Zaster abholen wollen.“

      „Glaubst du wirklich?“

      „Aber er wird vergebens kommen“, sagte Sir Winston.

      „Verflucht, Bruder, warum drückst du dich nicht endlich deutlich aus. Ich versteh kein Wort. Warum wird er vergebens kommen, und von wem sprichst du?“

      „Wir nehmen den Zaster und hauen ab.“

      „Ja, klar, hattest du etwas anderes vor?“

      „Idiot!“ schrie Sir Winston wütend. „Das paßt zu dir. Das Geld nehmen und abhauen. Und an der nächsten Ecke steht vielleicht schon einer und knallt dir eine Kugel in den Bauch.“

      „Aber“, sagte Buck Boy verwirrt, „sollen wir denn das viele schöne Geld etwa hierlassen?“’

      „Nein“, sagte Sir Winston, „aber erst nachdenken, bevor wir zugreifen. Ich habe das eben getan und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß für uns kein Risiko dabei ist.“

      „Bestens!“

      „Kein Mensch war Zeuge des Absturzes, außer uns. Die Gegend hier ist höllisch einsam. Es dauert noch eine Weile, bis jemand kommt und das Wrack findet. Und wenn man’s gefunden hat, weiß man nicht, daß es Geld enthielt.“

      „Aber du sagtest doch, der Boß der Bande Sucht das Geld.“

      „Klar, aber er wird nichts finden. Und wenn es wirklich gestohlenes Geld ist, wird er sich schwer hüten, zur Polizei zu laufen. Er wird glauben, irgendwelche streunende Cowboys hätten das Geld gefunden. Nie im Leben wird er auf uns kommen. Wie sollte er auch? Wir waren im Leben noch nicht in dieser Gegend. Vor einer Woche waren wir noch im Mittelwesten und in ein paar Wochen können wir oben in Kanada sein — oder in Kalifornien. Wer könnte da jemals auf die Idee kommen, daß wir den Zaster haben.“

      „Sir Winston, du bist ein Genie!“ sagte Buck Boy.

      „Eine Viertelmillion Dollar in bar — damit haben wir für alle Ewigkeit ausgesorgt“, verkündete Sir Winston andächtig.

      „Aber was ist mit diesem Burschen in New York?“

      „Privatdetektiv Joe Barry?“

      „Ist das nicht ein Bulle?“

      „Buck Boy, kannst du dir vorstellen, was wir da sollen?“

      „Der Mann im Flugzeug hat doch gesagt, wir sollten zu ihm gehen.“

      „Der Mann ist tot“, sagte Sir Winston kühl „Wir sind ihm zu überhaupt nichts verpflichtet. Wir lassen das schön bleiben. Wir nehmen den Zaster und hauen ab. Kapiert?“

      „Okay, du bist der Boß.“

      „Natürlich müssen wir zu Fuß gehen. Wird ein verdammt mühsamer Marsch werden. Aber es lohnt sich, Bruder. Und in der nächsten Stadt kaufen wir den gesamten Whiskyvorrat auf und holen jeden entgangenen Rausch der letzten zwanzig Jahre auf einmal nach.“

      2. Kapitel

      Zu den Zeiten, da Billy the Kid und Doc Holliday ihr Unwesen trieben, war Alabaska City ein ganz berüchtigter Ort gewesen. Hier hatte angeblich der wilde Westen seinen Ursprung. Ringsum lagen ein halbes Dutzend große Ranches, und alljährlich


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