Eine Frau von dreißig Jahren. Marie Louise Fischer

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Eine Frau von dreißig Jahren - Marie Louise Fischer


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Manigfaltige Gedanken wirbelten durch Verenas Kopf; sie sah Brigitte gerade in die spöttischen Augen, sagte aber kein Wort.

      »Oder stört es dich, daß Georg mich betrügt?« fragte Brigitte mit samtweicher Stimme.

      Das Blut stieg Verena in den Kopf. »Davon habe ich keine Ahnung!«

      »So? Wirklich nicht?«

      »Nein!«

      »Das wundert mich aber«, äußerte Brigitte und nahm gleichmütig ihre Strickarbeit wieder auf.

      Verena setzte sich. »Wahrscheinlich bildest du dir das nur ein«, murmelte sie.

      »Du weißt also wirklich nichts?«

      »Nein. Und ich glaube es auch nicht!«

      »Ich habe Beweise.«

      Verena nahm sich eine neue Zigarette; ihre Hand zitterte leicht. »Wirklich?« fragte sie. Ihre Stimme klang höchst gelassen.

      »Ja.«

      »Das tut mir leid …«

      »Ich habe dir das nicht erzählt, um dein Mitleid zu erwecken!«

      »Entschuldige, bitte.«

      »Ich kann dir versichern, mich stört’s überhaupt nicht.«

      »Um so besser!«

      »Er hat … es handelt sich nicht um eine bestimmte Frau. Es sind immer andere, verstehst du?« begann Brigitte. »Augenblicklich …«

      »Hör mal, Brigitte«, unterbrach Verena sie schroff, »hast du mich eigentlich nur eingeladen, um mir diese Dinge zu erzählen?«

      »Ach, natürlich! Du möchtest sicher was zu trinken haben, nicht wahr?« rief Brigitte.

      »Ja. Was zu trinken und ein anderes Thema, wenn es dir irgend möglich ist! Wann wollte Ellen denn kommen?«

      »Überhaupt nicht«, sagte Brigitte, die aufgestanden war, »trinkst du lieber pur … oder soll ich dir was mixen?«

      »Hast du sie nicht erreicht?«

      »Doch, aber heute ist Premiere im Stadttheater! Darf ich dir was mixen? Ich habe ein ganz neues Rezept!«

      »Nur los … zeig, was du kannst!«

      An diesem Abend wurde Georg nicht mehr erwähnt. Bis zum Essen bot ihre gemeinsame Freundin Ellen ein neutrales und ausgiebiges Gesprächsthema.

      »Es hat mir auch leid getan, daß sie nicht kommen konnte«, erklärte Brigitte, als sie, einen blitzenden Mixbecher auf und nieder schüttelnd, wieder ins Zimmer kam.

      »Daß du noch keine Hausbar hast!« meinte Verena.

      »Mir gefällt’s besser so«, antwortete Brigitte, »ich habe es nicht gern, wenn einem beim Mixen alle Leute auf die Finger schaun!«

      »Aha! Du meinst, so kommt man dir nicht so leicht auf die Schliche …?«

      »Eben!«

      »Hast du Ellen wenigstens gefragt, wie es mit ihrem Hans Ludwig steht?«

      »Bestens! Aber das hätte ich dir auch so sagen können!«

      »Wieso denn?«

      »Wenn sie nicht bis über beide Ohren verliebt wäre, würde sie sich nicht so rar machen.«

      »Du glaubst … deshalb? Ich dachte, sie hätte soviel zu tun?«

      »Ein bißchen Freizeit hat doch jeder Mensch, selbst eine noch so überbeanspruchte Kostümbildnerin! Daran liegt’s nicht. Aber sie hat in ihrer Freizeit was Besseres vor!«

      »Na hör mal! Schließlich steckt sie doch auch im Theater dauernd mit ihm zusammen. Er ist doch auch was da – oder?«

      »Bühnenbildner!«

      »Na, siehst du! Sie arbeiten doch sicher Hand in Hand. So stell ich mir das wenigstens vor!«

      »Hand in Hand! Da würde nicht viel bei herauskommen!«

      »Sei nicht albern, Brigitte. Du weißt genau, wie ich es meine. Sag mal, findest du nicht, daß du inzwischen genug geschüttelt hast?«

      »Armer Schatz … du sollst nicht länger dursten!« Brigitte stellte den Mixbecher aus der Hand und holte zwei Gläser aus dem Schrank.

      »Wie gefällt er dir eigentlich, der Hans Ludwig?« fragte Verena.

      »Soweit ganz gut. Sehr imposant, möchte ich sagen. Aber viel los sein kann ja nicht mit ihm!«

      »Nicht?! Auf mich hat er einen ausgezeichneten Eindruck gemacht!«

      »Auf Ellen auch!« Brigitte schenkte ein und hob ihr Glas. »Nun trink mal. Ich bin gespannt!«

      Verena nahm vorsichtig einen ganz kleinen Schluck, dann gleich einen größeren. »Schauderhaft!« sagte sie und schüttelte sich.

      »Im Ernst?«

      »Schauderhaft schön!« erklärte Verena vergnügt. »Nun beichte mal. Was ist da alles drin?« Sie nahm wieder einen Schluck. »Völlig undefinierbar!«

      »Geheimrezept, Verena, wird nicht verraten!«

      »Erst schmeckt es sanft wie ein Jünglingskuß – und nachher brennt’s wie die Sünde.«

      »Dann ist es richtig!«

      »Ein Teufelszeug!«

      »So heißt es auch. Cocktail diabolo!«

      »Werde ich mir merken! Aber jetzt sag mir mal, was hast du gegen Ellens Hans Ludwig?«

      »Ich? Gar nichts!«

      »Aber du hast doch eben gesagt, es wäre nicht viel mit ihm los!«

      »Ist auch nicht, Verena, denk doch mal nach! Glaubst du, daß ein wirklich begabter Bühnenbildner – ein Mann von fünfundvierzig Jahren, so alt ist er, Ellen hat es mir selbst gesagt —, daß ein wirklicher Könner ausgerechnet an unserem Stadttheater gelandet wäre?«

      »Na ja … aber du mußt die Zeit bedenken! Den Krieg und …«

      »Der ist längst vorbei!« unterbrach Brigitte sie. »Nein, mach dir keine Mühe, Verena. Wie er als Mensch ist, kann ich nicht beurteilen, als Künstler jedenfalls ist er nicht viel wert! Ellen ist tausendmal begabter.«

      »Schade«, sagte Verena. Sie zündete sich eine neue Zigarette an.

      »Wir können gleich essen«, mahnte Brigitte.

      »Schon passiert!« sagte Verena und rauchte. »Meinst du, daß Ellen das weiß?«

      »Bestimmt nicht! Wenn man so verliebt ist, dann ist man mit Blindheit geschlagen.«

      »Man kann doch nicht drei Jahre lang von morgens bis abends verliebt sein – und mit Blindheit geschlagen!«

      »Anscheinend doch!«

      »Das nehme ich dir nicht ab, Brigitte! Dann hätte sie ihn doch längst heiraten können!«

      »Er ist verheiratet, wußtest du das nicht?«

      »Auch das noch!«

      »Ich finde, es ist ein Glück – für Ellen.«

      »Und seine Frau? Wie stellt sich seine Frau zu dem Ganzen? Sie muß es doch wissen, oder?«

      »Sie leben getrennt, schon wer weiß wie lange. Sie wohnt in Hamburg.«

      »Ellen tut mir leid«, sagte Verena nachdenklich.

      »Aber warum denn?«

      »Das fragst du? Nach allem, was du mir erzählt hast?«

      »Das spielt doch für Ellen keine Rolle! Sie ist glücklich mit ihm. Was willst du mehr?

      »Ich weiß nicht …«

      »Nur kein Neid … wer hat, der hat!«


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