Wie aus dem Ei gepellt .... Sandy Penner

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Wie aus dem Ei gepellt ... - Sandy Penner


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der braune Hase mit dem Korb auf dem Rücken lachte nur. „Nichts für ungut, ich wollte dich nicht beleidigen. Aber wenn man euch Pferden hier so zusieht, während man selbst mit Eiern beladen durch die Gegend hoppelt, kann man schon mal neidisch werden.“

      Änni erhob sich mit einem Stöhnen, schüttelte sich und schnaubte beruhigt. Ihr seidiges schwarzes Fell glänzte im Sonnenschein. „Na ja, du musst nicht denken, dass wir nichts zu tun haben hier, Hase. Wir müssen fast jeden Tag Menschen auf unserem Rücken tragen, manche davon sind nicht nur schwer, sondern auch ziemlich anstrengend.“

      Eine dunkle Fuchsstute drängte sie zur Seite und sagte: „DU musst dich ja nun wirklich nicht beschweren, Änni. Während du hier schon wieder frisst, muss ich immer noch Reitschüler durch die Gegend tragen!“

      Änni schnappte pikiert: „Dafür bekommst du auch eine extragroße Portion Hafer und Heu, Braunie, also hab dich nicht so!“

      „Verdient ist verdient“, murrte Braunie und schlug unwirsch mit dem Schweif.

      Der Hase hatte keine Lust, sich in die Stutenbissigkeit einzumischen und verabschiedete sich hastig. „Macht das unter euch aus, Mädels, ich muss weiter!“

      Die Pferde schauten ihm nach und Braunie meinte: „Irgendwie hat er aber recht, Osterhase möchte ich auch nicht sein. So viel Stress für einen einzigen Tag!“

      Änni antwortete nicht. Nachdenklich zupfte sie an ein paar Grashalmen. Ostern. Das war einmal im Jahr. Aber geritten wurde immer. Vielleicht konnte sie ja umschulen? Auf Osterpferd?

      Während der nächsten Tage sah sie den Osterhasen immer wieder hin- und herhoppeln zwischen dem Hühnerstall, wo er die Eier abholte, und dem Bau, in dem seine Familie die Eier bunt anmalte.

      Als er wieder einmal direkt an ihrer Wiese vorbeihoppelte, sah sich Änni vorsichtig um. Ihre Kolleginnen fraßen an einem Streifen frischen Grases und beachteten sie nicht, daher schlich sie sich davon und rief dem Osterhasen leise zu: „Hey du! Huhu!“ Erstaunt hielt der Hase inne und sah Änni fragend an. „Komm doch mal ein Stück näher, damit ich nicht so schreien muss“, bat die Stute. Das Langohr tat ihr den Gefallen und setzte sich gleich vor ihre Hufe. „Kann ich nicht bei euch mitmachen?“, fragte sie.

      „Hä? Wie meinst du das, Pferd?“

      „Ich heiße Änni, Hase!“

      „Und ich heiße Fred, Pferd!“

      Änni schüttelte genervt die kurze Mähne. „Gut, Fred. Ich will auch bei Ostern mitmachen. Eier holen, einfärben und was ihr sonst noch so macht.“

      „Hahahahaha!“, lachte Fred und schlug sich auf die Schenkel.

      „Pssst! Bist du verrückt?“, zischte Änni und ließ vor lauter Aufregung einen dicken Haufen Pferdeäpfel fallen.

      „Eier legen kannst du also schon“, bemerkte der Hase trocken, bevor er wieder in Gelächter ausbrach.

      Die Stute blickte erstaunt hinter sich, sah aber nur die grünen Pferdeäpfel. Als sie wieder nach vorn schaute, war der Osterhase verschwunden. Änni schnaubte ärgerlich, weil er sie hereingelegt hatte, und gesellte sich dann wieder zu den anderen Pferden.

      Am Ostersamstag hatte Änni ihr abendliches Heu schon längst aufgefressen und blickte sehnsüchtig zu ihrem Boxennachbarn, der noch genüsslich an den grünen Halmen knabberte, bis er ihren Blick bemerkte und hämisch sagte: „Na, schon wieder aufgefressen, Änni? Tja, Pech. Von mir gibt’s nix mehr. Musst du dir eben etwas mehr Zeit lassen demnächst.“

      Peinlich berührt wandte sich Änni ab und ließ sich ins Stroh plumpsen. Morgen war Ostern. Toll. Und was hatte sie davon? Vielleicht kam ja ihre kleine Freundin Marie und brachte ihr ein Stück Zucker oder ein paar Möhren. Dafür durfte sie dann auch auf ihrem Rücken reiten. Änni dachte an die klebrigen Kinderfinger, die immer irgendwie verlockend dufteten, und fiel darüber in sanften Schlummer.

      Mitten in der Nacht erwachte sie von einem Knabbergeräusch. Sie stellte die Ohren auf und lauschte.

      „Änni, Änni du musst mir helfen!“, rief eine vertraute Stimme.

      Die Stute schüttelte sich verwirrt und versuchte zu erkennen, wer da zu ihr sprach. Dummerweise war es stockdunkel und so sah sie Fred erst, als er direkt vor ihrer Nase saß.

      „Huaa!“ Mit einem Satz war Änni auf den Beinen, stand in der hintersten Ecke ihrer Box und starrte zitternd und mit weit aufgerissenen Augen auf das Fellknäuel in der Boxenmitte.

      Fred hielt sich das Bäuchlein und lachte sich kaputt. „So ein großes Pferd und so ein Angsthase!“, rief er.

      Änni, der das ziemlich unangenehm war, prustete ruckartig die angehaltene Luft aus und erwiderte ungehalten: „Pferde sind Fluchttiere! Hast du das etwa nicht gewusst? Wenn nachts plötzlich ein Wolf dasteht, hat man keine Zeit, mutig zu sein!“

      „Wem sagst du das ...“, murmelte Fred, schließlich waren Wölfe auch seine Feinde.

      „Aber jetzt komm mal wieder runter, ich brauche deine Hilfe. Die Waschbären haben uns alle bunt gefärbten Hühnereier gestohlen und auf die Schnelle können wir für die Kinder keine neuen bemalen. Du wolltest doch sowieso helfen bei den Ostervorbereitungen, könntest du uns nicht einen großen Haufen Eier legen? Am besten bunt gefärbt?“

      Änni wollte den Osterhasen gerade fragen, ob er noch alle Tassen im Schrank hätte, als sie einen verdächtigen Druck auf den Darm spürte. Der Drang zu äpfeln war plötzlich so stark, dass sie sich auf nichts anderes konzentrieren konnte.

      Im nächsten Moment hob sich ihr Schweif wie von selbst und „plopp, plopp, ploppediplopp, plopp“ fielen doch tatsächlich statt Pferdeäpfeln bunt gefärbte Eier ins Stroh. Während Änni erstaunt hinter sich glotzte, freute sich Fred und machte sich daran, die Eier in seinem Rückentragekorb zu verstauen.

      „Danke, du hast uns sehr geholfen!“, rief er und hoppelte dann eiligst davon.

      Änni ließ sich wieder ins Stroh plumpsen. Sie war ein Osterpferd! Erschöpft schlief sie wieder ein.

      Als sie am Ostersonntag aufwachte, fiel ihr das nächtliche Erlebnis ein und sie sah sich suchend in der Box um. Nichts ließ darauf schließen, dass sie tatsächlich bunte Eier gelegt hatte. Aber Fred hatte sie ja auch alle mitgenommen. Oder etwa nicht?

      Auf der Wiese, nach dem ersten Frühstück, überkam Änni wieder der Drang zu äpfeln. Gespannt schaute sie hinter sich, aber es fielen nur „plopp, plopp, plopp“ eine Menge Pferdeäpfel zu Boden. Sie seufzte: „Und ich bin doch nur ein stinknormales Pferd!“

      Am Nachmittag kam tatsächlich ihre kleine Freundin Marie zur Weide gelaufen. Sie hielt ein Körbchen mit Zucker- und Schokoladeneiern in der linken Hand und schwenkte ein lindgrünes Hühnerei in ihrer rechten. „Änni, schau mal, was ich in deiner Box gefunden hab! Eins, zwei, drei, die Änni legt ein Ei! Hast du ein Ei gelegt, meine Änni?“, fragte die Kleine und schmiegte das Gesichtchen an die warme Pferdenase.

      Änni nickte begeistert. Marie lachte ihr helles Kinderlachen und reichte ihr zur Belohnung ein Zuckerei aus weichen, klebrigen Händen. Änni lutschte darauf herum und seufzte zufrieden: Konnte es ein schöneres Osterfest geben?

      Sue Hiegemann lebt naturverbunden mit Familie und Tieren als Wahl-Ossi im schönen Leipziger Neuseenland, das sie stets reich mit Inspirationen versorgt. So entstehen Geschichten und manchmal auch Gedichte für Groß und Klein, die sich in diversen Anthologien wiederfinden, sowie Artikel und Porträts für den Lokalteil der Leipziger Volkszeitung. Mehr Infos finden sich auf der Webseite slcalvi.de.

      *

      Reingelegt

      Die Ruhe der Nacht lag über dem Bauernhof, alles schlief und nur hier und da war ein leises Rascheln, Grunzen oder Gackern zu vernehmen, wenn eines der Tiere gerade lebhaft träumte. Auf Zehenspitzen trippelte der


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