Franziska von Hohenheim - Die tapfere Frau an der Seite Carl Eugens. Utta Keppler

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Franziska von Hohenheim - Die tapfere Frau an der Seite Carl Eugens - Utta Keppler


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      Utta Keppler

      Franziska von Hohenheim - Die tapfere Frau an der Seite Carl Eugens

      Saga Egmont

      Franziska von Hohenheim - Die tapfere Frau an der Seite Carl Eugens

      Copyright © 1984, 2017 Utta Keppler und Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

      All rights reserved

      ISBN: 9788711708514

      1. Ebook-Auflage, 2017

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

      Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk– a part of Egmont www.egmont.com

      Frühling 1765

      Das Tal lag im Glanz des Frühlingstages. Vor dem farblosen Himmel spann sich das Gewirr fiedriger Äste, an denen das neue Blattwerk funkelte. Vorjähriges Laub deckte den Hang und wirbelte in feinen Schauern unter dem schwachen Wind zu Tal. Drunten leuchteten die Wiesen – feuchtes flirrendes Grün, vollgesogen mit der ersten Sonne, blaßlila schieierndes Schaumkraut, Schlüsselblumen und blaue Inseln von Vergißmeinnicht am überwucherten Bach. Das geschwungene Tal mündete an einem vergrasten See.

      Auf dem Weg, den Licht und Schatten fleckten, rasselte die Karosse heran; steif saß der Freiherr von Bernerdin im Fond, hinter und neben ihm drei Töchter und auf dem Bock beim Kutscher der Hauslehrer Weber im braunen Schoßrock, über dem der Zopf tanzte. Die Mädchen hielten sich an den runden Kinderhänden: Johanne Eberhardine und Juliane, elf- und fünfjährig, schauten großäugig über die schimmernden Wiesen. Franziska lehnte schüchtern neben dem ernsten Vater, den Spitzenschirm gegen die Sonne gehalten.

      Bernerdin saß hager und sorgenvoll da, die Knie angezogen, und überdachte den Ertrag des kleinen Gutes im Ellwangischen, das er mit seiner rührigen Frau schlecht und recht umtrieb. Franziska lachte vor sich hin und spielte mit dem Schirm. Der junge Hauslehrer drehte sich um und wurde rot dabei. Während die Pferde gleichmäßig forttrabten, tauchten hinter den Feldern die Parkbäume auf und zwischen ihnen das schmale Dach des Hauses. Es war still im Wagen, während die Kutsche in den engen Schloßhof von Adelmannsfelden einbog.

      Die schweren Gäule hielten. Bernerdins Gesicht verschloß sich vollends, als die Freifrau unter der Haustür erschien, unruhig nickend, unter dem weißen Häubchen sehr blaß. Hinter ihr schielte die Tochter Louise durch den Türspalt und winkte den Schwestern. Flüchtig begrüßte Frau von Bernerdin die Heimgekommenen, fegte die Mädchen mit einem Wink in ihre Kammern und machte ihrem Mann ein Zeichen. Er warf ihr einen mißvergnügten Blick zu – er hatte sich auf Ruhe gefreut, aber hier mußte etwas Wichtiges im Gang sein, wenn Charlotte Dorothea so aussah.

      Sie zog ihn am Rockärmel in das winzige Kabinett neben dem Eßzimmer, wo ein paar von ihren Vohensteinschen Ahnen pastellblaß aus den geschwungenen Rahmen herunterstarrten.

      „Bernerdin!“

      „Was gibt’s denn?“

      „Bernerdin!“

      „Sprich schon, ich weiß nachgerade, wie ich heiße!“

      „Spotte nicht, Bernerdin! Ein Reitender hat einen Brief vom Leininger gebracht: Der Leutrum, schreibt er, hält durch ihn um eine unserer Töchter an, für seinen Sohn.“

      „Der Ritterschaftsrat? Weiß Gott, ihm verdank’ ich etliche hundert Gulden …“, sagte der Freiherr erschrocken.

      „Tausend, Mann, und der Alte wär’ schon richtig Sie setzte sich ächzend, aber er ließ sie nicht weitersprechen.

      „Frau, können wir denn mehr verlangen, als daß der für seinen Reinhard nach unserer Louise fragt? Er ist immerhin Karlsruher Oberhofmeister und Baden-Durlachscher Geheimderat! Und sie ist schon einundzwanzig! Was soll da das Gejammer? Bist doch sonst so genau mit unserer Rechnung, und jetzt kommt das Geld ins Haus, noch dazu vom Gläubiger selber – wer kann da nein sagen? Wohin will sonst ein Vater mit vier unversorgten Töchtern?“

      „Die Marie ist aus dem Haus“, flüsterte die Mutter und wischte die Augen, „die haben wir doch an einen ehrenwerten Mann von gutem Namen gebracht.“

      „Aber da sind immer noch vier, die Louise, die Franzel, die Eberhardine, die Julie – uns ist ja kein Sohn geblieben, der das Gut herauswirtschaften könnte …“, er sah sie vorwurfsvoll an.

      „Zehn kleine Särge sind auf dem Friedhof, Mann, und alle zehn hab ich so willig empfangen und getragen und geboren wie die fünf Töchter, die uns geblieben sind.“

      „Deshalb dürfen wir sie aber nicht festhalten, auch wenn Du’s meinst – es ist Zeit für Louise; und es wird ihr bestes sein.“

      „Hat er denn Louise gemeint?“ fragte Frau von Bernerdin und stand auf. „Irgendeine, so hieß es, eine von unseren Mädchen …“ Irgendeine? dachte Bernerdin aufgestört. „Franziska ist zu jung, die nicht. Es wird sicher Louise treffen.“

      Bernerdin ging eine Weile schweigend hin und her. Dann blieb er stehen. „Wir können dem nicht zuwider sein, Charlotte“, redete er ernst, „es ist der gewiesene Weg.“

      Frau von Bernerdin hatte sich schon in die Lage gefunden; sie rechnete heimlich. „Und wann sollen wir den jungen Leutrum einladen?“ fragte sie.

      „Je eher, desto besser, eh er sich’s anders überlegt.“ „Am Sonntag?“ schlug sie vor; „wir können ja dann immer noch mit ihm verhandeln. Ich kenn ihn doch gar nicht und … du willst unseren künftigen Eidam – will’s Gott, er ist respektabel – auch vorher noch prüfen. Und die Mädchen werde ich vorbereiten müssen.“

      Bernerdin erhob sich.

      „Wir wollen ihnen noch nichts sagen, das hat Zeit, wenn er da ist.“

      Das gemeinsame Abendessen verlief still; die Kinder spürten, daß etwas in der Luft lag. Louise, die während der Ausfahrt bei der Mutter geblieben war, schaute heimlich den Vater an, dessen starkbrauiges dunkles Gesicht sie geerbt hatte. Aber beide Eltern schwiegen so nachdrücklich, daß keine der Töchter wagte, zu fragen. Endlich setzte man sich zum Äpfelschälen zusammen – das Winterobst faule im Keller und müsse verbraucht werden, hatte Frau von Bernerdin wortkarg festgestellt. Franziska ging rasch und geschickt mit ihrem Messer um, während sie an dem herumrätselte, was noch ungreifbar in der Luft lag.

      Für den Mai war dieser Sonntag zu warm; eine brütende Dämmerung lag seit dem Morgen über den Wäldern. Kein Wind rührte sich, der den fahlen Himmel bewegt hätte.

      Üppiger als sonst hatte Frau von Bernerdin schon seit Tagen gebacken und gebraten, die Mägde gehetzt und die Knechte herumgejagt. Der Feiertag begann mit dem Auswählen des Putzes für die heiratsfähigen Töchter, solange sie alle noch schliefen. Einmal schlich die Mutter an die Kammertür, hinter der die beiden Älteren lagen, und horchte auf ihr kaum merkliches Atmen. Dann riß sie sich los, stand gleich darauf wieder in der Küche und befahl, den Braten aufzusetzen, die Rüben zu putzen, die Hühnersuppe am Kochen zu halten.

      Bernerdin saß schon früh auf dem Pferd. Er wollte dem Umtrieb im Haus entgehen und seiner eigenen Ruhelosigkeit Herr werden. Er ritt durch den Buchenwald, wo das Vogelgezwitscher seltsam gedämpft klang in dem diesigen Licht des durchsonnten Nebels. Noch einmal überlegte er, was man ihm berichtet hatte: Der junge Leutrum war durch seinen Vater, den Ritterschaftsrat, an den Hof gekommen, er war in Bayreuth Kammerjunker gewesen und galt als Mann von gutem Benehmen und kavaliersmäßigen Sitten; zwar spielte und trank er gern und hatte einige auffällige Affären hinter sich. Aber kein Zug in diesem Bild stach vom Üblichen ab, wenn es auch Bernerdins puritanischen Grundsätzen nicht ganz entsprach. Offenbar sah man dem jungen Menschen vieles nach. Es klang manchmal geringschätzig oder doch mitleidig, wenn von ihm geredet wurde, und es machte dem Freiherrn ein wenig Sorge,


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