Filmgewitter. Rudolf Stratz

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Filmgewitter - Rudolf Stratz


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— in tiefstem Misstrauen:

      „Wenn Sie wirklich Generaldirektor sind — warum bemühen Sie sich denn dann persönlich zu ’ner Nutte wie mir?“

      „Nu — warum . .?“ Turkowitz lispelte wieder heftig: „. . weil Sie, zusammen mit dem Senestry, die weibliche Hauptrolle spielen sollen!“

      Hansine Peternell biss die Lippen zusammen und stand langsam auf. Sie mass den Manager schweigend von der kleinen Glatze bis zur Lackschuhkappe. Allmählich gefroren ihre fidelen blauen Augen in feindseliger Kälte. Ihr spärlich bekleideter Körper begann unter dem meerblauen, kniefreien Kittelchen heftig zu atmen.

      „Kommen Sie ’mal ein bisschen beiseite . .“, sagte sie, elastisch vom Bretterstapel auf die biegsamen Sandalen springend, und zwei Schritte weiter, halblaut, sehr böse: „Also . . Herr Türkenbusch oder wie Sie sich schreiben . . Turkowitz? Is ja total piepe . . Also ich verbitte mir, dass Sie mir solchen faulen Zauber mit ’ner Hauptrolle vormachen! Ich bin kein Brustkind mehr! Ich fall’ darauf nicht ’rein!“

      ,,Aber liebe Peternell . . .“

      „Ich bin nicht Ihre Peternell! . . Ich hab’ nicht mit Ihnen in irgendeiner Nachtbar Schmollis getrunken! . .“

      „Gnädiges Fräulein . . .“

      „Wenn Sie Anschluss suchen, dann wählen Sie sich unter meinen Kolleginnen drüben ein Schlachtopfer aus! Da finden Sie schon irgendwo Gegenliebe! Aber lassen Sie mich in Frieden — ja?“

      „Sie verstehen mich ja miss . .“ Turkowitz, schnalzte verzweifelt mit der Zunge.

      „Miss? . . Mies wird einem! Nun merken Sie sich gefälligst: Ich bin eine absolut anständige Person! . . . Jawoll! . . Kommt vor! . . Ich arbeite wie ein Neger um mein Leben! . . Ich filme eben, um ’was zu verdienen! . . Still! . . Ich hab’ schon Schweres im Leben durchgemacht! . . Ich red’ bloss nicht davon! Niemand sieht mir das an, wie ich hier stehe. Aber ich halt’ trotzdem die Ohren steif. Also Schluss, Herr Türkensohn! Bei mir verfangen Ihre Zicken nicht! Ich hab’ schon ganz andere Leute als Sie abblitzen lassen! Morjen!“

      „So sollen Sie filmen!“ sprach Turkowitz befriedigt. „Temperament! . . Ist die Hauptsache beim Geschäft! Wird schon gehen . . . mit Ihnen . . . Nur Courage!“

      „Fangen Sie noch einmal an?“ Die Peternell blieb unruhig stehen.

      „Nu — soll ich aufhören? . . Machen wir gleich nachher den Kontrakt . . . rechtsverbindlich . . . Alle Kostüme frei . . . Freie Station auf Reisen . . . Eisenbahn erster Klasse . . . mit Schlafwagen nach Konstantinopel und Kleinasien und wo sonst noch hin . . Zwanzig Dollars Bewegungsgelder in Landesmünze täglich im Ausland . .“

      „Ich glaube, dem piekt’s!“ sagte das Blumenmädchen von Byzanz zu den anderen, atemlos horchenden Zirkusbuhlerinnen. Aber der Rosenkorb an ihrem Ellbogen schaukelte leise vom unwillkürlichen, nervösen Zittern ihres Körpers.

      „Nu — und dann der Hauptpunkt: die Gage . . .“

      „Gage auch noch?“

      „Was werden Sie nehmen? Es ist Ihre erste Hauptrolle in einem Weltfilm! Sie dürfen die ,Memoria-Gesellschaft’ nicht gleich ruinieren. Sagen wir fünfzehntausend Mark für ’nen Monat!“

      „Ist kein Arzt im Haus?“ fragte Hansine Peternell besorgt und leise die umsitzenden Hetären.

      ,,Wo mag der Kunde entsprungen sein? . .“

      „Man muss nach Dalldorf telephonieren!“

      „Also zwanzigtausend! . . Sollen Sie haben, meine Gnädigste!“ lispelte Turkowitz.

      „. . In ’nem Kellerwechsel auf irgend ’nen faulen Onkel, der aus ’m Handjelenk manifestiert, wenn Sie ihm den Wisch unter die Neese halten . . .“, warnte unten eine kundige Thebanerin. Das Rosenmädchen nickte. Sie hatte jetzt wieder ihr kühles Blut. Sie verschränkte die blossen, weissen Arme über der Brust und sah den Versucher fest und herausfordernd an.

      „Zwanzigtausend Mark? Wann? — Wo? — Wie?“

      „Gleich. Hier. Bar.“ Ted Turkowitz entwickelte seine Brieftasche, die von den Edelvaluten aller Goldländer gedunsen war wie die Boa nach dem Frass. „Greifen Sie munter zu, mein Fräulein!. . Sie sehen: Es ist bei mir nicht wie bei armen Leuten!“ Er stopfte ihr geschäftig ein paar dicke Bündel Banknoten in die Hände. „Den Rest hinterlegen wir für Sie . . . pupillarisch sicher . . . wo Sie wollen . . ja . . nu lacht sie . . das liebe Kind . . .“

      Nein. Die hübsche, kupferhaarige Byzantinerin lachte nicht. Sie stand ganz verdattert — mit offenem Mund —, die beiden Augen eine einzige grosse blaue Frage: Träum’ ich oder wach’ ich? Sie umkrampfte mit beiden Fäusten die Geldpakete und guckte an sich hernieder.

      „Wo soll ich denn das Zeug hinstecken?“ fragte sie auf einmal kläglich und völlig fassungslos. „Ich hab’ ja fast nichts an.“

      Aber dann bemerkte sie hinter dem verbotenen Eingang einer seitlichen Glastüre ein älteres Fräulein, das, mit der sachlichen Nüchternheit einer Gouvernante, einen Haufen Kontorpapiere in der Hand, im Vorbeigehen einen flüchtigen Geschäftsblick auf den Feuer- und Farbenzauber im Glashaus warf. Die Peternell flitzte mit einem flüchtigen Satz über die gipsernen Reste des abgebauten prunkvollen Marmorbades der Kaiserin Theodora am Boden und fegte, in flatterndem, kurzem Röckchen, wie ein Wirbelwind auf ihre Freundin aus einem der Filmbüros im Vorderhaus zu.

      „Frieda . . sei so gut und heb’ mir das Kleingeld auf! Ja — da staunt der Laie . .“ Sie war ausser Atem. „Wen ich umgebracht hab’? Es ist ein Verrückter im Glashaus . . Dort die schwarze, kleine Kröte . . . der teilt Geld aus . . Du — ich glaub’, ich bin übergeschnappt.“ Sie stand, die Hände vor der Brust gefaltet, blauflackernd die Augen, vor dem strengen Fräulein mit der Brille und dem schlichten Grauscheitel. „Ich werd’ ’ne Diva . . Ich krieg’ ’ne Bombenrolle . . Ich werde gross . .!“

      „Herr Plänkner . .“ Die ältliche Filmsekretärin riss sie zur Seite. „Wo brennt’s denn? Sie rennen einen ja um!“

      Der Chef-Operateur kam, mit wehendem Künstlergelock, wie aus der Pistole aus der Dunkelkammer nebenan geschossen. Zwei, drei Gehilfen in fliegenden weissen Mänteln, mit erhobenen Armen wie die Geisterbeschwörer, hinterher.

      „Ich erdrossele diesen Massenmörder!“ Der Aufnahmeleiter und seine Magier keilten sich atemlos durch das Volk von Byzanz bis zu dem breitschulterigen, hemdsärmeligen Herrn des Glashauses, Jan Gruithusen, dem Regisseur, der sie ohne jede Neugier, mit der satten Ruhe eines Boxer-Champions, grausam anlächelte:

      „Na — wie ist die Photographie?“

      „Alles grossartig gelungen! Und nun sehen Sie bitte diese Schweinerei!“

      Jan Gruithusen nahm den nassen Rohabzug aus der Hand des Schwarzkünstlers und hielt ihn gähnend vor die Augen. Stille rings vor dem Taifun . . . Er lachte aus vollem Hals und wandte sich zu dem heimlichen Napoleon des Schlachtfeldes, dem kleinen, wie ein Bankier aussehenden Generaldirektor William Piper, durch dessen Hände die Gelder gingen, und zu dessen mahnendem Gewissen, dem dicken Justizrat Lebes, Vorsitzendem des Aufsichtsrats, der die Verwendung der Hunderttausende beaufsichtigte.

      „Ausgezeichnet!“ sagte er in unverwüstlicher guter Laune. „Hat der eine räudige Hund von Gladiator ganz vorn bei allen Aufnahmen die Armbanduhr anbehalten! An die Luft mit dem lieben Mann! Alles futsch! Keine Leichenreden! Die ganze Geschichte noch einmal!“

      Er klatschte in die Hände.

      „Linda! Avanti, Signora! . . Marsch auf den Thron! Legen Sie doch um Gottes willen Ihre Zigarette weg, Justinian! . . . Barbe . . Zum zehnten Male: Sie sollen halb hinter der Sabbadini stehen . . . Das ist doch die Kaiserin und Sie nur ’ne Generalin! . . Da kommt der Belisar endlich mit vollen Backen aus der Kantine. Aber es sind immer dieselben, auf die man warten muss!“

      „Herr Gruithusen!“ Ein ängstliches Zupfen am Ärmel. „Madame Sabbadini hat ihr Morphium noch nicht!“

      „Dann


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