Asiaten! Ein Liebesroman aus zwei Welten. Artur Hermann Landsberger

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Asiaten! Ein Liebesroman aus zwei Welten - Artur Hermann Landsberger


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hatte inzwischen auch den englischen Text verfaßt und legte ihn auf den japanischen.

      „Ich kann darin nichts anderes als einen Mangel an Vertrauen sehen,“ sagte er.

      Shima Mataumoto schob den englischen Text beiseite und unterzeichnete das japanische Schriftstück. — Sie sah nicht, wie der Amerikaner hämisch den Mund verzog. Sein Manöver war geglückt. Ihm war es nur darum zu tun gewesen, Shima von der Prüfung des Textes abzuhalten und ihre Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Es war gelungen. An der Unterzeichnung des englischen Textes lag ihm gar nichts.

      „So, da haben Sie meine Unterschrift,“ sagte Shima, schob ihm das Blatt hin und nahm die Schecks an sich. „Ich bitte nun noch um ein Duplikat für mich.“

      „Vom Bureau aus,“ erwiderte Adamson und erhob sich.

      Die kleine Shima stand mit gesenktem Kopfe neben ihm. Sie reichte ihm gerade bis zum Ellenbogen.

      „So viel Mühe,“ fuhr Adamson fort, „habe ich selten auf ein Geschäft verwandt.“

      „Und mir ist selten etwas so schwer geworden.“

      „Um sieben Uhr bin ich wieder da. Sorgen Sie dafür, daß Hana Tatsumi dann bereit ist.“

      Shima verbeugte sich. John Adamson bewegte kaum den Kopf und ging.

      Als er draußen war, klatschte Shima in die Hände und trug der Magd auf, Hana, Isa und Kohana zu rufen. — Als die drei fröhlich und ahnungslos hereingetrippelt kamen, fanden sie Shima Mataumoto in Tränen aufgelöst. Mit aller Herzlichkeit mühten sie sich um sie und versicherten sie ihrer Anhänglichkeit und Liebe. Sie wagten nicht, nach dem Grund ihres Kummers zu fragen.

      „Nur, daß wir nicht schuld an deinen Tränen sind, sag uns,“ bat Hana und kniete vor ihr nieder. Und Isa und Kohana baten ebenfalls.

      „Ihr seid nicht schuld,“ erwiderte Shima, „und dennnoch weine ich euretwegen.“

      „Was ist mit uns?“ erwiderte Hana, und eine böse Ahnung stieg in ihr auf.

      Shima Mataumoto richtete sich auf, sah sie der Reihe nach an, sagte mit tränenerstickter Stimme:

      „Ich habe euch verkauft!“ schrie laut auf und schlug hin.

      Die drei Mädchen nahmen sich nicht die Zeit, über ihr eigenes Schicksal nachzudenken, sie beugten sich über Shima, hoben sie auf, legten sie auf eine Matte und mühten sich um sie.

      7

      Hana, Isa und Kohana verstanden nur zum Teil, was die noch immer schwerleidende Shima Mataumoto ihnen erzählte. Ihnen war es in der Güte ihres Herzens auch mehr darum zu tun, Shima zu trösten, als zu erfahren, was aus ihnen wurde. Sie wiederholten immer wieder, daß sie sich ihretwegen nicht zu sorgen brauche. Sie verstanden auch gar nicht ihren Kummer, da sie doch beieinander blieben und der ganze Unterschied gegen früher doch nur eine andere Form der Verrechnung sei.

      Shima trug Hana auf, sich für sieben Uhr bereit zu halten und dem neuen Herrn mit der Hochachtung zu begegnen, die ihm gebühre. Hana war das Gehorchen gewöhnt und empfand, was Shima sagte, als etwas Selbstverständliches. Sie schmückte sich und ihre Räume mit ganz besonderer Sorgfalt und erwartete auf ihrer Matte sitzend ohne jede innere Regung, fast interesselos, den Amerikaner.

      Punkt sieben meldete der Gong der Dienerin seine Ankunft. Er trat, ohne den Ausdruck seines Gesichts zu verändern, mit einer Sachlichkeit ein, die Hana fühlte, aber nicht verstand.

      „Irassai! irassai! (Erhabener Eingang),“ sagte Hana, die aufgestanden war und sich tief verbeugte. Er erwiderte kurz:

      „Komban wa! (Guten Abend),“ und setzte sich, als gehörte er in diesen Raum und als gehörte der Raum ihm, auf einen breiten Schemel, den Hana neben sich gestellt und mit den feinsten Seidenkissen belegt hatte.

      „Weshalb sprichst du nicht englisch?“ fragte er.

      „Weil der erhabene Herr japanisch sprechen kann und hier Japan ist.“

      „War,“ erwiderte er. „Von heute ab gehörst du mir, und ich bitte dich, englisch mit mir zu reden.“

      „Wie der Herr es befehlen.“

      „Ihr habt hier eine sehr gute Mutter.“

      „O ja! Shima Mataumoto ist vortrefflich, und ich liebe sie sehr.“

      „Leider ist sie keine Geschäftsfrau!“

      „Sind der Herr unzufrieden?“

      „Ich will hier nicht den Tyrannen spielen. Auch dir gegenüber nicht. Ihr empfindet anders. Das hier ist doch ein Geschäft, nicht wahr?“

      „Was meint der Herr?“

      „Dies Teehaus Maneki-Nako.“

      „Ich weiß es nicht.“

      „Da haben wir’s. Du und die andern, ihr redet euch ein, ihr seid zum Vergnügen hier? Nicht wahr?“

      „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“

      „Ihr denkt eben nur an euren Putz. — Na ja, das sollt ihr auch. Denn ihr müßt gut aussehen, um zu gefallen Damit das Geschäft geht. Nicht, damit ihr euch amüsiert. Verstehst du das?“

      „Ich glaube, ja!“

      „Die Preise hier sind natürlich viel zu niedrig.“

      „Davon weiß ich nichts.“

      „Aber nebenbei, da verdienst du doch?“

      „Ich mache mir nichts aus Geld.“

      John Adamson lachte laut und fragte:

      „Ja, woraus denn, etwa aus der Liebe?“

      „Ja — ich glaube.“

      „Das eben dürft ihr nicht. Das verbraucht euch. An eine Sache, die man als Geschäft betreibt, darf man sein Herz nicht hängen. Verstehst du das?“

      „Geschäft? — Herz? — Ja, das ist doch ganz etwas anderes.“

      „In diesem Falle hier ist es doch allemal ein Geschäft.“

      „Das weiß ich nicht. Und ich spreche auch nicht von hier.“

      „Wovon denn?“

      „Von einem, der in Schikotsu ist und an mich denkt.“

      „Das ist etwas anderes. Aber hier kommt es darauf an, daß man klug ist und Geld verdient.“

      „Das mag schon sein. — Für den, der viel haben will.“

      „Das will jeder.“

      „Ich nicht!“

      „Du mußt an den denken, für den du hier bist.“

      „An Shima? — Die ist wie ich.“

      „Da haben wir’s! Was kann man von euch Einsicht verlangen, wenn die Besitzerin euch auf Liebe trainiert, statt auf Geld.“

      „Alles das verstehe ich nicht.“

      „Ein Geschäft kann natürlich nur gehen, wenn alle Arbeitskräfte bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit ausgenutzt werden. Verstehst du das?“

      „Bei einer Fabrik — aber doch nicht hier.“

      „Das eben ist der grundlegende Irrtum. Geschäft ist Geschäft! Ob die Ware in Autos, in Erz oder wie hier in Liebe besteht, bleibt sich völlig gleich.“

      Hana schüttelte den Kopf und sagte:

      „Nein! das ist nicht richtig!“

      „Wieso nicht?“

      „Ich kann es nicht begründen — aber es ist bestimmt nicht richtig.“

      „Du mußt doch einen Anhalt dafür haben, wenn du das mit solcher Bestimmtheit behauptest?“


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