Asiaten! Ein Liebesroman aus zwei Welten. Artur Hermann Landsberger
Читать онлайн книгу.Kopf. Er setzte sich unaufgefordert und redete, ohne auch nur abzuwarten, daß Shima ein paar der üblichen Einführungsformeln hervorbrachte, was für sie und wohl für alle Japaner mehr als bloße Form war, einfach drauf los.
„Sie haben da so eine Geisha, von der man viel spricht. Ich biete Ihnen tausend Yen!“
„Es ist völlig ausgeschlossen, mein Herr. So gern ich Ihnen dienlich wäre.“
„Wozu halten Sie das Mädchen?“
„Miß Hana ist kein Mädchen wie alle anderen.“
„Ich muß sie haben!“
„Das zeugt nur von einem ausgezeichneten Geschmack.“
„Machen Sie keine Redensarten. Fordern Sie!“
„Sie ist für Geld nicht zu haben. Sie verlangt Sicherstellung, und zwar lebenslänglich.“
„Das ist unverschämt!“
„Viele haben es ihr schon geboten. Sie hat sie abgelehnt.“
„Wer hat die Verfügung über sie?“
„Ich. — Aber ich würde nie eine meiner Geishas zu etwas zwingen, was sie nicht gern tun.“
„Wie kommen Sie dabei auf Ihre Kosten?“
„Grade dadurch mache ich mein Geschäft! Jeder Klient, der sich bei mir unterhält, hat die Gewißheit, daß er geliebt wird.“
„Was hat er davon?“
„Die meisten legen Wert darauf.“
„Ich nicht! Ich bin Geschäftsmann!“
„Dann fürchte ich, mein Herr, daß Sie am falschen Orte sind.“
„Sie heucheln. — Ich habe draußen einen Brief gelesen.“
Shima Mataumoto tat erschrocken, sprang auf, trippelte ins Nebenzimmer, kam mit dem Briefordner zurück und schalt laut:
„Wie kann das da herumliegen, daß jeder einem in seine Bücher guckt! Ich hoffe, Sie haben nicht ...“
„Allerdings habe ich — und ich möchte Ihnen vorschlagen, das Geschäft mit mir zu machen.“
„Unmöglich. Ich bin gebunden.“
„Sie haben demnach Bescheid aus Paris?“
„Allerdings, und zwar positiven.“
„Sie werden ablehnen. Das Geschäft machen wir zusammen!“
„Das brauchte niemand zu erfahren. — Im übrigen: es ist ein Geschäft wie jedes andere, man deckt ihm ein Mäntelchen über.“
„Ein amerikanisches, nicht wahr?“
„Was wollen Sie damit sagen?“
„Ich vermute, daß Sie es so hinstellen wollen, als ob Sie mit dem Kauf eine moralische Absicht verbänden.“
„Wenn Sie mir nachweisen — aber zahlenmäßig, und ich prüfe es nach — daß mit Moral — ich meine natürlich angewandter Moral, nicht die, die man im Munde führt — Geld zu verdienen ist, dann will ich es auch praktisch betätigen.“
„Aus diesem Hause hier lassen sich Millionen herauswirtschaften.“
„Mir liegt nichts daran, die reichste Frau Japans zu werden.“
„Ihnen muß daran liegen! Denn es ist ein Verbrechen, ein Instrument wie dieses in der Hand zu haben, ohne es zu nutzen.“
„Mir genügt es, für mein Alter versorgt zu sein.“
„Ich gebe Ihnen einen Scheck, und Sie können bis an Ihr Lebensende wie eine Prinzessin leben.“
„Ich weiß, daß ich das jeden Augenblick haben kann. Ich täte es auch, wenn ich die Mädchen nicht kennen würde.“
„Das versteh’ ich nicht.“
„Das können Sie als Amerikaner nicht verstehen.“
„Ach so! Sie meinen Gefühle, die Sie mit den Mädchen verbinden.“
„Ich bewundere, daß Sie überhaupt verstehen, was ich meine.“
„Oh! wir Amerikaner verstehen schon jede Dummheit. Wenn wir sie auch nicht mitmachen. Sentimentalität ist ein Luxus. Wir lesen daher gern sentimentale Bücher und sehen gern sentimentale Films — und finden alles, was darin vorgeht, durchaus richtig — aber im Leben, da ist Sentimentalität Dummheit — wenigstens für den Kaufmann.“
„Gibt es denn Amerikaner, die etwas anderes sind?“
„Nein, die gibt es nicht. Und wenn wir erst fünfzig Jahre weiter sind, dann wird es auf der ganzen Welt keinen Menschen mehr geben, der etwas anderes ist.“
„Bis auf Japan!“
„Das kommt zuletzt dran. Aber es kommt.“
„Ich möchte es nicht erleben.“
„Schrecklich“, sagte John Adamson und sah nach der Uhr. „In diesen Häusern fliegt einem die Schwatzhaftigkeit an wie in China die Flöhe. Jetzt habe ich zur Abwicklung unseres Geschäftes grade noch zwölf Minuten Zeit.“
„Vielleicht kommen Sie lieber am Abend wieder.“
„Gewiß! Aber als Eigentümer!“
„Ich müßte mich zunächst von Paris frei machen. ‚Das dauert selbst auf telegraphischem Wege ...“
„Eine Minute“, fiel ihr Adamson ins Wort, zog ein Telegrammformular und einen Füllfederhalter aus der Tasche und schrieb: „Anderweitig abgeschlossen.“ — „So,“ — er reichte ihr das Formular — „die Adresse machen Sie.“ Dann holte er das Scheckbuch heraus und stellte drei Schecks aus über je 250 000 Yen. — „Achten Sie genau auf die Daten!“
„Was soll ich denn nur damit? Wo ich doch so an den Mädchen hänge!“
„Sie bleiben natürlich die ersten Jahre. Und niemand erfährt etwas davon. Das ist Bedingung. Wir machen einen Vertrag. Nach Außen gehören die Betriebe Ihnen.“
Er schrieb, während Shima Mataumoto der Kopf brummte, als hätte sie ein halbes Dutzend Kännchen Sake heruntergegossen.
„Ich weiß schon gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht.“
Der Amerikaner legte ihr einen Zettel vor, auf dem auf japanisch stand: „Hiermit übertrage ich das unbeschränkte Eigentum an dem Teehaus Maneki-Nako, sowie an sämtlichen anderen, mir gehörigen Teehäusern mit allen Rechten an Mr. John Adamson, der mir den Kaufpreis in Höhe von siebenhundertfünfzigtausend Yen bezahlt hat. Ich verpflichte mich, gegen ein Gehalt von jährlich zwanzigtausend Yen drei Jahre lang in dem Betriebe tätig zu sein und allen Weisungen Mr. Adamsons zu folgen. Die Unterzeichneten verpflichten sich für jeden Fall, in dem sie gegen eine dieser Abmachungen verstoßen, zur Zahlung einer Konventionalstrafe in Höhe von zehntausend Yen. Gerichtsstand zur Austragung von Streitigkeiten ist Newyork. Tokio, den 11. April 1924.
„So,“ sagte John Adamson, einer der ganz wenigen Amerikaner, der japanisch sprach, „jetzt setze ich das noch einmal in englischer Sprache auf, und Sie unterschreiben beides.“
Sofort sah Shima von dem japanischen Zettel auf und sagte:
„Halt! — Wie kann ich unterschreiben, was ich nicht verstehe?“
„Sie sprechen doch englisch?“
„Aber nicht genug, um ein so wichtiges Schriftstück zu unterzeichnen. Man kann es später vielleicht anders auslegen.“
„Sie haben einen Amerikaner vor sich,“ trumpfte Adamson auf.
„Ich würde bei einem Europäer genau so verfahren.“
„Und bei einem Japaner?“ fragte Adamson gereizt.
Shima Mataumoto